Laut dem Deutschen Wetterdienst waren die vergangenen zwölf Monate in Deutschland die nassesten seit Beginn der Aufzeichnungen. Besonders im Mai und Juni kam es in der Region zu Dauerregenfällen, die für Hochwasser und Überflutungen sorgten. Inzwischen hat der Sommer zwar Einzug gehalten, doch für Landwirte wirken die hohen Niederschläge nach.

Feuchtwarmes Wetter begünstigt Pilzwachstum

„Katastrophe“, antwortet Bernhard Kitt auf die Frage, wie sich der viele Regen auf die Ernte ausgewirkt habe. Das viele Wasser und die relativ hohen Temperaturen beschleunigten das Pilzwachstum, sagt der Obstbauer aus Überlingen. „Die Pilzberater sagen alle, es wird ein mega Pilz-Jahr“, fügt er an. Wer wie Bernhard Kitt allerdings keine Pilze, sondern Obst anbaut, habe in diesem Jahr wenig zu lachen.

Ein großes Problem sei unter anderem der Apfelschorf – ein Pilz, der auf den Blättern überwintert. Wenn diese auftreiben, so Kitt, beginne der Pilz, Sporen auszuschleudern. Je höher die Niederschläge, desto mehr der sogenannten Ascosporen werden freigesetzt und vom Wind auf junge Blätter übertragen. Dort keimen sie aus und bilden erste Schorfflecken.

Bestimmte Pilzarten überwintern auf altem Laub und befallen im darauffolgenden Jahr die jungen Obstblätter.
Bestimmte Pilzarten überwintern auf altem Laub und befallen im darauffolgenden Jahr die jungen Obstblätter. | Bild: Maike Stork

Pilze bilden Schorfflecken auf dem Obst

„Wenn das Blatt länger nass ist, zum Beispiel drei Tage, dann ist das ein Riesenproblem“, sagt der Obstbauer. Denn vom Blatt wandere die Infektion auf die Früchte. „Wenn der Baum erst einmal infiziert ist, kommen die Sommersporen.“ Seine Frau Antonia Kitt, die auch für den SÜDKURIER als freie Mitarbeiterin arbeitet, fügt an: „Das wächst exponentiell.“ Die Schorfflecken auf den Äpfeln seien zwar ungefährlich und beeinträchtigten den Geschmack nicht. Jedoch könne man sie wegen ihrer Schönheitsfehler meist nicht mehr unter der Güteklasse I verkaufen.

Diese Einteilung von Äpfeln und anderem Obst erfolgt nach den EU-Vermarktungsnormen und hat drei Kategorien: Klasse Extra, Klasse I und Klasse II. Kriterien sind die sortentypische Größe, Färbung und Qualität. So rechnet Bernhard Kitt mit 20 bis 25 Prozent Einbußen in diesem Jahr. Auch die Lohnkosten werden steigen, ergänzt Antonia Kitt. Denn: „Man muss jeden Apfel einzeln anschauen und sortieren.“ Was nicht zum Verkauf tauge, komme in die Mosterei.

Auf diesem Mostapfel deutlich zu sehen: Apfelschorf. Ungefährlich für den Menschen, auf Speiseäpfeln jedoch unerwünscht.
Auf diesem Mostapfel deutlich zu sehen: Apfelschorf. Ungefährlich für den Menschen, auf Speiseäpfeln jedoch unerwünscht. | Bild: Maike Stork

‚Die Kirschen waren auch eine Pleite‘, fügt Kitt an. Dort habe er sogar rund 70 Prozent der Ernte eingebüßt. Die Früchte saugen sich mit Wasser voll und platzen, wenn der Druck zu sehr steige. „Es ist einfach ein verrücktes Jahr“, resümiert der Obstbauer. Und trotzdem kann er daraus auch Positives ziehen. „Für unsere Wälder ist es wahrscheinlich das Beste, was hätte passieren können.“

