Seit Schließung der ZF Arena im September 2020 stehen nicht nur die Häfler Volleyballer, sondern Sportvereine und Schulen ohne Hallen da. Anfangs konnten die Profis des VfB Friedrichshafen mit dem Bundesstützpunkt in die Messehalle A1 ausweichen – als Ersatz-Domizil bis April 2022. Doch schon im Sommer 2021 galt die Zusage nicht mehr: Dem Bundesligateam blieb keine andere Wahl, als seine „Heimspiele“ seit Saisonbeginn im Oktober in der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm auszutragen.

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Seit Dezember steht wenigstens ein Drittel der Halle B4 als Dauer-Trainingsstätte zur Verfügung. Anna Hochmuth und Regine Ankermann von der Ratsfraktion der Grünen schauten sich hier die Trainingsbedingungen an. Die bezeichnet Thilo Späth-Westerholt, Geschäftsführer der VfB Friedrichshafen Volleyball GmbH, als „optimal“.

Die Luft wird dünner für den VfB im Volleyball-Oberhaus

Trotzdem sind die Sorgen groß, dass der Proficlub noch eine Saison unter den jetzigen Bedingungen im Volleyball-Oberhaus nicht überlebt. Das hat viele Gründe. Erstens die Finanzen: Selbst jedes Heimspiel ist ein Auswärtsspiel, was doppelte Kosten für Reisen und Unterkunft bedeutet – und die Miete für zwei Hallen kommt obendrauf. Zweitens: Der enorme Zuschauerschwund reißt zusätzlich Löcher in die Kasse. Auch ohne Pandemie wäre es schwierig geworden, die VfB-Fans zu den Partien nach Neu-Ulm zu lotsen.

Drittens: Sponsoren springen ab, wie Thilo Späth-Westerholt auf Anfrage bestätigt. Für einige ist es nicht attraktiv, in Neu-Ulm zu werben; andere dürfen es aufgrund des selbst auferlegten Regionalprinzips nicht. Drei Gründe, warum die wirtschaftliche Lage zunehmend prekär wird. Dazu kommt ein emotionales Problem, das nicht zu unterschätzen ist: Nach und nach geht die Identifikation mit dem Club, die Bedeutung des VfB verloren, wenn man nicht „zu Hause“ spielt.

Die Vertreterinnen der Grünen-Fraktion Regine Ankermann und Anna Hochmuth (von links) tauschen sich mit VfB-Geschäftsführer Thilo ...
Die Vertreterinnen der Grünen-Fraktion Regine Ankermann und Anna Hochmuth (von links) tauschen sich mit VfB-Geschäftsführer Thilo Späth-Westerholt (rechts) und Bundesstützpunktleiter Ralf Hoppe aus. | Bild: Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Am schlimmsten für den Verein ist allerdings die fehlende Planungssicherheit. Seit Monaten laufen Gespräche zwischen VfB, Stadt und Messegesellschaft, ob der VfB auf dem Messegelände ein „zweites“ Zuhause bekommt, bis die Stadt eine Lösung für die Hallenmisere insgesamt gefunden hat. Wie soll ein Proficlub Spieler und Sponsoren für die nächste Saison verpflichten, wenn er noch nicht einmal weiß, wo und unter welchen Bedingungen er spielen wird?

Grüne befürworten Umnutzung einer der zwölf Messehalle

Die beiden Stadträtinnen von den Grünen können sich die Umnutzung einer der zwölf Messehallen als Sportstätte sehr gut vorstellen. „Das Messegeschäft, wie es früher einmal war, wird es nicht mehr geben“, sagt Regine Ankermann und verweist auf die Leitmessen Outdoor und Eurobike, die in andere Städte abgewandert sind. „Die Messe muss sich überlegen, welche positiven Alternativen es für die Hallenkapazitäten geben kann.“ Für die paar Tage, an denen die gesamte Ausstellungsfläche benötigt würde, könne man sich mit einer temporären Halle auf dem Freigelände behelfen, meint sie.

