Die Firma Stengelin Metallbearbeitung im Gewerbegebiet in Untersiggingen ist nicht irgendein Betrieb: Wer dort morgens ein- und abends ausstempelt, kann durchaus stolz über seinen Arbeitgeber erzählen. Denn die Stengelin GmbH wurde vom Innenministerium des Landes als „Ehrenamtsfreundlicher Arbeitgeber 2024“ ausgezeichnet.
Anstoß kam von der Feuerwehr
Wie es dazu kam, berichten Geschäftsführer Herbert Kopp und sein Sohn sowie Juniorchef Sebastian Kopp. Immer schon sei es für sie selbstverständlich gewesen, auch Mitarbeiter zu beschäftigen, die in teils zeitlich anspruchsvolle Ehrenämter eingebunden sind – allen voran Feuerwehrleute. Diese spielten dann auch eine zentrale Rolle für die Auszeichnung. Denn für den Preis muss man vorgeschlagen werden, sagt Herbert Kopp. Deggenhausertals Feuerwehrkommandant Klaus Mecking habe ihn im Frühjahr 2024 gefragt, ob er sich das vorstellen könne. In der Feuerwehr habe Oberlöschmeister Jürgen Höß das Thema zur Sprache gebracht, Mecking habe dann beim Innenministerium den Antrag gestellt.
„Dass wir dann tatsächlich auch die Auszeichnung bekommen haben, hat uns dann doch überrascht“, freut sich Kopp heute noch. Im Herbst kam eine E-Mail aus Stuttgart – mit einer Einladung zur Ehrungsfeier im Schwarzwald. Weil sie an dem Termin aber leider verhindert gewesen seien, sei ihnen die Urkunde dann im Januar bei der Hauptversammlung der Feuerwehr überreicht worden.

Wenn an der Werkbank der Feuerwehr-Piepser ertönt
Wie man bei Stengelin damit umgeht, wenn der Piepser während der Arbeitszeit ertönt, weiß Ewald Faitsch. Er ist seit vielen Jahren bei der Wehr im „Tal“ – und in der Firma. „Zwischen sieben und maximal zehn Mal im Jahr werden wir während der Arbeitszeit zu Einsätzen gerufen“, erzählt er. Ein Problem sei das nie gewesen, ebenso wenig wie bei seinen Kollegen, die ebenfalls Mitglieder der Wehr sind. Allerdings seien bei der Feuerwehr mit Rücksicht auf die Unternehmen auch die Alarm- und Ausrückeordnung geändert worden. „Inzwischen gibt es auch die Kategorie Bagatellalarm, um zu verhindern, dass zum Beispiel Feuerwehrleute extra von ihrer Arbeit abgezogen werden, nur um dann eine Katze vom Baum zu retten“, berichtet Faitsch.
Fehlende Arbeitszeit muss nicht reingeholt werden
Dennoch: Ein Arbeitgeber muss einen solchen ehrenamtlichen Einsatz seiner Mitarbeiter wollen und auch damit umgehen können. Wie das im Einzelfall aussieht, sagt Herbert Kopp: „Wenn ein Mitarbeiter gehen muss, stempelt er ganz normal aus, die fehlende Arbeitszeit muss er dann natürlich nicht wieder reinholen.“ Für diese Firmenphilosophie ausgezeichnet zu werden, sei „auf alle Fälle eine schöne Sache“.
„Diese Themen“, sagt Herbert Kopp, „sind uns schon sehr wichtig“. Ihm und seinem Führungsteam um seinen Sohn und den Vertriebschef Andreas Sturm geht es dabei keineswegs nur um die Unterstützung der Feuerwehr. Auch der Ortsverein des DRK für seine Sammlungen oder der Fußballverein für seine Ausfahrten könnten die Fahrzeuge der Firma immer unentgeltlich nutzen. Nur so funktioniere auf dem Dorf auch ein soziales Miteinander, bei dem der eine den anderen unterstütze. „Wir sind überzeugt, dass ehrenamtliches Engagement eine unverzichtbare Säule unserer Gesellschaft darstellt“: So hatte es Kopp bei der Überreichung der Urkunde durch Deggenhausertals Bürgermeister Fabian Meschenmoser umschrieben.

Das Beispiel Momo: Wie man einen Flüchtling in den Betrieb integriert
Dass eine solche Unterstützung beileibe keine Einbahnstraße sein muss, sieht man am Beispiel von Momo. Momo heißt in Wirklichkeit Mohamed Sinayoko. Aber jeder ruft den jungen Mann nur Momo. Als Flüchtling kam Momo vor einigen Jahren am Bodensee an, heute blickt er auf eine erfolgreiche Ausbildung zum Fachlageristen zurück, freut sich über seine feste Anstellung bei Stengelin und ist integriert im Vereinsleben im Dorf. „Wir haben ihn damals bei seinen Behördengängen unterstützt und ihn auch zu den Ämtern gefahren“, erinnert sich Kopp. Dieses Vertrauen gibt Momo dem Betrieb heute als wertvolle Arbeitskraft wieder zurück.
„Vom Land oder vom Staat gab es für uns nicht die geringste Unterstützung für Momo“, kritisiert Kopp die politischen Strukturen – und das fehlende Interesse der politisch Verantwortlichen an einer tatsächlich gelingenden Integration von Menschen, die auf ihrer Flucht in Deutschland stranden. Der junge Mann aus Mali ist im Betrieb keine Ausnahme. „Wir haben mehr als 50 Prozent ausländische Fachkräfte“, berichtet Sturm. Das bestätigt Kopp: „Wir haben viele verschiedene Nationalitäten bei uns im Haus, aber das spielt ja eigentlich gar keine Rolle, denn jeder Mensch ist gleich.“

Stengelin wirbt Arbeitskräfte aktiv in Ungarn an
Um den eigenen Fachkräftebedarf decken zu können, geht man bei Stengelin inzwischen sogar noch einen Schritt weiter und wirbt Arbeitskräfte in ihrer Heimat an, zuletzt vor allem in Ungarn. „Zu fünf bis sechs Menschen haben wir inzwischen auf diese Weise Kontakt aufgenommen, inzwischen arbeiten sie alle bei uns“, sagt der Geschäftsführer. Für diese Arbeitskräfte, die ohne jegliche Sprachkenntnisse in Deutschland ankommen, bietet man in der Firma auch hauseigene Deutschkurse an, natürlich kostenfrei. „Anders geht das auch nicht“, weiß Kopp. Dafür wurde ein pensionierter Lehrer eingestellt. „Und da kann dann jeder dazu, der möchte.“
Draußen vor dem Gebäude ist noch Zeit für ein Gruppenbild. Die Laune ist gut. Wenn man für sein Engagement und seine Anstrengungen auch gewürdigt wird, das beflügelt. Wer weiß, vielleicht gibt es ja bald schon wieder eine Auszeichnung?