Julian Singler

Autofahrer in ganz Deutschland ärgern sich dieser Tage, denn das Tanken wird gefühlt täglich teurer. Ein Liter Super kostet derzeit an Tankstellen in Friedrichshafen rund 1,60 Euro, Dieselfahrer müssen Preise um die 1,55 Euro pro Liter berappen, je nach Tageszeit. In den Nachbarländern dagegen sieht es anders aus. Rund 24 Cent pro Liter kostet der Superkraftstoff im österreichischen Bregenz weniger als in Friedrichshafen, in der Schweiz liegen die Preise nur leicht unter denen in Deutschland. Woran das liegt und was Verbraucher wissen müssen:

In Österreich kosten Diesel und Super viel weniger, als derzeit in Deutschland.
In Österreich kosten Diesel und Super viel weniger, als derzeit in Deutschland. | Bild: Mommsen, Kerstin

Lohnt es sich für Häfler Autofahrer, in Österreich zu tanken?

Professor Alexander Eisenkopf von der Zeppelin Universität (ZU) ist ein Gegner des Tanktourismus. "Die Straßen sind bereits voll, gerade in Richtung Bregenz herrscht regelmäßig viel Verkehr." Auch für die Umwelt sei die zusätzliche Fahrt schädlich, so Eisenkopf. Der Experte rät deshalb dazu, vorausschauend zu tanken. Dazu gibt es diverse Apps, die die Kraftstoff-Preise vergleichen und anzeigen, wo es gerade am günstigsten ist. Emin Akata, Vorsitzender des ADAC Ortsclubs in Friedrichshafen, teilt die Meinung von Alexander Eisenkopf. Er sieht keinen Sinn darin, allein für eine Tankfüllung eigens von Friedrichshafen nach Bregenz zu fahren. "Es fallen ja nicht nur Spritkosten an, sondern auch Abschreibung und Wartung des Fahrzeuges müssen berücksichtigt werden." Neben diesen tatsächlichen Kosten und den Auswirkungen auf die Umwelt spielt nach Ansicht von Akata auch der zeitliche Aspekt eine Rolle. Knapp 40 Minuten und 40 Kilometer sind für eine Strecke von Friedrichshafen nach Bregenz zurückzulegen – vorausgesetzt, es gibt gerade mal keinen Stau. Reimund Elbe, Sprecher des ADAC Württemberg, rät Autofahrern, die anstehende Wintersport- und Weihnachtsmarkt-Saison mit dem Tanken zu verbinden. "Der optimale Sparfuchs fährt den Tank soweit leer, dass er bei einem Besuch in Österreich auch gleich von den niedrigeren Kraftstoffpreisen profitiert und volltankt."

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Wir rechnen vor:

Wer 40 Liter tankt, kann bis zu zehn Euro pro Tankfüllung sparen.

Dieselfahrer zahlen in Österreich rund 55 Euro, in Deutschland rund 62 Euro. Ersparnis: 7 Euro. Autofahrer, die Super benötigen, können bis zu zehn Euro sparen.

Dabei nicht berücksichtigt sind aber die allgemeinen Kosten für Versicherung, Steuer, Kredit, Wertverlust oder Reparaturen, die laut ADAC zwischen 30 Cent (Kleinwagen) und 90 Cent (Oberklasse) pro Kilometer inklusive Treibstoffkosten betragen. Hin- und Rückweg nach Bregenz sind 80 Kilometer, für jeden Kilometer entstehen mindestens 30 Cent Kosten, in Summe 24 Euro.

Ergebnis: Dieselfahrer, die nur zum Tanken 40 Kilometer weit fahren, sparen nichts, sondern haben insgesamt einen Nachteil von 17 Euro. Wer Super tankt, macht 14 Euro Miese. Nur wer sowieso nach Österreich fährt, profitiert also von den günstigen Spritkosten.

