Der Fall schien abgeschlossen: Nachdem Dirk Brünker am 23. Dezember 2022 in der Villinger Innenstadt spurlos verschwunden ist, wurde er 77 Tage später im März 2023 am Ufer der Brigach in Donaueschingen von Spaziergängern tot aufgefunden.

Die Ermittler gehen nach wie vor von einem tragischen Unfall aus. In den vergangenen Monaten ist in den Fall aber einiges an Bewegung gekommen, vor allem durch den Verein „Recherche Zentrum“ aus Berlin.

Aktivisten zweifelten an Version der Polizei

Die Aktivisten Luke Harrow und Nadine Saeed zweifelten in den vergangenen Monaten an der offiziellen Version der Polizei. Auf ihrer Internetseite veröffentlichen sie regelmäßig neue Details zum Fall.

Die Aktivisten Luke Harrow (rechts) und Nadine Saeed vom Verein Recherche Zentrum setzen sich für die Familie Brünker ein. Der Verein ...
Die Aktivisten Luke Harrow (rechts) und Nadine Saeed vom Verein Recherche Zentrum setzen sich für die Familie Brünker ein. Der Verein beschreibt sich selbst als gemeinnützig und will nach eigenen Angaben „staatlich unabhängige Aufklärungsarbeit in Fällen von mutmaßlichen Polizeimorden“ leisten. | Bild: Recherche Zentrum

Der Verein hat mit einem Forschungskollektiv der Universität London, Forensic Architecture, die Handydaten aus den Akten auswerten lassen. Das Bewegungsprofil des Mobiltelefons, das sich aus diesen Daten ablesen lassen konnte, entsprach nach Ansicht des Vereins nicht der offiziellen Version der Polizei.

Unter anderem habe sich das Handy entgegen der Fließrichtung der Brigach Richtung Norden bewegt, am Abend seines Verschwindens habe Dirk Brünker innerhalb von 24 Minuten außerdem eine Strecke von rund zehn Kilometer bis zu seinem Fundort bei Donaueschingen zurückgelegt.

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Laut Harrow und Saeed sei die Polizei zeitweise sogar von einem Transport in einem Pkw ausgegangen.

Zweifel zur Plausibilität können ausgeräumt werden

Bisher bewahrte das Polizeipräsidium Konstanz zum Fall Dirk Brünker Stillschweigen.

Auf viele SÜDKURIER-Anfragen äußerte man sich in der Pressestelle zurückhaltend, hat sich auf ein noch nicht abgeschlossenes Verfahren beim Verwaltungsgericht berufen, weshalb man keine Aussage treffen konnte oder auf das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen.

Jetzt äußert sich die Polizei, zumindest was die Auswertung der Handydaten angeht, zum ersten Mal direkter. Man nehme die Zweifel der Familie sowie das öffentliche Interesse an Transparenz ernst, schreibt Tatjana Deggelmann, die Pressesprecherin des Präsidiums Konstanz auf Nachfrage des SÜDKURIER.

„Die aufgeworfenen Fragen zur Plausibilität polizeilichen Ermittlungen lassen sich zweifelsfrei klären und ausräumen“, sagt Tatjana ...
„Die aufgeworfenen Fragen zur Plausibilität polizeilichen Ermittlungen lassen sich zweifelsfrei klären und ausräumen“, sagt Tatjana Deggelmann, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz. | Bild: PI Konstanz

Man habe „umfangreiche Neuvermessungen“ der Funkzellenreichweiten durchgeführt und die bisherigen Erkenntnisse überprüft. Durch diese Überprüfungen ließen sich die „aufgeworfenen Fragen“ zur Plausibilität der polizeilichen Ermittlungen „zweifelsfrei klären und ausräumen“, so Deggelmann weiter.

Das Ermittlungsergebnis der Polizei sei zutreffend und habe vollumfänglich Bestand. Ein Fremdverschulden sei auszuschließen.

Im Internet läuft noch eine Petition

Eine vom „Recherche Zentrum“ initiierte Petition, die unter anderem die Wiederaufnahme der Ermittlungen durch eine unabhängige Polizeibehörde fordert, läuft noch auf dem Internet-Portal Openpetition und hat rund 4300 Unterschriften gesammelt.

Für das Polizeipräsidium gebe es keine Anhaltspunkte für weitere strafrechtliche Ermittlungen. „Es besteht kein Anlass, die Ermittlungen wieder aufzunehmen“, sagt Deggelmann.