In der Gemeinde Feldberg (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) rumort es schon seit einigen Monaten. Der Gemeinderat war auf der Suche nach einer neuen Flüchtlingsunterkunft, nachdem der Eigentümer des ursprünglich vorgesehenen Gebäudes den Vertrag gekündigt hatte.

Zwischen 25 und 28 geflüchtete Menschen muss die Gemeinde Feldberg aufnehmen. Dazu ist sie gesetzlich verpflichtet. Als neue Unterkunft für die zugeteilten Flüchtlinge wurde ein ehemaliges Jugendhaus im Feldberger Ortsteil Falkau vorgeschlagen. Es wurde bis 2022 vom Verein „Jugendwerk im Ortenaukreis“ betrieben.

Bürger sammeln Unterschriften

475.000 Euro hätte die Gemeinde Feldberg für das Gebäude inklusive Grundstück an die Stadt Lahr zahlen müssen, der das Haus gehört. Zusätzliche Kosten würden durch Sanierungen im Bereich Brandschutz entstehen. „Das Haus hat sich angeboten, da es kurzfristig verfügbar war“, sagt Bürgermeister Johannes Albrecht.

Doch die Bürger protestieren: Die Idee, das Haus in Falkau als Flüchtlingsunterkunft zu kaufen, veranlasse die Menschen dazu, „ernsthafte Bedenken anzumelden“, heißt es in einem Schreiben, das der Redaktion des SÜDKURIER vorliegt. Eine Unterschriftenaktion wird gestartet.

Schlechte Anbindung an den Nahverkehr

Im Schreiben werden einige Argumente gegen die Unterkunft aufgelistet. Da ist zum Beispiel die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr: „Die geflüchteten Menschen werden in einen Bereich des Dorfs verfrachtet, von dem aus sie eine Dreiviertelstunde zum Einkaufen benötigen“, sagt Wolfgang Imberi, der die Unterschriftenaktion initiierte. Die Entfernung zum nächstgelegenen Bahnhof in Altglashütten beträgt 1,6 Kilometer. Das bringe weitere Hürden mit sich, die die Integration erschweren würden.

87 Anwohner unterschreiben Imberis Brief. Sie erreichen eine Vor-Ort-Begehung mit dem Gemeinderat und Bürgermeister Johannes Albrecht. Dabei habe man die meisten Bedenken der Anwohner aus dem Weg räumen können, sagt Albrecht: „Nur das Argument der schlechten Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel blieb übrig.“

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Wolfgang Imberi sieht das anders. Sein Alternativvorschlag sei eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge gewesen: „Aber darauf ist man überhaupt nicht eingegangen.“ Im Gemeinderat wird zusätzlich die Unterbringung in einem Containerdorf diskutiert. Für Bürgermeister Albrecht ist diese Option jedoch keine Alternative. „Ein Containerdorf wäre finanziell wesentlich teurer. Zusätzlich stellt sich hier die Frage nach dem potenziellen Standort“, so Albrecht.

Die Kosten für das Haus sorgen ebenfalls für Bedenken, nicht nur bei den Bürgern, sondern auch beim Gemeinderat. „Das Geld für diese Unterkunft hätten wir in andere Bereiche investieren müssen“, sagt Gemeinderatsmitglied Roland Dörflinger. Er fühlt sich von Bund und Ländern allein gelassen: „Eigentlich sollte vorher erst einmal geprüft werden, ob eine Gemeinde eine Unterbringung finanziell überhaupt stemmen kann.“ Das sei aber nicht vorgesehen.

Anwohnerin bemerkt Wasserflecken

Am 19. September stimmt der Gemeinderat nach monatelanger Diskussion schließlich doch mit einer knappen Mehrheit für den Kauf des Hauses in Falkau. Knapp zwei Wochen später entdeckt eine Anwohnerin dann Wasserflecken an der Hausfassade. Die Polizei stellt fest, dass Unbekannte das Haus unter Wasser setzten. Nach aktuellem Ermittlungsstand sei das in der letzten Septemberwoche geschehen, so eine Polizeisprecherin.

Die dunklen Flecken an der Hauswand bemerkte eine Anwohnerin.
Die dunklen Flecken an der Hauswand bemerkte eine Anwohnerin. | Bild: Joachim Hahne

Durch die Tat ist das Haus laut Polizeiangaben derzeit unbewohnbar. Nach Informationen des SÜDKURIER ist das Wasser wie bei einem Regenschauer von der Decke geflossen. Ein Sachverständiger müsse nun prüfen, ob die Schäden reparabel seien, sagt Bürgermeister Albrecht. Noch habe die Gemeinde Feldberg das Grundstück samt Haus nicht gekauft, es gehört also weiterhin der Stadt Lahr. Wo die Geflüchteten nun untergebracht werden, sei daher noch komplett offen.

Polizei ermittelt wegen eines politischen Motivs

Eine politisch motivierte Tat wird laut Polizeipräsidium Freiburg nicht ausgeschlossen. Daher hat nun die Staatsschutzabteilung der Kriminalpolizei Freiburg den Fall übernommen. Über die Hintergründe der Tat möchte Bürgermeister Johannes Albrecht nicht spekulieren: „Wir müssen abwarten, was die Ermittlungen zeigen.“ Seiner Einschätzung nach gibt es in der Gemeinde Feldberg allerdings keine grundsätzliche Positionierung gegen Geflüchtete.

Nach Informationen des SÜDKURIER soll das Wasser wie bei einem Regenschauer von der Decke geflossen sein.
Nach Informationen des SÜDKURIER soll das Wasser wie bei einem Regenschauer von der Decke geflossen sein. | Bild: Joachim Hahne

Auch Wolfgang Imberi ist von der Tat schockiert: „Es macht mich fassungslos und sprengt mein Verständnis von demokratischen Entscheidungen.“ Dass der Gemeinderat für den Kauf des Gebäudes gestimmt hatte, sei eine Mehrheitsentscheidung gewesen, die er akzeptiert habe. Seine Unterschriftenaktion habe sich nie gegen die grundsätzliche Aufnahme von Flüchtlingen gerichtet: „Darauf lege ich äußersten Wert.“ Für ihn sei die Sache mit der Abstimmung erledigt gewesen.

Gemeinde überfordert

Am Ende sind sich Gemeinderat, Bürgermeister und Bürger einig, dass die Gemeinde mit der Unterbringung der Geflüchteten überfordert ist: „Es sind alle am Anschlag“, sagt Wolfgang Imberi. Das bestätigt auch Bürgermeister Johannes Albrecht: „Wir werden mit dieser Situation einfach konfrontiert.“ Neben den Kosten für die Unterbringung sei die soziale Betreuung der Geflüchteten für die Gemeinde nicht zu stemmen.