Seit ihrem Weinfest hat es die Gemeinde Daisendorf schriftlich, dass sie staatlich anerkannter Erholungsort ist. Der eigens aus Tübingen angereiste Regierungspräsident Klaus Tappeser hatte die Urkunde im Gepäck. Bereits vor 30 Jahren, so plaudert Bürgermeisterin Jaqueline Alberti aus dem Nähkästchen, habe es einen ersten Anlauf gegeben, der dann aus heute unerfindlichem Grund im Sande verlief. Im Juni 2020 ergriff sie, unterstützt vom Gemeinderat, wieder die Initiative. Zu den Voraussetzungen für das Prädikat gehören eine landschaftlich bevorzugte und klimatisch günstige Lage sowie für die Ferienerholung geeignete Einrichtungen und ein entsprechender Ortscharakter.

Also stattete man sich mit einem vom Deutschen Wetterdienst zum Preis von rund 5000 Euro erstellten Wettergutachten und einem aus Kostengründen in Eigenregie erstellten Tourismuskonzept aus. Nach einigen bürokratischen Runden und einem Ortsbesuch der für die Anerkennung zuständigen Stelle beim Regierungspräsidium (RP) Tübingen konnte man sich im April dieses Jahres dann über den positiven Bescheid freuen. Die Jury war der Einsicht gefolgt, dass sich die Gemeinde weniger mit unterhaltsamen Freizeit- und Eventangeboten auszeichnen wolle, sondern als Ruheinsel in einem turbulenten Tourismusumfeld.
16 Gemeinden im Kreis haben Erholungsort-Prädikat
Christoph Keckeisen als Erster Landesbeamte des Bodenseekreises nennt auf Nachfrage Zahlen im Überblick: Mit Daisendorf seien nun 16 Kreisgemeinden mit dem Erholungsort-Prädikat ausgezeichnet, von insgesamt 23 im gesamten RP-Gebiet. Das spreche für die einzigartig dichte Qualität der Seegemeinden, denn diese Anerkennung werde keineswegs inflationär verschleudert, sondern sei an strenge Kriterien und ein differenziertes Auswahlverfahren gebunden.
Bürgermeisterin Alberti legt denn auch Wert darauf, dass schon die Bewerbungsprozedur im Ortsbild der Gemeinde, etwa bei der Überarbeitung der Wegebeschilderung, sichtbare Spuren hinterlassen habe. Nicht zu verachten seien freilich die Zuschüsse für die touristische Aufwertung des Ortes. So könne man für die geplante Ergänzung der bestehenden Freizeitanlage am Ortsrand mit Zuschüssen von 60 Prozent der Kosten rechnen. Davon würden nicht nur die Gäste des Dorfes, sondern auch seine Bewohner durchaus profitieren.
Das Daisendorfer Weinfest bot den öffentlichen Rahmen für die Verleihung des Prädikats. Trotz anhaltenden Regens hatten sich einige hundert Besucher eingefunden, um sich von der Feuerwehr, die das Fest veranstaltete, opulent verpflegen und zunächst von den Schimmelbühler Musikanten und in die Nacht hinein vom Partyduo Popcorn musikalisch in Stimmung bringen zu lassen.

Im Beisein von Prominenz aus Land- und Bundestag oblag es Regierungspräsident Klaus Tappeser, der sichtlich stolzen Bürgermeisterin die Urkunde über die Zertifizierung der Gemeinde als staatlich anerkannter Erholungsort zu überreichen. In seiner Laudatio stellte Tappeser, auf das 900er Jubiläum anspielend, klar: „Diese Urkunde ist kein Geschenk, denn Sie und Ihre Gemeinde haben sich diese Auszeichnung redlich verdient.“
Auch Mathias Bernhard als Gastgeber der Festlichkeit in seiner Fruchtscheune weiß die Ehrung der Gemeinde zu schätzen. Bernhard ist ortansässiger Winzer, auf seinem 3
drei Hektar großen Gut pflegt er mehrere Burgundersorten und die Müller-Thurgau-Rebe. Mit seinen Ferienwohnungen auf dem Winzerhof ist er auch Gastronom, und als solcher hofft er, dass seine den Sommer über gut nachgefragten Feriendomizile auch in Frühjahr und Herbst durch den neuen Qualitätsausweis des Dorfes verstärkt Zuspruch erfahren.

Zu den Gästen des Weinfestes zählte das Ehepaar Schmidt aus Schwäbisch Hall. Seit 15 Jahren sind sie regelmäßig Gäste in Bernhards Winzerhaus, und sie bestätigen: „Das Wort Erholung trifft es genau. Wir haben einen kurzen Weg zum Baden im See, unternehmen Schiffsfahrten, besichtigen die Städte der Region, sogar einen Zeppelinflug haben wir uns jetzt geleistet, aber nach den Aktivitäten tagsüber sind wir jedes Mal froh, wieder in die entspannte Ruhe Daisendorfs zurückkehren zu können.“