Ohne die Spielgemeinschaft VSG Bodensee gäbe es heute keine Volleyball-Bundesliga in Friedrichshafen. Wie kam es dazu, dass die 1972 erstmals aufs Spielfeld lief?
Das ist in einer Bierlaune nach dem Training in Langenargen entstanden. Wir spielten damals in der Oberliga, alle anderen Vereine drumherum darunter. Sollten wir die guten Spieler vom VfB Friedrichshafen, die damals in der Landesliga waren, Lindau und Kressbronn abwerben? Das haben wir nicht gemacht. Dafür kam Fritz Hensinger aus Langenargen auf die Idee, eine Spielgemeinschaft mit den besten Spielern aus diesen vier Vereinen zu gründen. Damit war die Zauberformel auf dem Tisch.
Klingt einfach…
War es aber nicht, weil es damals noch keine Spielgemeinschaften gab und der Volleyball-Landesverband Württemberg (VLW) die auch nicht wollte. Wir mussten alle vier Vereinsbosse und den Verband davon überzeugen. Beim VLW war Jörg Schwenk maßgeblich. Der spielte damals bei unserem ärgsten Widersacher TuS Stuttgart. Er wird es spätestens 1981 im Kampf um den Bundesliga-Aufstieg schwer bereut haben, dass er den Spielgemeinschafts-Paragrafen genehmigt hat. Ein Jahr lang haben wir argumentiert und gekämpft, bis die VSG 1973 mit behördlicher Genehmigung an den Start gehen durfte. Aber wir haben schon vorher mit der Spielgemeinschaft angefangen.

Die VSG Bodensee hatte damit das große Glück, die besten Spieler aus vier Vereinen am See in einer Mannschaft zu vereinen. Was war Ihr Ziel?
Wir wollten in die Regionalliga und damit den jungen, volleyballverrückten und guten Spielern die Chance bieten, auf hohem Niveau zu spielen. So stand es in unserer Satzung. Ich als Spielertrainer habe dem Ausschuss der vier Vereine vorgeschlagen, wer in der nächsten Saison bei der VSG spielen soll.
Das erste Jahr ist trotzdem schief gegangen und die VSG stand auf der Kippe…
Wir spielten gegen TB München um den Aufstieg in die Regionalliga und haben verloren. Einige der Leistungsträger hörten danach auf, Lindau stieg aus. Aber Roland Staiger, neuer Abteilungsleiter der VfB-Volleyballer, wollte nicht aufgeben, und von ihm habe ich mich anstecken lassen. Trotzdem stieg die Mannschaft erstmal ab, landete in der Verbandsliga. Aber dann wollten wir‘s wissen, bauten die VSG von unten auf, nur mit jungen Leuten. Kressbronn hatte fünf Jungs, die waren hervorragend, die Heimpel- und Zürn-Brüder und Dino Maier. Das war der Kern der neuen Mannschaft. Dazu Wolfgang Pakulat und Pipe Heublein vom VfB, Manfred Erhardt und ich als Spielertrainer vom TVL. Das war die VSG, die ohne Pause durchmarschiert ist bis zur Regionalliga. 1976, nur vier Jahre nach der VSG-Gründung, war das Ziel erreicht.
1981 stieg die VSG schon in die 1. Bundesliga auf. War das auch geplant?
Das war nicht unsere Absicht, und das war auch nicht geplant, obwohl ich Planungsingenieur bin (lacht). Mir glaubt bis heute keiner, dass wir den ehemaligen rumänischen Nationalspieler Gelu Stein 1976 nicht für viel Geld, sondern nur für einen Job vom TuS Stuttgart geholt haben. Der riss die Spieler mit. Damals war keiner Profi, wir waren Amateure, die Leistungssport gemacht haben. 1980 zweite Liga, ein Jahr später Aufstieg in die höchste Spielklasse. 700 von 800 Zuschauern in der Freiburger Halle im letzten Spiel waren Fans aus Friedrichshafen. Da war „Attacke“ schon unser Motto. Da entstand auch dieses historische Bild nach dem letzten Punkt von Roger Heimpel, der die Bundesliga-Weichen für Friedrichshafen gestellt hat. Dessen ist sich heute leider niemand mehr bewusst, der sich im Verein sonnt oder damit Geld verdient. Aber wir konnten in der 1. Liga nicht Fuß fassen, haben nur zwei Spiele gewonnen.

Warum ging die VSG 1984 im VfB Friedrichshafen auf?
1984 stiegen wir unter Marc Gerson, der eine unglaubliche Ausstrahlung hatte, zum zweiten Mal auf. Da waren wir plötzlich in aller Munde. Bis dahin hatte uns die Stadt nur Schwierigkeiten gemacht, hatte für uns nichts übrig. Aus der Sportförderung bekamen wir nichts. Nach dem Aufstieg sah das anders aus. Der Zeppelin-Konzern unter dem ersten Volleyballfan der Stadt, Willy Kaldenbach, bezahlte da schon seit geraumer Zeit unsere Trainer. Dann bot mir auch der ZF-Chef beim Mittagessen Sponsorengelder an. Die Stadt wollte der VSG aber nur Geld geben, wenn auch Kressbronn und Langenargen je ein Drittel übernehmen. Die wollten aber nicht. Deshalb wurde verlangt, die VSG beim VfB einzugliedern, obwohl wir diese Namenänderung nicht befürwortet haben. Aber so kam es. Zwei Jahre später war es dann vorbei mit dem Leistungsport auf Amateurbasis.
Was war anders, als der VfB noch in der Bodenseesporthalle gespielt hat?
In Deutschland gab es keinen zweiten Volleyballverein, der ähnlich viele Zuschauer hatte wie wir. Die haben sich in großem Maße mit den Spielern identifiziert. Fans und Mannschaft waren eine Einheit, die Spieler Teil der Stadt. Und da brauchte es noch keinen Einheizer oder Sprecher, damit Stimmung in die Halle kommt.

