Bar oder mit Karte? Diese Frage der Kellnerin oder des Kellners kennen Restaurantbesucher. Im Lokal „Das Blümchen“ erübrigt sich das. Wer hier Pastinaken-Kartoffelauflauf, Schwarzwald-Vitello oder Tannenmousse ordert, dazu ein Viertele trockenen Gutedel oder Waldhaus-Pils, bezahlt die Schwarzwald-Tapas digital – mit Kredit- oder EC-Karte, Handy-App oder Paypal. Münzen oder Scheine sind nicht erwünscht.

Diesen Hinweis lesen die Gäste des Restaurants „Das Blümchen“ am Eingang des Lokals.
Diesen Hinweis lesen die Gäste des Restaurants „Das Blümchen“ am Eingang des Lokals. | Bild: Ambrosius, Andreas

„Liebe Gäste, wir sind ein bargeldloses Restaurant“, steht am Eingang des Lokals in bester Lage an der Uferpromenade in Friedrichshafen. Sollte ein Gast den Hinweis an der Tür übersehen, ist ein zweiter oben auf dem Aufsteller an der Eingangstreppe angebracht: „Wir sind bargeldlos – Cards only“. Sascha Halweg ist sich bewusst, dass der Verzicht auf Bargeld ungewöhnlich ist und polarisiert. Der Gastronom aus Freiburg mit Dependance in Friedrichshafen hat sich dennoch dafür entschieden.

In bester Lage am Bodensee: Seit Mitte Dezember 2024 gibt es das Restaurant „Das Blümchen“ an der Friedrichshafener Uferpromenade. ...
In bester Lage am Bodensee: Seit Mitte Dezember 2024 gibt es das Restaurant „Das Blümchen“ an der Friedrichshafener Uferpromenade. Bezahlen kann man dort nur bargeldlos. | Bild: Ambrosius, Andreas

„Es hat überhaupt keine politischen Gründe“, stellt Sascha Halweg klar, „es geht rein um unternehmerische und wirtschaftliche Aspekte.“ Es gehe in erster Linie darum, Kosten zu sparen und das Personal dort einzusetzen, wo es sinnvoller ist: beim Kunden im Service.

Hohes Maß an Digitalisierung

Ausschließlich bargeldlos zu bezahlen ist Teil eines umfassenden Digitalisierungs-Konzepts. Wer vom „Blümchen“ eine Telefonnummer sucht, wird sie nicht finden: Es gibt keine. Eine Tischbestellung ist nur übers Internet möglich. Der Gast bucht digital. Ein Tisch ist dann maximal zwei Stunden lang reserviert. „Wir können so einen Tisch mehrfach am Tag vergeben“, sagt Halweg. Ab 19 Uhr oder für Gruppen ab neun Personen entfällt das Zeitlimit. Wer gar nicht kommt und nicht spätestens eine Stunde vorher storniert, muss 15 Euro pro Sitzplatz berappen.

Alles läuft digital, wenn der Gast will: Am Handy kann man am Platz Speisen und Getränke aussuchen – oder auch auf der gedruckten Karte.
Alles läuft digital, wenn der Gast will: Am Handy kann man am Platz Speisen und Getränke aussuchen – oder auch auf der gedruckten Karte. | Bild: Ambrosius, Andreas

Warum will Sascha Halweg kein Bargeld haben? Bargeldgeschäfte abzuwickeln sei für ihn als Unternehmer kostenintensiv: Kassier-Zeit, die tägliche Kassenabrechnung, Wechselgeldbeschaffung und das Wegbringen zur Bank – all das gelte es einzukalkulieren, und das kostet. Noch ein Vorteil bargeldloser Transaktionen: „Es passieren keine Fehler, man kann sich nicht verrechnen und für das Team ist es einfacher“, sagt der 53-Jährige. Einfacher sei es auch bei einer Prüfung. Denn das Finanzamt schaue kritisch auf Wirte, weil in der Gastronomie üblicherweise viel Bargeld fließe. „Die Prüfung unseres Kassenbuchs ist fürs Finanzamt einfach und schnell erledigt“, sagt Halweg.

