Auch für den kommenden Samstag, 22. Januar, haben Ruth und Alfons Meishammer sowie Christoph Betz aus Überlingen eine Demonstration beim Ordnungsamt der Stadt Überlingen angemeldet. Sie wenden sich gegen eine Impflicht, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie angedacht ist. Als Treffpunkt ist der Seesportplatz vorgesehen, Beginn um 14 Uhr, mit anschließendem Demonstrationszug durch die Stadt. Bei den von Meishammer bisher organisierten Versammlungen kamen bis zu 2000 Personen zusammen. Meishammers Demonstration steht unter dem Titel „Wir sind die rote Linie“.

Einen ähnlichen Titel verwendet der Organisator einer Gegendemonstration: „Gegen Querdenken – Wir sind die rote Linie“ steht als Überschrift über einer Gegendemonstration, die ein 61-jähriger Bürger aus dem westlichen Bodenseekreis anmeldete. Diese Versammlung beginnt um 14 Uhr am Landungsplatz.
Organisator der Gegendemo rechnet mit 50 Teilnehmern
Ein Demonstrationszug ist bei der Gegendemo nicht vorgesehen, nur eine Kundgebung. Der Veranstalter rechnet nach Rücksprache mit Ordnungsamt und Polizei mit etwa 50 Teilnehmern, woraus sich die Anforderung ergibt, zwei Ordner zu stellen. Wie Meishammer, die bei ihrer ersten Demonstration im Dezember mit weit weniger Teilnehmern als den 2000 gerechnet hatte, könnte auch der Veranstalter der Gegendemo vom Zuspruch überrascht werden.
„Ich bin stolz darauf, kein Querdenker zu sein.“Der Organisator der Gegendemo in einem YouTube-Video
Hinter der Gegendemo steht ein im westlichen Bodenseekreis wohnender Mann im Alter von 61 Jahren, der im Vorfeld der Demo seinen Namen öffentlich nicht preisgibt, aus Angst vor Repressalien. Unserer Redaktion ist sein bürgerlicher Name bekannt, unter dem er die Demo bei der Stadt anmeldete. Er meldete sich bei der SÜDKURIER-Redaktion und teilte mit, dass er auf YouTube einen Videokanal betreibe, in dem er sich kritisch mit Coronakritikern und Querdenkern auseinandersetzt. Ausweislich der Angaben auf YouTube folgen ihm 5760 Abonnenten. Alleine sein Videobeitrag unter der Überschrift „Ich bin stolz darauf, kein Querdenker zu sein“, wurde bislang mehr als 44 000 Mal aufgerufen.
YouTube-Präsenz mit tausenden Abonnenten
Zu finden sind seine Beiträge im Internet unter dem Pseudonym „Schlauchbootfan“. Er nennt sich „Kritiker der Kritiker“ und arbeitet sich in zahlreichen Videobeiträgen an einem prominenten Redner auf Querdenker-Kundgebungen ab, an dem Arzt Bodo Schiffmann. Seine Aktivitäten, die er aus privatem Interesse ehrenamtlich erbringe, hätten ihm, so die Aussage des 61-jährigen „Schlauchbootfan“, persönliche Anfeindungen eingebracht, bis hin zu Morddrohungen.
Außerdem sei sein Arbeitgeber diskreditiert worden. Deshalb, so der Versammlungsleiter, agiere er auch im Vorfeld seiner Gegendemo am Samstag aus der Anonymität heraus. Warum er die Demo dann organisiert, wenn er Angst hat, dass sein Name bekannt wird? „Weil ich nicht anders kann.“ Er sehe sich als Teil einer „stillen Mehrheit“, für die es Zeit werde, sich zu Wort zu melden.
Meishammer und Baiker als Veranstalter namentlich in der Öffentlichkeit bekannt
In Überlingen gibt es zwei Veranstalter von coronakritischen Demonstrationen, die mit ihrem Namen Verantwortung übernehmen und öffentlich Position beziehen: Ruth Meishammer als Privatperson (Demonstrationen am Samstag) sowie Gregor Baiker für die Gruppe Demokratischer Widerstand (montags). Im Gegensatz zu Städten wie Ravensburg, wo unangemeldete sogenannte Spaziergänge aus dem Ruder laufen, sind die angemeldeten Demonstrationen in Überlingen bislang durchweg friedlich verlaufen.
Ruth Meishammer, Versammlungsleiterin, betonte bislang stets, dass es ihr um „Dialog“ gehe, weshalb sie ausdrücklich auch Geimpfte zur Teilnahme an ihrer Versammlung einlade. An diesem Samstag sei ein Redner vorgesehen, der sich für eine Impfung entschieden habe, der sich aber kritisch mit der Impfpflicht auseinandersetze.
Auf „Schlauchboots“ Bühne: Aufklärung über Querdenker-Szene angekündigt
Der 61-jährige „Schlauchbootfan“ kündigte sich auf seiner Gegenkundgebung als Redner an, der „über die Szene der Spaziergänger und Querdenker aufklären“ werde. Ob es weitere Redner gibt, sei noch offen. Er sei vom Ordnungsamt darauf hingewiesen worden, dass noch eine weitere Gegendemonstration angemeldet worden sei, mit der er nun eine Zusammenarbeit prüfe.
Er habe „keinen blassen Schimmer“, wie viele Personen seinem Aufruf folgen werden, so der 61-Jährige. Er betonte, dass es „keine Attacken“ gegen die andere Demo geben werde. Alle Störversuche würden in die Verantwortung der Polizei übergeben.
„Ist es die Art und Weise, wie wir demonstrieren, die Stein des Anstoßes sind?Ruth Meishammer, Versammlungsleiterin
Ruth Meishammer geht ebenfalls davon aus, dass sich beide Seiten mit Respekt begegnen, sich nicht gegenseitig provozieren, sondern friedlich demonstrieren werden. „Ich habe volles Vertrauen in die Überlinger Polizei, ihren Teil dazu beizutragen, dass dies am kommenden Samstag möglich sein wird“, schreibt sie in einer Mail an unsere Redaktion.
Sie hätte sich gewünscht, dass der Organisator der Gegendemo mit ihnen im Vorfeld Kontakt aufnimmt. Sie habe über die Stadtverwaltung nun einen Austausch der Kontaktdaten angeregt und sei auch kurzfristig für Gespräche offen. Sie wolle erfahren, was die Beweggründe für die Gegendemo sind. Meishammer: „Ist es die Art und Weise, wie wir demonstrieren, die Stein des Anstoßes sind? Sind es die Inhalte, die Werte oder Forderungen, für die wir einstehen?“