Zum Sparen ist Österreich für Häfler Autobesitzer zu weit entfernt. Denn nicht nur der reine Spritpreis spielt eine Rolle – auch die ...
Zum Sparen ist Österreich für Häfler Autobesitzer zu weit entfernt. Denn nicht nur der reine Spritpreis spielt eine Rolle – auch die allgemeinen Kosten müssen mit eingerechnet werden. Und dann wird aus dem vermeintlichen Schnäppchen schnell ein Minusgeschäft. | Bild: dpa/Tobias Hase

Warum ist das Tanken in Deutschland derzeit so viel teurer als in Österreich?

Alexander Eisenkopf zufolge liegt das vor allem an den steuerlichen Unterschieden zwischen den beiden Ländern. Nach Angaben des Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touring Club liegt die Mineralölsteuer für einen Liter Diesel bei 39,7 Cent. Bei einem Liter Benzin werden im Nachbarland 48,2 Cent fällig. Deutlich höher liegt diese Verbrauchssteuer in Deutschland, wie die Angaben des Automobilclubs Deutschland zeigen. Bei einem Liter Benzin beträgt die Abgabe 65,45 Cent, das sind 17,25 Cent mehr als in Österreich. Ein Liter Diesel kostet hierzulande 7,34 Cent pro Liter mehr, also 47,04 Cent. "Das Tanken in Österreich lohnt sich für Benzinverbraucher noch mehr als für Dieselnutzer", schlussfolgert Eisenkopf. Neben den steuerlichen Unterschieden ist, so Eisenkopf, auch die Wettbewerbsstrategie der Tankstellenbetreiber ein Grund. Je weiter der Autofahrer nach Österreich hineinfahren würde, desto ähnlicher seien die Kraftstoffpreise im Vergleich zu Deutschland. "Die Tankstellen-Situation an der Landesgrenze verzerrt das Gesamtbild", sagt der Professor. Während in Deutschland die Preise zudem den ganzen Tag über verändert werden können, darf in Österreich laut Spritpreisverordnung nur einmal täglich, um 12 Uhr, eine Preiserhöhung durchgeführt werden. Preissenkungen dagegen sind jederzeit möglich.

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Welche Rolle spielt das derzeitige Niedrigwasser im Rhein bei der Preisgestaltung?

Der Rhein ist der zentrale Lieferweg für die Versorgung der Mineralölunternehmen, daher ist der derzeitige niedrige Pegelstand auch ein Hauptgrund für die steigenden Spritpreise, obwohl Rohöl zuletzt günstiger wurde. Alexander von Gersdorff, Pressesprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) dazu: "Wegen des Niedrigwassers können die Schiffe viel weniger Ladung transportieren, weshalb ein Engpass vorliegt. Das Umsteuern der Fracht auf Straße oder Schiene führt zu längeren Transportwegen und höheren Kosten."
ZU-Professor Eisenkopf sieht die Erklärung des MWV kritisch: "Ich würde sagen, der Preis ist zurzeit 20 Cent zu hoch. Die Situation im Rhein kann nicht allein Schuld sein. Dem Verbraucher soll so Sand in die Augen gestreut werden."

Wie sehen die Preise in anderen europäischen Ländern aus?

Der ADAC weist darauf hin, dass es wie in Deutschland auch im europäischen Ausland erhebliche regionale Unterschiede bei den Spritpreisen geben kann. Nach ADAC-Angaben vom Oktober ist Superbenzin in Polen (1,19 Euro/Liter) am günstigsten. Danach folgen Luxemburg (1,24 Euro/Liter), Tschechien (1,28 Euro/Liter), Österreich (1,34 Euro/Liter) und Spanien (1,34 Euro/Liter). Deutschland ist zusammen mit Frankreich (je 1,56 Euro/Liter) am hinteren Ende der Rangliste zu finden. Auch die Schweiz ist mit 1,50 Euro/Liter vergleichsweise teuer. Tanken in Italien (1,66 Euro/Liter) und den Niederlanden (1,76 Euro/Liter) ist noch teurer als in Deutschland.

Ist in Deutschland ein Ende des teuren Tankens in Sicht?

Nein, so die Einschätzung von MWV-Sprecher Alexander von Gersdorff. "Die Situation bleibt angespannt. Nur mit viel Regen wird sich der Rheinpegel wieder normalisieren.