Es ist eines der Themen, die in der Stadt derzeit wohl für die meisten Diskussionen sorgen: Die mögliche Teilrodung eines 3,5 Hektar großen Stücks des Seewaldes. Weil die beiden Firmen Liebherr-Aerospace und das Unternehmen Aerospace Transmission Technologies (ATT) ihre Standorte erweitern wollen, soll dafür Wald weichen, das sind 35 000 Quadratmeter – eine Fläche etwa so groß wie fünf Fußballfelder. Weichen müsste auch die Kleingartenanlage, die seit vielen Jahrzehnten auf einem Teil der Fläche beheimatet ist.

Seewald wird Thema im Gemeinderat
Wegen eines Antrages des Netzwerks für Friedrichshafen wird der Gemeinderat am kommenden Montag das Thema erneut behandeln. Schon im letzten Jahr befassten sich die Stadträte damit und beschlossen die Aufstellung eines Bebauungsplanes, um überhaupt Baurecht schaffen zu können. Seitdem wurden von der Stadtverwaltung zahlreiche Gutachten in Auftrag gegeben, etwa um die Folgen für die Umwelt, das Klima oder in Bezug auf Lärm und Verkehr einschätzen zu können – die Ergebnisse liegen aber frühestens im Frühjahr 2020 vor.
Nach Bekanntwerden der Pläne hatten sich 5050 Häfler sich an einer Unterschriftenaktion gegen die Planungen beteiligt. Auch die Kleingärtner starteten im Internet eine Petition, die den Erhalt des Seewaldes und ihrer Anlage zum Ziel hat. Im Kommunalwahlkampf war die mögliche Teilrodung ein wichtiges Thema. Quer über Parteigrenzen hinweg war man sich einig, dass der Seewald für die Stadt eine große Bedeutung hat.
Netzwerk fordert Alternativen
Im September beantragte das Netzwerk, dass der Gemeinderat die Aufstellungsbeschlüsse für das Gewerbegebiet Adelheidstraße Ost revidieren möge, um eine Teilrodung des Seewalds auszuschließen. „Die aktuelle Diskussion um den Klimaschutz verpflichten uns, Wälder zu erhalten und aufzuforsten“, heißt es im Antrag. „Der Seewald ist für uns nicht verhandelbar“, sagt Fraktionschef Jürgen Holeksa. Seine Fraktion ist der Meinung, dass die gewünschte Erweiterung von Liebherr und ATT auch auf bereits erschlossenen Grundstücken möglich wäre.
Offenbar tut sich etwas hinter den Kulissen. In der aktuellen Sitzungsvorlage heißt es: „Derzeit prüft die Firma Liebherr verschiedene Alternativen, die zu einer Eingriffsminimierung und damit einer eventuellen Vermeidung des Waldeingriffs und der Inanspruchnahme der Kleingartenflächen führen könnte.“ Diese Prüfung sei allerdings sehr komplex und könne noch Monate dauern. Tatsächlich wurde schon vor einem Jahr über Alternativen diskutiert. Es war Ulrich Heliosch von den Grünen, der damals vorschlug, sich die östlich gelegenen Nachbargrundstücke genauer anzuschauen. Denn direkt neben dem Gelände der beiden Firmen liegt der Aldi-Markt mit einem großen Parkplatz (siehe Grafik). „Man könnte doch auch überlegen, den Markt an einer anderen Stelle zu bauen, wo er besser erreichbar wäre“, so Heliosch im November 2018.
Alternative Aldi-Parkplatz
Ein weiteres Indiz dafür, dass sich etwas tut: Das Thema ist zuvor nicht-öffentlich sowohl im Finanz- und Verwaltungsausschuss als auch im Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt behandelt worden. „Wenn es um Grundstücksfragen geht, wird in nicht-öffentlicher Sitzung beraten“, erläutert Monika Blank, Pressesprecherin der Stadt. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, gibt es in der Verwaltung nun Anstrengungen, eine Alternative zu den in der Bevölkerung unbeliebten Rodungsplänen zu finden und die vorhandenen Flächen in die Überlegungen einzubeziehen.
Zudem schlägt die Verwaltung vor, die Option auf einen Grundstückserwerb am Flughafen um zwei Jahre zu verlängern. Für ihre Erweiterungspläne hatte den beiden Firmen die Stadt bereits ein 22 Hektar großes Stück Land an der Flughafenstraße reserviert. Weil es keine direkte Verbindung zu den bisherigen Firmensitzen gibt, sind Liebherr und ATT von dieser Möglichkeit nicht überzeugt.