Herr Eith, welche Auswirkungen hat Kretschmanns Ankündigung, sich vom Wahlkampf etwas zurückzunehmen, auf die Wahl?
Zunächst einmal ist es verständlich, dass Herr Kretschmann sich von den Wahlkampfaktivitäten zurückzieht. Was das für die Landtagswahl bedeutet, muss man im Moment noch abwarten. Entscheidend wird es darauf ankommen, mit welchem Zungenschlag das jetzt in der Öffentlichkeit thematisiert wird. Ob er auch in dieser schwierigen familiären Situation weiterhin das Vertrauen der Bürger genießt, werden wir sehen.
Die Frage ist ja: Wieviel Wahlkampf ist da überhaupt in Zeiten von Corona?
In der Tat sind ja die Teile des Wahlkampfs, die auf persönliche Begegnungen setzen und sich in der Vergangenheit als am wirkungsvollsten erwiesen haben, gerade gar nicht möglich. Man ist zur Zeit auf Plakate und digitale Kommunikation angewiesen.
Und Kretschmann hat – unabhängig von der aktuellen Situation – zuletzt immer wieder betont, dass er durch die Herausforderungen der Pandemie eigentlich gar keine Zeit für Wahlkampf habe. Es ist also durchaus möglich, dass sich bei ihm im Wahlkampf gar nicht so viel ändern wird. Sicherlich wird das virtuelle Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten ausfallen.
Wenn man sich die Umfragen anschaut, liegt er – gerade was das Vertrauen in seine Person angeht – so weit vorne, dass er eigentlich keinen Wahlkampf nötig hat, oder?
Er hat einen komfortablen Vorsprung in den Umfragen, aber die Wahl wird am Wahltag entschieden. Und in einem Punkt darf man sich nicht täuschen: Die Aussage, dass die Pandemie keine Zeit für Wahlkampf lasse, stimmt so natürlich nicht.
Bei allen in Regierungsverantwortung wie Ministerpräsident Kretschmann ist das zentrale Wahlkampfthema ja die Pandemie. Hier erfolgreich zu sein, ist die beste Wahlwerbung. Die Frage, wie wir mit der Pandemie umgehen, ist unversehens zum Wahlkampfthema Nummer Eins geworden.
Hat Kretschmann da zuletzt Federn lassen müssen? in Sachen Ausgangssperre hat das Land ja gerade eine Schlappe kassiert.
Ich bin kein Jurist, aber dass diese generellen Regelungen angesichts sinkender Zahlen über kurz oder lang vor Gericht keinen Bestand mehr haben, war zu erwarten.
Ganz grundsätzlich ist die Ausgangssituation im Moment die, dass Herr Kretschmann immer noch, trotz allgemeiner Pandemiemüdigkeit, vergleichsweise gut dasteht. Und bislang jedenfalls konnte seine Konkurrentin Susanne Eisenmann davon nicht entscheidend profitieren.

„Ich werde in der schwierigen Lage für das Land meine Arbeit als Ministerpräsident weiterhin mit vollem Einsatz fortführen“, so Kretschmann in seiner Erklärung. Halten Sie es trotzdem für denkbar, dass aus diesem Rückzug vom Wahlkampf ein Rückzug vom Amt wird?
Letztlich weiß ich es nicht, denke aber, wenn man diese familiäre Situation öffentlich macht, dass dem ein intensiver persönlicher Abwägungsprozess vorausgegangen ist: Ist diese Situation noch geeignet, dass ich meine politischen Ämter weiter ausüben kann, wenn ich wiedergewählt werde?
Letztlich kann diese Frage nur Herr Kretschmann beantworten: Wie belastend ist die familiäre Situation und kann er es persönlich im Fall des Wahlsiegs damit vereinbaren, in der politischen Verantwortung zu bleiben?
Welche Rolle spielt Gerlinde Kretschmann als First Lady?
Im Moment ist die Lage so, dass viele Aktivitäten von Frau Kretschmann gar nicht groß wahrgenommen werden – die Aufmerksamkeit ist auf ganz andere Themen gerichtet. Vor allem sind sämtliche repräsentative Aufgaben, die sie übernommen hat, in der Pandemie deutlich in den Hintergrund getreten.