Vor dem Amtsgericht Tettnang musste sich eine 37 Jahre alte Frau verantworten. Ihr wurde vorgeworfen, ihren Ehemann am 18. November 2023 zunächst in der gemeinsamen Wohnung eingesperrt und später geschlagen und getreten zu haben. Der Tatabend hatte seinen Ursprung in einem eskalierten Streit des Ehepaars, der schließlich in der Wohnung einer Dritten gipfelte.
Streit nach Anruf eskaliert
Laut Anklage geriet das Ehepaar in der gemeinsamen Wohnung in einen heftigen Streit, nachdem der 36-jährige Ehemann einen Anruf von einer 27-jährigen Bekannten erhalten hatte. In der Folge soll die Angeklagte die Wohnungstür abgeschlossen haben, sodass der Ehemann über ein Fenster fliehen musste. Anschließend sei er zur 27-Jährigen gefahren, wohin ihm die Angeklagte gefolgt sei. In deren Wohnung soll sie den Mann körperlich attackiert haben. Dabei erlitt er unter anderem eine blutige Nase.
Zu Prozessbeginn ließ die Angeklagte über ihren Verteidiger mitteilen, dass sie keine Angaben zur Tat machen werde. Auch der erste Zeuge, ihr Ehemann, machte von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und äußerte sich nicht.
Zeugin beschreibt chaotische Szenen
Die zweite Zeugin, die 27-jährige Bekannte des Ehemanns, sagte aus, sie habe zum Zeitpunkt der Tat täglich mit ihm telefoniert. In diesen Gesprächen habe sich der Mann regelmäßig über seine Eheprobleme beklagt und mehrfach geäußert, er wolle „nicht mehr leben“.
Die 27-jährige Bekannte des Ehemanns schilderte den Tathergang aus ihrer Sicht. Sie habe den Mann versehentlich angerufen, als sie den Müll von ihrer Wohnung runter brachte. Er habe daraufhin zurückgerufen, sichtlich aufgebracht, reagiert und erklärt, er sei aus dem Fenster gesprungen, weil die Tür abgeschlossen gewesen sei. Sie habe ihn aus Mitleid zu sich eingeladen. Kurz nachdem er in ihrer Wohnung angekommen war, habe sie sich jedoch unwohl gefühlt und sei zu einer Nachbarin gegangen, um Hilfe zu holen – die Wohnungstür habe sie offengelassen.
Nur wenige Minuten später habe sie Schreie im Treppenhaus gehört. Als sie zurückkam, habe sie den 36-Jährigen mit blutender Nase und blutverschmiertem T-Shirt im Flur gesehen. Die Angeklagte selbst habe sie an diesem Abend nicht zu Gesicht bekommen. Von dem Mann erfuhr sie später, dass die Verletzungen auf eine Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau zurückzuführen seien. Die Wohnung sei im Flur und Wohnzimmer blutverschmiert gewesen.
Genaue Details zur angeblichen Auseinandersetzung konnte die 27-Jährige nicht beisteuern. Sie wiederholte lediglich das, was ihr im Nachhinein erzählt worden sei: Demnach sei der Ehemann mit Fäusten und Knien attackiert worden.
Nachbarin wird Augenzeugin
Eine weitere Zeugin, eine 31-jährige Nachbarin, schilderte, dass sie die Angeklagte an jenem Abend vor dem Hauseingang gesehen habe. Da sie ungern Fremde ins Haus lasse, habe sie zunächst im Auto gewartet, sei dann aber doch ins Haus gegangen. Die Angeklagte habe sie angesprochen, den Spitznamen der 27-Jährigen genannt und angegeben, zu ihr zu wollen. Aus Misstrauen sei die Zeugin ihr mit einigem Abstand ins obere Stockwerk gefolgt, wo beide wohnen.
Als sie ankam, habe sie die Ehepartner im Flur der Wohnung der 27-Jährigen am Boden ringen sehen. Die Tür stand demnach offen. Die Angeklagte habe sie mehrfach rufen gehört: „Mit ihr betrügst du mich also.“ Daraufhin habe die Zeugin geschrien, um die Auseinandersetzung zu unterbrechen. Wer in dem Gerangel angreifender oder sich verteidigender Part war, könne die Zeugin nicht mit Sicherheit sagen. Sie habe jedoch gefragt, ob sie Polizei oder Notarzt rufen solle. Nur der Ehemann habe reagiert und darum gebeten, die Polizei zu verständigen. Die Nachbarin ging daher davon aus, dass er das Opfer war.
Später habe er ihr erzählt, dass er auf dem Sofa saß, als seine Ehefrau ihn angriff und ihn mit dem Ellenbogen auf die Nase geschlagen haben soll. Weitere sichtbare Verletzungen habe sie nicht festgestellt. Beide Eheleute seien ihr vor dem Vorfall unbekannt gewesen.
Verfahren gegen Geldauflage eingestellt
Ein weiterer Zeuge, ein Polizist, der den Ehemann am Abend der Tat vernommen hatte, wurde nicht mehr angehört. Da dieser ohnehin keine Aussage machte, hätte die richterliche Befragung deutlich mehr Aufwand bedeutet.
Im Laufe des Verfahrens zeigte sich, dass das Ehepaar sich offenbar wieder versöhnt hatte. Schon vor Prozessbeginn erschienen beide gemeinsam vor Gericht. Auch der Verteidiger betonte die Einigung zwischen den Eheleuten. „Beide wollen Ruhe von dem Prozess haben“, erklärte er.
Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft schlug Richter Widmann eine Verfahrenseinstellung nach § 153a Absatz 2 StPO vor. Die Staatsanwaltschaft und die Angeklagte stimmten dem Vorschlag zu. Da die 37-Jährige nur in Teilzeit arbeitet, wurde eine Geldauflage in Höhe von 750 Euro verhängt, die an die Hilfsorganisation für Frauen und Kinder in Not in Ravensburg gezahlt werden muss. Damit wurde das Verfahren vorläufig eingestellt.