Schlechtes Jahr auch für Getreide

Als „Katastrophe“ beschreibt auch Landwirt Hubert Einholz das Jahr. „Ich habe noch nie so schlecht geerntet“, fügt der Salemer an, der unter anderem Wintergerste, Winterweizen und Raps anbaut. „Es ist ganz schlecht, wenn das Getreide immer nasse Füße hat“, so der Landwirt. Staue sich das Wasser durch den vielen Regen im Boden, komme kein Sauerstoff mehr hinein. Durch die geringere Sonneneinstrahlung würde zudem die Photosynthese beeinträchtigt. „Und so wird das Korn nicht schön ausgebildet“, erklärt Hubert Einholz.

Hubert Einholz hat wegen des vielen Regens Einbußen bei der Ernte.
Hubert Einholz hat wegen des vielen Regens Einbußen bei der Ernte. | Bild: Altmann, Miriam

Was höhere Gewalt ist, kommt den Landwirt teuer zu stehen: „2 bis 2,5 Tonnen Winterweizen und Wintergerste pro Hektar fehlen zu einer normalen bis guten Ernte“, sagt der Landwirt. Beim Raps sei es etwa eine Tonne. Der Landwirt muss mit dem Getreide seine 1500 Schweine füttern. Das müsse er jetzt zukaufen, so Einholz. Und er betont: „Ohne Pflanzenschutz hätten wir eine noch schlechtere Ernte.“

Dem schließt sich Markus Mock vom Stüblehof in Markdorf an. Der Pilzbefall beim Brotgetreide, also Weizen und Dinkel, sei in diesem Jahr besonders schlimm. „Ohne den Pflanzenschutz wäre alles verfault“, so der Landwirt. Man müsse gegensteuern, sonst reiche die Qualität des Getreides nicht mehr aus, um damit Brot zu backen. Ihm sei es wichtig, so Mock, dass Verbraucher das wissen.

Schnecken befallen Erdbeeren

Die hohen Niederschläge seien gut für das Pflanzenwachstum, sagt Max Eichenhofer vom Obsthof Eichenhofer in Markdorf-Gangenweiler. „Aber es ist schwierig, sie durchzukriegen.“ Der Familienbetrieb baut eine Vielzahl an Obstsorten an – darunter Äpfel, Kirschen, Zwetschgen, Birnen sowie verschiedene Beerensorten.

Neben Kirschen saugen sich auch Erdbeeren und Himbeeren mit Wasser voll, wenn es anhaltend nass ist, erklärt der 21-Jährige. Dadurch gingen Qualität und Geschmack verloren. Besonders den Erdbeeren drohe noch eine weitere Gefahr: „Wenn es so viel regnet, haben wir unendlich viele Schnecken und damit verbundene Fraßschäden“, sagt Eichenhofer. Viel dagegen tun könne er nicht.

Max Eichenhofer will 2025 den Familienbetrieb übernehmen. In diesem Jahr konnte der 21-Jährige seine ersten selbst angebauten Aprikosen ...
Max Eichenhofer will 2025 den Familienbetrieb übernehmen. In diesem Jahr konnte der 21-Jährige seine ersten selbst angebauten Aprikosen ernten. | Bild: Maike Stork

Trotzdem ist der 21-Jährige positiv gestimmt. Nach seinem Meister der Fachrichtung Obstbau, den er gerade in Weinsberg absolviert, möchte Max Eichenhofer im kommenden Jahr den Familienbetrieb übernehmen. Momentan spezialisiere er sich auf den Anbau von Aprikosen, so der junge Landwirt. Neun Sorten gedeihen bereits in einem eigens errichteten Tunnel. Auf dem Wochenmarkt kämen die Steinfrüchte sehr gut an, sagt Eichenhofer zufrieden. Was die Landwirtschaft für ihn ausmacht: „Es bleibt immer spannend, jedes Jahr gibt es etwas Neues.“