Was sind für Sie die eindrücklichsten Erinnerungen an die VSG-Zeit?
Natürlich das zweite Aufstiegsspiel gegen Sindelfingen 1984 in der Bodenseesporthalle. Ich musste die erste Videoübertragung in die Festhalle organisieren, weil der Zuschauerandrang so riesig war. 1:2 lagen wir zurück und haben das nach 209 Spielminuten für uns entschieden. Und dann unsere Reisen! Drei Wochen sind wir 1980 durch Brasilien getourt, haben gegen Top-Teams gespielt, weil ein volleyballverrückter Airline-Kapitän das für uns organisiert hat. Im letzten Spiel bei Flamengo Rio de Janeiro übernahm Gelu den Spielertrainerjob. Ich selbst war aber noch Teammanager.
37 Spieler gab es bei der VSG. Wie viele davon kommen am Freitag um 19 Uhr zum „Altstar“-Spiel beim VfB-Jubiläum in der Bodenseesporthalle?
Für meinen Geschmack zu wenige. Elf sind da, aber ich hätte zwölf gebraucht für zwei Sechserteams. Deshalb verstärken im ersten Satz „Die Girls“ die beiden Teams. Für den zweiten Satz hat Simon Tischer acht ehemalige VfB-Spieler mobilisiert, die mit den Spielern von VSG und GIRLS dann einen ständigen Wechsel am Aufschlag praktizieren. Diese jungen Volleyballrentner sind Spieler wie Burkhard Sude, Bobby Jalowietzky, Jochen Schöps oder Holger Kleinbub und natürlich er selbst. Ich hoffe, dass sich keiner verletzt.
Zu Person und Jubiläum
Peter Hedrich wurde noch zu Friedenszeiten in Glauchau in Sachsen geboren. Er studierte Schiffsmaschinenbau in Rostock und ab 1959 Fertigungstechnik in Aachen. 1971 zog der promovierte Ingenieur nach Mariabrunn und begann als Manager bei MTU. Mit ihm kamen Ehefrau Bärbel und die Töchter Katrin und Silke an den See. Alle drei waren später VfB-Spielerinnen, Bärbel sogar viele Jahre Volleyball-Abteilungsleiterin. In Aachen gehörte Peter Hedrich zum Team des früheren Deutschen Volleyballmeisters Alemannia Aachen, stand bis 1979 als Spielertrainer für die VSG Bodensee selbst auf dem Feld. Ab 1980 war er Teammanager. Peter Hedrich ist Senior-Chef seiner Consultingfirma für Brennstoffzellen-Technologie. Unter seiner Leitung wurde 1998/99 die erste Brennstoffzellenfabrik der Welt gebaut. (kck)
Geburtstagsfest heute: Seit 50 Jahren gibt es Volleyball beim VfB Friedrichshafen. Das soll am heutigen Freitag ab 18 Uhr in der Bodensee-Sporthalle gefeiert werden. Anlässlich des Jubiläums werden laut VfB-Mitteilung die „Altstars“ der VSG Bodensee um Spieler wie Thomas „Fuxi“ Fuchs, Volker „Heusche“ Pakulat sowie Walter und Werner Heimpel auflaufen.
Betreut von Peter „Doc“ Hedrich bekommen sie auf dem Feld Unterstützung von ehemaligen Spielern aus der jüngeren Vergangenheit rund um Simon Tischer sowie den „Girls“ um Susi Ailinger und Fritzi Jäger. Angekündigt haben sich dem Verein zufolge auch Holger Kleinbub, Bogdan Jalowietzki, Burkhard Sude, Rüdiger Bauer, Norbert Kunstek, Sebastian Schwarz, Jochen Schöps, Jovan Markovic, Max Günthör, Erich Voss, Stefan Bier, Dieter Maier, Istvan Csontos, Franz Steiner, Frank Schmidt und Ivan Strumienski.
Anschließend präsentieren die Häfler Volleyballer ihre Mannschaft für die Saison 2019/2020. Während die Profis, die in diesem Jahr von Michael Warm trainiert werden, ihre Trikots offiziell überreicht bekommen, werden die besten Nachwuchsspieler sowie die beste Nachwuchsmannschaft geehrt. Für das leibliche Wohl sorgen die Bluebears gemeinsam mit den Amateuren. Der Eintritt ist frei, Spenden gehen zu Gunsten des Fanclubs und der Nachwuchsarbeit im Verein.