Nach der russischen Invasion in der Ukraine sind bereits Hunderttausende aus dem Kriegsgebiet in benachbarte Länder geflohen. Baden-Württemberg bereitet sich auf die Aufnahme der Hilfesuchenden vor. Die wichtigsten Fragen im Überblick.

Sind seit Kriegsbeginn bereits Flüchtlinge angekommen?

Seit dem Beginn des Angriffs Russlands sind in den baden-württembergischen Landeserstaufnahmestellen 34 ukrainische Flüchtlinge angekommen. Dazu kommen 170 Heimkinder und 30 Betreuer aus einem ukrainischen Waisenheim, die in Freiburg aufgenommen worden sind. Dies ist laut Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) der Stand am Montagnachmittag.

Sind die Zahlen aussagekräftig?

Die offiziellen Registrierungen sind zunächst eher weniger aussagekräftig. „Menschen aus der Ukraine können visumfrei 90 Tage einreisen und bei Freunden oder Verwandten unterkommen. Wie viele das sind, können wir nicht sagen“, so Gentges gegenüber dem SÜDKURIER. Vermutlich sei die Zahl aber deutlich höher als die Zahl derjenigen, die in den Erstaufnahmestellen angekommen seien, erklärt sie.

Justizministerin Marion Gentges.
Justizministerin Marion Gentges. | Bild: Stefan Puchner/dpa

Wie geht das Land konkret vor?

Das Migrationsministerium, die kommunalen Landesverbände und die Regierungspräsidien haben sich am vergangenen Wochenende darauf verständigt, dass die Landeserstaufnahmeeinrichtungen die Funktion einer Erstanlaufstelle für alle ukrainischen Flüchtlinge übernehmen werden.

Was bedeutet das in Zahlen?

In Baden-Württemberg gibt es vier zentrale Landeserstaufnahmeeinrichtungen – in Ellwangen, Karlsruhe, Freiburg und Sigmaringen. Dazu kommt noch das Ankunftszentrum in Heidelberg, bei dem sich bislang Flüchtlinge nach ihrer Ankunft registrieren müssen.

Das Land versucht jetzt händeringend mehr Platz zu schaffen, bevor der große Andrang losgeht. Am Montagnachmittag stehen laut Migrationsministerium in der Landeserstaufnahme mindestens 1250 freie Plätze zur Verfügung.

Was würde beim Ausbau helfen?

Ganz klar: Veränderungen bei den Corona-Vorgaben. Aus Infektionsschutzgründen dürfen aktuell nur rund 60 Prozent der Kapazitäten genutzt werden. Würden die Corona-Vorgaben wegfallen, würde die sich die Zahl der freien Plätze auf 4500 erhöhen. „Wir prüfen ernsthaft, die Corona-Beschränkungen so anzupassen, dass wir die Belegung in den Einrichtungen erhöhen können“, kündigt Gentges an.

Es gehe auch dann darum, falls kurzfristig etwa Hallen angemietet werden müssten. „Die aktuellen Quarantänebedingungen wären beispielsweise in Turnhallen kaum umsetzbar“, sagt sie. Aktuell müssen neu ankommende Flüchtlinge im Südwesten noch zehn bis 14 Tage in Quarantäne. Wer positiv getestet ist, kommt in eine separate Einrichtung.

Wie wird generell mit dem Thema Corona umgegangen?

„Die Corona-Impfquote in der Ukraine liegt bei 30 bis 40 Prozent. Daher werden wir allen, die bei uns ankommen, ein Impfangebot machen“, sagt Gentges. Zudem werden Flüchtlinge, die hier ankommen, zunächst auf Corona getestet.

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Wer übernimmt die Steuerung bei der Unterbringung und Versorgung der Kriegsflüchtlinge?

Das Land hat den Stab „Flüchtende aus der Ukraine“ eingerichtet. Dieser soll die Maßnahmen zur Aufnahme von Menschen aus dem Kriegsgebiet koordinieren. Der Stab wird von Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) geleitet und tagt ab sofort an jedem Arbeitstag.

Wie steht es um die Hilfsbereitschaft der Menschen im Land?

Laut Gentges haben sich viele Privatpersonen oder Kommunen beim Land gemeldet, um ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen. Auch das wird am Ende vom neu erschaffenen Stab koordiniert.

Wie sollen Ankommende betreut werden?

„Wir müssen prüfen, ob die ukrainischen Flüchtlinge nach ihrer Ankunft psychologische Betreuung wegen des Krieges benötigen“, sagt Gentges. Dies könne vor allem bei Kindern der Fall sein.

Kommen die Flüchtlinge auch in die Anschlussunterbringung in den Kommunen?

Am Donnerstag wollen die EU-Innenminister die Massenzustromrichtlinie in Kraft setzen. Dann bekommen alle ukrainischen Flüchtlinge einen temporären Schutz, ohne Asylantrag. Das bedeutet, theoretisch könnten die Flüchtlinge dann direkt von den Kommunen in der Anschlussunterbringung aufgenommen werden. Das Land erklärt aber, man wolle das System der Registrierung in der Erstaufnahme beibehalten.