Niedrige Transaktionskosten

Kostenlos ist die bargeldlose Abwicklung für den Unternehmer freilich nicht. Für jede Transaktion verlangen die Anbieter einen gewissen Anteil von Händlern und Gastronomen. „Bei uns liegen die Transaktionskosten im Mittel bei 0,7 Prozent“, sagt Halweg. Das schwanke bei Kredit- und EC-Karten. „Das teuerste ist Paypal, da werden drei Prozent fällig.“ Alle Formen des bargeldlosen Bezahlens seien möglich: „Wir nehmen auch Bitcoin.“ Im Blümchen-Stammhaus in Freiburg gebe es sogar einen Bitcoin-Stammtisch. Und bezahlt da tatsächlich jemand mit der Kryptowährung? „Ja, aber selten“, lächelt Halweg, „so einmal die Woche.“ Eines sei sicher: „Bargeldabwicklung ist teurer.“

Sascha Halweg, Betreiber des bargeldlosen Restaurants „Das Blümchen“ in Friedrichshafen: „Bei uns liegen die Transaktionskosten im ...
Sascha Halweg, Betreiber des bargeldlosen Restaurants „Das Blümchen“ in Friedrichshafen: „Bei uns liegen die Transaktionskosten im Mittel bei 0,7 Prozent. Das teuerste ist Paypal, da werden drei Prozent fällig. Viele Formen bargeldloser Bezahlung sind bei uns möglich, wir nehmen auch Bitcoin.“ | Bild: Ambrosius, Andreas

Mitte Dezember 2024 hat der Gastronom ‚Das Blümchen‘ in Friedrichshafen eröffnet. In Freiburg ist er 2012 mit einem Lokal gestartet, seit 2016 führt er es als „Das Blümchen“ – etliche Jahre lang ganz konventionell, was das Bezahlen angeht. Bargeldlos geht es dort seit Anfang 2024 zu. „Etwa 85 Prozent unserer Gäste hatten davor schon digital bezahlt.“ Inzwischen bietet Halweg das Schwarzwald-Tapas-Konzept als Franchise an: „Das Blümchen“ soll ganz Deutschland erobern mit Partnern, die Lizenzgebühren bezahlen.

„Wir sind bargeldlos – Cards only“: Im „Blümchen“ zahlt man mit Karte oder per Handy.
„Wir sind bargeldlos – Cards only“: Im „Blümchen“ zahlt man mit Karte oder per Handy. | Bild: Ambrosius, Andreas

Und wie reagieren nun die Kunden, wenn sie keine Scheine und Münzen loswerden können? „Wir haben bislang gute Erfahrungen gemacht“, so Halweg. Klar könne es bei einer Neueröffnung anfangs auch holpern, ein Team müsse sich erst einspielen. So einen Holperer könnte auch Gast Heinz erlebt haben, der sich im Januar 2025 auf der Bewertungsplattform Tripadvisor Luft gemacht hat: „Bargeldlos ist ja gut und schön, aber dann sollte auch das Kassensystem funktionieren.“ Das Bezahlen mit der Karte habe „mehr als eine halbe Stunde“ gedauert.

Beschwerden wie auch Lob seiner Gäste nimmt der Gastronom ernst. Bei Bewertungen im Internet auf Google, Tripadvisor & Co antwortet Halweg stets individuell. In den Einträgen der Gäste geht es nur sehr selten ums Thema Bargeld – eher um die Qualität der Speisen, das Ambiente und den Service. Und da fällt das Votum mehrheitlich gut aus.

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„Unser Service-Modell ist ebenfalls ein Grund dafür, dass wir gar nicht umhinkommen, alles bargeldlos zu machen“, so Halweg. Denn neben dem Restaurant wird er ab Frühjahr auch den nahe gelegenen Platanen-Garten beim Zeppelin-Museum betreiben. „Da haben wir dann eine Mischung aus Selbstbedienung und Service.“ Der Gast setzt sich hin, scannt über einen QR-Code die Karte, bestellt und bezahlt auch gleich übers Handy. Speisen und Getränke werden dann an den Tisch gebracht. Ein Anstehen am Kiosk entfällt somit.

Und wenn am Ende ein Kunde doch darauf besteht, mit Scheinen und Münzen zu bezahlen? „Da finden wir dann eine Lösung“, verspricht Sascha Halweg. Wie hält er es selbst mit Barem, wie viel ist in seinem Geldbeutel? „Ein 10-Euro-Schein für den Notfall“ – den brauche er aber so gut wie nie.