Der 68-jährige Werner Beisel, zuvor rund 25 Jahre bei ZF, hat rund acht Jahre recherchiert, bevor er sein Buch veröffentlichte, denn viele Unterlagen und die der meist kleineren Unternehmen, die das Sodengetriebe in ihren Fahrzeugen verwendeten, existieren nicht mehr.
In fünf Größen gefertigt

Das Sodengetriebe wurde in fünf Größen für Klein- bis zu Oberklassewagen und Lastwagen hergestellt. Außerdem gab es eine Version für Eisenbahntriebwagen mit Verbrennungsmotoren mit mehr als 40 Tonnen Gewicht sowie einen Prototyp für Motorräder. Zudem wurden Sodengetriebe in einige wenige geheime "Traktoren" eingebaut. Dies waren Panzerwaffen, die dem Deutschen Reich infolge des Versailler Vertrags verboten waren. "Das Getriebe ist nicht in großen Stückzahlen hergestellt worden", bilanziert Beisel insgesamt. Seiner Schätzung nach 3000 bis etwa 11.000 Stück. Das ändert jedoch nichts an der großen Innovation bei ZF in Friedrichshafen. Nicht ganz eindeutig sei, ob es das erste Getriebe dieser Art war, erläutert Beisel.
Graf von Soden meldet 1915 Patent an

Wie der Name vermuten lässt, stammt die Idee zu dem Getriebe von Alfred Graf von Soden-Fraunhofer (1875 bis 1944), 1915 Mitgründer und erster Geschäftsführer von ZF. Bereits während des Ersten Weltkriegs, 1915, meldete er ein Patent für ein Vorwahlgetriebe an. Ab 1919 wurde es erprobt, 1920 potenziellen Kunden und im Herbst 1921 der Öffentlichkeit bei der ersten Automobilausstellung in Berlin vorgestellt, wie Beisel berichtet. "Laut ZF haben rund 75 Firmen das Getriebe verwendet." Meist seien dies kleinere und mittlere Unternehmen gewesen, deren Namen heute meist nur eingefleischten Automobil- und Eisenbahnfans etwas sagen dürften. Die meisten hätten schon in den 20er Jahren ihren Betrieb wieder einstellen müssen.
Kein Zwischengas erforderlich

Aber wie funktioniert dieses Getriebe? Ein Gangwähler ist im Armaturenbrett oder in der Lenkradnabe eingebaut, wo der Fahrer den Gang vorwählt. Über eine Drahtspiralleitung wird die Vorwahl auf das Getriebe übertragen, beschreibt Beisel die praktische Funktion. Durch ein Treten und Loslassen des Kupplungspedals wird der Gang eingelegt. Damals ein Riesenfortschritt im Vergleich zu Schaltgetrieben, die oft noch eine Handschaltung außerhalb des Innenraums hatten, Zwischengas erforderten und oft hakelig waren.
Wirtschaftlich kein großer Erfolg

Durchgesetzt hat es sich dennoch nicht. "Die Marktlage war schwierig", sagt Beisel mit Blick auf die Ereignisse in den 20er Jahren. Es gab erst Hyperinflation und Währungsreform und nach kurzer Erholung die Weltwirtschaftskrise. Das Sodengetriebe sei teurer als Handschaltungsgetriebe gewesen, so wie heute Automatikgetriebe, erklärt der Buchautor. Zudem sei es damals für die damaligen Zeitgenossen völlig ungewohnt gewesen. Beisel zieht Parallelen zu den heutigen Gewohnheiten der Menschen. In den USA würden 90 Prozent der Autos mit Automatikgetriebe fahren, in Deutschland sei es umgekehrt. Aber, bemerkt er nebenbei, mit dem autonomen Fahren werde unvermeidlich das Ende des Schaltgetriebes kommen.
Buch in einer Auflage von 500 Stück erschienen
Das Buch "Das Sodengetriebe in Fahrzeugen der zwanziger Jahre" (Auflage: 500 Stück) kann während der Motorworld Classics Bodensee am Stand der ZF im Foyer West erworben werden sowie im Shop des Zeppelin Museums und in der Buchhandlung Gessler.
Motorworld Classics Bodensee
Öffnungszeiten: Die Messe ist noch bis Sonntag, 27. Mai, geöffnet, am Samstag und Sonntag jeweils von 9 bis 18 Uhr.Eintrittspreise: Die Tageskarte kostet an der Tageskasse 18 Euro, die Zwei-Tages-Karte 29 Euro und die Familienkarte (gültig an einem Tag für Eltern mit allen Kindern bis einschließlich 17 Jahren) 38 Euro. Online sind diese drei Kartenvarianten 2 Euro preiswerter. Die ermäßigte Tageskarte liegt bei 16 Euro (nur an der Tageskasse). Kinder bis einschließlich elf Jahren sind frei.