Am 6. Oktober beginnt für die Volleyball-Profis des VfB Friedrichshafen mit dem ersten Spiel in der Bundesliga der Kampf um die Meisterschaft. Die gute Nachricht: Nach einer abgebrochenen Saison und einer kompletten Spielzeit ohne Zuschauer dürfen die Fans nun wieder live mit dabei sein. Die schlechte: Das Wort „Heimspiel“ hat einen bitteren Nachgeschmack. Die Erstliga-Mannschaft wird alle Partien in der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm austragen. Eine Saison lang kein Spitzenvolleyball in Friedrichshafen, sondern 110 Kilometer entfernt vom Bodensee: Das gab‘s noch nie.

Seit dem Lockdown im März 2020 fanden in der ZF-Arena keine VfB-Spiele mehr statt, im September wurde die Halle wegen Baumängeln ...
Seit dem Lockdown im März 2020 fanden in der ZF-Arena keine VfB-Spiele mehr statt, im September wurde die Halle wegen Baumängeln geschlossen. | Bild: Günter Kram

Mit dieser Entscheidung hadern viele Fans. Die „Bluebears“ stehen zweigeteilt zum neuen Spielort, „ungefähr 50 zu 50“, sagt Fanbeauftragter Rudi Krafcsik, der auch im Gemeinderat ist. „Aber es bleibt nun mal keine Alternative.“ Der Fanclub „Häfler Monsterblock“ hat schon mehrfach mit Grabkerzen und Plakaten an einer symbolischen Gedenkstätte vor der ZF-Arena den Unmut über die Hallen-Misere zum Ausdruck gebracht.

Messehalle steht nicht wie geplant zur Verfügung

Die Volleyballer selbst können nichts dafür. Die Messehalle A1, die in der vergangenen Saison als alternative Spielstätte diente, steht 2021/22 an vielen Terminen nicht zur Verfügung, weil die Messe die Halle selber braucht.

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Dabei hatten Stadt, Messe und VfB im November 2020 stolz verkündet, dass die Volleyballer bis April 2022 – also zwei Saisons – auf dem Messegelände bleiben können. Für „Planungssicherheit“, so freute sich VfB-Geschäftsführer Thilo Späth-Westerholt vor Jahresfrist, sorgten 1,2 Millionen Euro aus der Stadtkasse. Die gab der Bauausschuss des Gemeinderats frei, um die Halle durchgehend von der Messe zu mieten und so einen Trainings- und Spielort klar zu machen, nachdem die ZF-Arena von heute auf morgen wegen Baumängeln dicht gemacht wurde.

VfB-Domizil bleibt vorerst auf dem Messegelände

Der Vertrag mit der Messe werde fortgeführt, antwortet die städtische Pressestelle nun auf Nachfrage, warum die Vereinbarung nach nicht mal einem Jahr nichts mehr gilt. Der VfB bleibe mit seiner Geschäftsstelle, Fitnesseinrichtungen und dem Spielertraining ja auf dem Gelände. Wobei nach Angaben des VfB bis April nächsten Jahres insgesamt 13 Wochen lang auch nicht in der Messehalle trainiert werden kann, sondern die Mannschaft in andere Hallen ausweichen muss.

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Gibt es wirklich keine Alternative zu Ulm? Die gibt es, sagen zumindest die ehemaligen Spieler der VSG Bodensee, jener Spielgemeinschaft als Vorläufer des VfB, der erstmals 1981 der Aufstieg ins Volleyball-Oberhaus gelang. „Mehr als die Hälfte der Ex-Spieler fänden Spiele in der Bodenseehalle als echten Knüller. Die Bude wäre wieder voll“, glauben Walter Heimpel und Peter Hedrich, die stellvertretend für die Altvorderen an unsere Zeitung geschrieben haben. Wenigstens die Bundesliga-Partien könnten doch dort stattfinden.

Peter Hedrich
Peter Hedrich | Bild: Cuko, Katy

Bodenseesporthalle wurde als Alternative geprüft

Damit ist die Bodenseesporthalle gemeint, die Spielstätte des VfB, bevor 2004 die ZF-Arena das neue Domizil wurde. Hier fanden packende Volleyball-Duelle vor vollen Rängen statt, hier wurde der erste Meistertitel gefeiert. Eine echte Lust und Bereitschaft, zu den „Heimspielen“ nach Ulm zu fahren, könne man bei den Jungs der früheren VSG nicht ausmachen. Und für die heutigen Spieler sei es schlecht, praktisch nur Auswärtsspiele zu haben, monieren sie.

