Während die Louisville Boppers mit knackigem Rockabilly das Amicus zum Tanzen bringen, betört im Kasernenhof Jil Pappert ihre Zuhörer mit melancholischer Sprachakrobatik. Im "Classic Café" geben sich Nick Dodds und Elias Sedlmayer dem dunkelschönen Zauber einer Sonate für Geige und Klavier von Brahms hin, gefolgt vom Zeppelin Ensemble: Sechs Klarinetten lassen sich von Gitarre und Cajon entspannt durch Jazz-Klassiker begleiten.
Nur gejodelt hat niemand. Von Trompetenquartett bis Tango, von Hardrock über Hip Hop bis zum Holzbläserquinett, von Folklore über Filmmusik zu Funk – es gibt fast keine Musikrichtung, die bei der "Langen Nacht der Musik" im Fallenbrunnen in Friedrichshafen nicht vertreten war. "Halleluja", singt der Männerchor Fischbach, mit knackigen Akzenten und über die Breite der Männerstimmen verteilten Rollen. Stücke wie "O happy day" begleitet Pianist Jürgen Jakob mit Jazzeinlagen am Klavier. "Ich habe mich über die Einladung ein wenig gewundert und angerufen, ob das ein Versehen ist. Aber ich habe mich überzeugen lassen, dass wir hier genau richtig sind", sagt Dirigent Erich Hörmann. Der Applaus gibt ihm recht: Jedes Lied wird begeistert bejubelt, vor allem, als die Männer "The Lion sleeps tonight" mit Urwaldgeräuschen einleiten.

ZU-Studenten organisieren
Bei der langen Nacht der Musik spielen 22 Ensembles auf vier Bühnen und nachher noch Rap und Klassik auf der "Open Stage". Ein Organisationsteam aus Studenten der Zeppelin-Universität (ZU) hat diesen besonderen Tanz in den Mai organisiert und Musiker vom Grundschul- bis ins Rentenalter eingeladen. "Junge Leute, die etwas bewegen wollen und die Bürger der Stadt einladen, das ist für eine Stadt ganz wichtig", sagt Katharina Ess, Geschäftsführerin des Bodenseefestivals, in ihrem Grußwort.
Jung sind auch viele Musiker: Wenn die Schülerband des Karl-Maybach-Gymnasiums "It's been a hard day's night" spielt, sitzt die Vierklässlerin Maja Knesevic am Bass. Später wechselt sie zu den Geigen ins Jugendsinfonieorchester. Das hat unter der Leitung von Andres Schreiber ein Programm aus Pop- und Filmmusik zusammengestellt. Sie stürmen mit Temperament durch "Zoosters Breakout", in der Titelmelodie zu "Star Wars" künden Flöten von den Weiten des Weltalls, Trompeten schießen scharf gegen die dunkle Macht von Pauke und Posaunen. Zwischen drei Schlagzeugen und einem E-Bass grüßt James Bond dem dämonischen Treiben des "Goldfingers" und schließlich liefert die Piccolo-Flöte ein fulminantes Tänzchen zu "Lord of the Dance". Einziges Handicap ist der Wind, der immer wieder die Noten von den Ständern zu wehen droht. Die Jugendlichen helfen sich mit Wäscheklammern und Haarspangen. "Vom Winde verweht spielen wir heute nicht", kommentiert Schreiber und hält Orchester und Musik mit energischen Bewegungen zusammen.

Die nächste Generation tupft als Trompetenquartett eine barocke Canzona von Giovanni Gabrieli ineinander oder wärmt die Hauptbühne vor. Mit "Uptown Funk" bringt die ZU-Hochschulband Luftschiffkapelle einen Saal voll Kommilitonen zum Brodeln, präsentiert ihre Version von "Nature Boy" und fetzt durch Soli mit Jazzgeige.
Als "Main Act" haben die Organisatoren "Maeckes und die Katastrophen" eingeladen – Deutsch-Rap der nachdenklichen Art. Im weißen Anzug mit perfekter Frisur singt er über Selbst- und Fremdbilder, über Grenzen zwischen innen und außen und als er fragt: "Wie kannst du mich denn so fehlerhaft wie ich bin lieben", singen alle mit. Als "Partypriester" erscheint der Gitarist in schwarzer Kutte und Leuchtkreuz auf der Brust. "Kein Bock, kein Spaß, Langeweile, kein Interesse" intoniert Maeckes – und der Priester fordert: "Auf die Knie!" Das Publikum gehorcht und tanzt weiter. Schließlich ruft Maeckes "Danke,

Friedrichshafen!"
Für andere, wie "Down with the Gypsies" mit ihrer Mischung aus Folk und psychodelischem Rock fängt die Nacht jetzt erst an.