Corona? Kein Grund, die Bermatinger Verwaltung im Winterschlaf zu belassen, befanden Zunftpräsident Flepp Müller und seine Bären: „Wir kommen mit 15 Mann und holen uns den Schlüssel“, kündigte er an. Um Schlimmeres abzuwenden, versuchten es Bürgermeister Martin Rupp und sein getreuer Ortsbaumeister Patrick Hummel mit Bestechung: Sie füllten einen Korb mit kleinen Fläschchen, um die aufgebrachten Narren zu beruhigen, und mit Süßigkeiten, Brezeln und Berlinern, um den anderen das Maul zu stopfen. Immer auf Korrektness bedacht, hielten sie Corona-Regeln und Abstand ein und ließen den Korb am Seil hinunter.

Doch das Kalkül ging nicht auf: Die Forderung nach dem Schlüssel blieb und so sah sich der noch Amtierende genötigt, ihn herauszurücken. Die Machtübernahme verlief friedlich und Ruppi I. bedankte sich aufrichtig bei seinen zeitweisen Ex-Vasallen: „Schön, dass Ihr ein wenig Fasnacht ins Dorf bringt“, sagte er, feixte jedoch mit Blick auf die Musiker, Bären, Garde, Zimmergilde und Zuschauer: „Jetzt weiß ich, was Flepp meint, wenn er von 15 Leuten spricht.“

Süßigkeiten von Steuergeldern bezahlt
Der hatte halt nicht mit so vielen Teilnehmern gerechnet, warf aber großzügig die Süßigkeiten vom Korb in die Menge und rief: „Esst, trinkt, das ist eh alles von unseren Steuergeldern bezahlt!“ Und während eine ebenfalls verkleidete Abordnung der Musik launige Lieder spielte, spürte man die Sehnsucht, die sich in einem wie eine Welle ausbreitete, endlich mal wieder ausgelassen feiern zu können. „Wir freuen uns 2023 auf eine richtig tolle Fasnet“, meinte der nun wieder seinen Winterschlaf fortsetzende Bürgermeister zuversichtlich und schloss das Fenster.

Die nächste Station hieß Otto Hafen, dem die Narren mit einem Ständerle Ehrerbietung erwiesen: Der bald 92-Jährige ist das älteste Zunftmitglied. „Lass es krachen“, rief Flepp, drückte ihm sein Narrenzepter in die Hand und ließ ihn die Musiker dirigieren. Später steuerten sie noch einige private Stationen und das „Theo‘s“ an, wohnten einem privaten Narrenbaumstellen bei und verbreiteten gute Laune.

Die hatten beispielsweise auch die „Bauch-Beine-Po“-Frauen, wie sie lustig verkündeten. Die Mitglieder der von Maya Probst geleiteten Turnergruppe „Aktives Gesundheitstraining“ taten einiges für ihre Gesundheit und versprühten im Hof von Eleonore Waibel beste Stimmung, um so ihr Immunsystem anzukurbeln, und verteilten selbstgemachte Schokokugel-Orden, eine im wahrsten Wortsinn süße Idee.
Bärenzunft ist im Dorf unterwegs
Am frühen Morgen hatte die Bärenzunft übrigens den Kindergarten- und Schulkindern einen kleinen Besuch mit Abstand abgestattet und ihnen die Figuren nähergebracht. Am Samstag werden Mitglieder von Tür zu Tür laufen und ab 9 Uhr das Narrenblättle anbieten.
Auch in Ahausen spielt die Tradition eine wichtige Rolle: Der neue Zunftmeister Chris Rid und seine Mannen, darunter eine kleine Abordnung des Musikvereins, hatten ebenfalls den Kindergarten aufgesucht und sich mit Abstand live präsentiert; zuvor hatten die Erzieherinnen mit den Kindern Häser von Moschtobst und Schinder gebastelt. Bei Butterbrezeln, spendiert vom Musikverein, und Apfelsaft von den Narren schauten die Kleinen und ihre Erzieherinnen über den Gartenzaun auf die Narren auf dem benachbarten Bolzplatz und sahen, wie die Häser live aussehen und wie sie zur Musik tanzen und schunkeln.
Ansonsten blieb es relativ still im Dorf: „Entweder machen wir Fasnacht richtig oder man setzt es aus. Ein Zwischending gibt es nicht“, begründete Chris Rid die Entscheidung der Ahausener. Umso mehr kann man sich – hoffentlich – auf die ansonsten so lebendige und originelle Dorffasnacht wieder im Jahr 2023 freuen!