Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin hat viele Fragen an die Stadt. Fragen, deren Antworten seiner Meinung nach in Akten im Rathaus schlummern, die er aber nicht einsehen dürfe. Er will zum Beispiel wissen, wie die Stadt reagierte, als er 1982 beim Landesinnenministerium schon einmal den Antrag gestellt hatte, die Zeppelin-Stiftung zu restituieren. Oder warum das Vermögen der Stiftung vor über 70 Jahren auf die Stadt übertragen wurde, ohne die Stiftung vorher zu liquidieren, wie es das Gesetz eigentlich vorsah.
Der Urenkel des Stiftungsgründers sagt, dass er die Antworten auf diese und weitere Fragen einfordert, um seine Klage gegen das Land Baden-Württemberg mit den entsprechenden Dokumenten zu begründen. Er sagt, dass die Zeppelin-Stiftung 1947 zu Unrecht aufgehoben und der Stadt übertragen wurde.
Fünf Klagen auf Akteneinsicht anhängig
Allein um die Akten der Stiftung vollumfänglich einsehen zu dürfen, hat Graf von Brandenstein-Zeppelin beim Verwaltungsgericht Sigmaringen fünf Klagen gegen die Stadt eingereicht. Mitte Juli habe er Oberbürgermeister Andreas Brand vorgeschlagen, diese Klagen fallen zu lassen, wenn er endlich die gewünschte Einsicht bekomme. Die Anwälte der Stadt hätten aber mitgeteilt, dass ihm angeblich alle im Stadtarchiv vorhandenen und für den Rechtsstreit relevanten Akten bereits zugänglich gemacht worden seien.
Das bestätigt die Stadt gestern in einer Pressemitteilung. Alle „konkret benannten Akten“ hätten die Kläger zur Einsicht bekommen, sagt Monika Blank, Sprecherin der Stadtverwaltung. Dabei geht es um den historischen Aktenbestand, der sich auf zwölf Regalmetern im Stadtarchiv stapelt, der ohnehin öffentlich zugänglich ist.
Stadt: Unklar, was Kläger sehen will
Aber: Eine Einsicht in alle Akten der Stadt zur Zeppelin-Stiftung, wie sie Brandenstein-Zeppelin fordere, sei nicht möglich. Monika Blank begründet das so: „Die Stadtverwaltung verfügt über mehr als einen Kilometer Aktenbestände zur Zeppelin-Stiftung, die viele persönliche Daten von Friedrichshafener Bürgern und Unternehmen enthalten.“ Für eine Einsicht hier sei eine Konkretisierung durch die Kläger notwendig. Diese Akten müssten dann einzeln geprüft werden, um alle Vorgaben des Datenschutzes einzuhalten. Weiterhin sei völlig unklar, welche Informationen die Kläger noch haben wollen.
Stadt will nicht ausgeforscht werden
„Die Argumente der Stadt Friedrichshafen sind beim besten Willen nicht nachvollziehbar“, sagt Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin. Die Akten im Stadtarchiv habe er eingesehen. Die dort gefundenen Hinweise hätten den Eindruck verstärkt, dass die Stadt in mehreren eigenen Gutachten und Stellungnahmen selbst festgestellt habe, dass sie unrechtmäßig Trägerin der Zeppelin-Stiftung ist. „Die historischen Akten, aus denen das mit großer Wahrscheinlichkeit deutlicher hervorgeht, werden im Rathaus gelagert“, erklärt von Brandenstein-Zeppelin ebenfalls in einer Pressemitteilung. In genau diese Akten würde er gern Einblick nehmen, „und zwar umfänglich und ohne vorherige Selektion durch die Stadtverwaltung“.
Diese Haltung decke sich mit der bereits einmal geäußerten Sorge seitens der Stadt, sie könne „ausgeforscht“ werden. „Wenn die Rechtsposition der Stadt angeblich so sicher ist, was gibt es da unter Verschluss zu halten, was gibt es da zu verstecken“, fragt Brandenstein-Zeppelin. Er und sein mit ihm klagender Sohn Frederic hätten sich mittlerweile an den Datenschutzbeauftragten des Landes gewandt und um Unterstützung gebeten. Die Stifterfamilie werde nichts unversucht lassen, um die Stadtverwaltung „zu der vollständigen Transparenz zu bringen, zu der sie gesetzlich verpflichtet ist“, so Brandenstein-Zeppelin. Deshalb bleibe es auch bei den bei Gericht anhängigen Klagen um Akteneinsicht.
Verfahrensstand
Am 26. Juni sollte vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen zunächst die Frage mündlich verhandelt werden, ob die Stifterfamilie das Recht hat, gegen die 1947 aufgehobene Zeppelin-Stiftung zu klagen. Die Verhandlung fand wegen gesundheitlicher Gründe eines Anwalts der Klägerseite nicht statt. Daraufhin hatte das Regierungspräsidium Tübingen bei Gericht ein Urteil ohne mündliche Verhandlung angeregt, teilt die Stadt mit. „Ein Urteil im schriftlichen Verfahren kommt für uns als Kläger nicht in Frage“, erklärt Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin dazu. So bleibt es bei der mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2020. (kck)