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Beide sehen die Messe, deren Hallen ja mit städtischen Mitteln gebaut wurden, in der gesellschaftlichen Verpflichtung, den heimatlosen Volleyballern sowie dem Vereins- und Schulsport zu helfen. „Es ist wirtschaftlich nicht vertretbar, die gesamte Infrastruktur nur für ganz wenige Tage im Jahr vorzuhalten“, findet Anna Hochmuth. „Die Messe soll auch der Häfler Stadtgesellschaft dienen und könnte ein Treffpunkt für sportbegeisterte Menschen in Friedrichshafen sein.“ Sie wollen sich für eine schnelle Entscheidung im Gemeinderat einsetzen, teilten sie in einer Presseerklärung mit.

Messe sieht kaum zusätzlichen Spielraum

Doch die Messe Friedrichshafen GmbH sieht das anders. „Für eine Nutzung unserer Messehallen zum Trainings- oder Wettkampfbetrieb sehen wir über das bisherige Maß hinaus kaum Spielraum“, erklärt Sprecher Frank Gauss auf Anfrage. Der Kernauftrag laute, Handels-Plattformen anzubieten und damit Wirtschaftsförderung zu betreiben. Dafür müsse man in der Lage sein, den Messekunden auch in der Flächenbelegung vollen Service zu bieten.

Nach Schließung der ZF Arena fanden die Volleyballer in der Messe-Halle A1 ideale Bedingungen – doch hier sie wurden nur für ...
Nach Schließung der ZF Arena fanden die Volleyballer in der Messe-Halle A1 ideale Bedingungen – doch hier sie wurden nur für wenige Monate geduldet. | Bild: Messe Friedrichshafen

Ungeachtet der Corona-Lage rechnet die Messe in diesem Jahr allerdings nur bei vier Terminen mit einer Vollbelegung aller zwölf Hallen: bei der AERO, der Motorworld Classics sowie der Tuning World Bodensee zwischen Ende April und Ende Mai sowie bei der Faszination Modellbau und Modellbahn-Ausstellung Anfang November. Bei weiteren Messen komme es durch parallele Termine sowie Phasen des Auf- und Abbaus zu zeitgleichen Nutzungen. Hier nennt die Messegesellschaft unter anderem die Aqua Fisch sowie die all about automation Anfang März, die nacheinander stattfinden. Allerdings ist die Automationsmesse nur in zwei Hallen geplant; und die Fischmesse kam zuletzt mit 16.000 Quadratmeter Fläche in drei Hallen aus.

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Messe zuerst: Diese Ansicht vertritt auch der Hauptgesellschafter. Auf Anfrage unserer Zeitung, ob die Stadt es für machbar hält, dem VfB in einer Halle auf dem Messegelände ein neues Domizil zu verschaffen, winkt man im Rathaus ab. „Bei allen Überlegungen vonseiten der Stadt muss im Mittelpunkt stehen, dass die Messe Friedrichshafen in ihrer Geschäftstätigkeit nicht beschränkt wird“, teilt die städtische Pressestelle mit. Abgesehen davon stelle sich die Frage so gar nicht, weil sich Gesellschafter nicht ins Tagesgeschäft „ihrer“ Unternehmen einmischen dürfen. „Die Vermietung von Hallen ist ohne Zweifel Tagesgeschäft der Messe und von der Geschäftsführung zu entscheiden.“

Gemeinderat muss über Hilfen entscheiden

Lässt die Stadt ihr sportliches Aushängeschild der letzten drei Jahrzehnte im Stich? Oder wie groß ist die Bereitschaft, den VfB notfalls weiter mit hohen Beträgen zu unterstützen? Die Antwort aus dem Rathaus ist salomonisch: „Diese Fragen können ausschließlich durch Beratung und Beschluss im Gemeinderat beantwortet werden.“