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„Die Nutzung der Bodenseesporthalle für Bundesliga-Heimspiele wurde in Zusammenarbeit mit dem VfB geprüft“, antwortet die städtische Pressestelle auf Nachfrage. Dagegen sprach unter anderem die geringe Zahl der Zuschauer, die in der Halle Platz finden. Und auch in den Sponsorenverträgen seien einzelne Parameter vorgegeben, „die in der Bodenseesporthalle nicht gewährleistet werden konnten“.

Die Ehemaligen der VSG Bodensee und Ex-Spieler des VfB Friedrichshafen feierten 2019 in der Bodenseesporthalle den 50. Geburtstag der ...
Die Ehemaligen der VSG Bodensee und Ex-Spieler des VfB Friedrichshafen feierten 2019 in der Bodenseesporthalle den 50. Geburtstag der Volleyball-Abteilung. Mit dabei waren (von links) Istvan Csontos, Susi Ailinger, Franz Steiner, Stefan Bier, Ivan Strumiensky, Roger Heimpel, Benno Heimpel, Thomas Fuchs, Jutta Keller, Dino Maier, Peter Hedrich, Simon Tischer, Sebastian Schwarz, Jochen Schöps, Frank Schmidt, Volker Pakulat, Norbert Kunstek, Bogdan Jalowietzki, Holger Kleinbub (hinten), Donato Iasi (vorn), Jovan Markovic, Gabi Meroth, Rüdiger Bauer, Burkhard Sude, Fritzi Jäger und Erich Trautwein. | Bild: Gunthild Schulte-Hoppe

„Die Frage nach der Bodenseesporthalle können wir natürlich nachvollziehen“, sagt auch VfB-Geschäftsführer Thilo Späth-Westerholt. Aber die Situation stelle sich heute anders dar als vor dem Umzug des Vereins in die ZF-Arena. Damals waren viele Hallenzeiten für die Volleyballer reserviert. Heute findet hier vor allem Vereins- und Schulsport statt. „Den Kindern und Vereinssportlern jetzt die Hallenzeiten wegzunehmen, ist für uns keine Option gewesen. Erst recht nicht nach einem Corona-Jahr, in dem vor allem die Kinder sportlich viel zu kurz gekommen sind“, sagt Späth-Westerholt.

Thilo Späth-Westerholt
Thilo Späth-Westerholt | Bild: Vfb Friedrichshafen

Fans befürchten Abwanderung des Vereins nach Ulm

Doch die Sorgen mancher Fans sind groß, dass aus der Notlösung Ratiopharm-Arena mangels geeigneter Halle in Friedrichshafen eine Dauerlösung wird und der Verein ganz nach Neu-Ulm abwandern könnte. Es könnte zur Entfremdung zwischen Verein, Stadt, Fans und Sponsoren kommen, befürchten Walter Heimpel und Peter Hedrich. „Und es besteht die Gefahr, dass der SSV Ulm den VfB schluckt.“

Die Ratiopharm-Arena in Ulm ist Heimspielstätte der Basketballer vom SSV Ulm – und nun auch der VfB-Volleyballer.
Die Ratiopharm-Arena in Ulm ist Heimspielstätte der Basketballer vom SSV Ulm – und nun auch der VfB-Volleyballer. | Bild: Stefan Puchner/dpa

„Wir haben kein Interesse daran, den Standort Friedrichshafen dauerhaft zu verlassen“, hält Thilo Späth-Westerholt dagegen. Ziel sei die Rückkehr an den Bodensee. Die Spieler würden den in der neuen Saison sogar formatfüllend auf den Trikots tragen. Im Moment gebe es einen Einjahresvertrag mit der Ratiopharm-Arena. In den kommenden Monaten werde sich zeigen, wie die Lösung für das Hallenproblem für die Folgesaison und die Jahre danach aussehen wird.

VSG-Ehemalige fordern Notreparatur der ZF-Arena

Zumindest eine Entscheidung ist ganz aktuell schon gefallen: Die ZF-Arena wird nicht abgerissen, weil das Landesdenkmalamt die Halle als Kulturdenkmal einstuft. Bleibt also nur die Sanierung, um sie wieder nutzbar zu machen.

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Die Fans setzen darauf, dass die Stadt schnell handelt. Eine Notreparatur der ZF-Arena fordern gar die ehemaligen Spieler der VSG. Der gute Name des VfB und sein Bekanntheitsgrad „sollten nicht durch leichtfertiges Handeln aufs Spiel gesetzt werden“, meinen Peter Hedrich und Walter Heimpel.