Bedächtig hebt Hermann Burger die Kaffeetasse: „Nein, Champions League ist kein Traum. Noch lange gesund zu bleiben, das wäre ein Traum“, sinniert der pensionierte Lehrer aus Rickenbach. Und beim Absetzen der Tasse zittert die Hand Burgers, der kürzlich seinen 80. Geburtstag feierte: „Ich geb‘s ja zu – etwas angespannt bin ich schon.“
Angespannt ist leicht untertrieben. Hermann Burger kann es kaum erwarten, mit seiner Dorle zum entscheidenden SC-Spiel nach Freiburg zu fahren. So, wie es die Burgers seit über 30 Jahren tun – bei fast allen Heimspielen.
Eine Unterkunft in Freiburg
Das Ehepaar hat ein Domizil im Stadtteil Stühlinger, hier steigt Hermann Burger samstags in die Straßenbahn, fährt entspannt zum Stadion: „Es war die Studentenbude unserer Söhne Marc und Thorsten. Weil sie mit ihren Familien in Freiburg leben, ist es für uns ideal. Nicht nur wegen des Fußballs, sondern auch, um die Enkel oft zu sehen“, erzählt Dorle, die übrigens nie mit ins Stadion geht: „Es interessiert mich schon auch, aber ich höre mir das lieber am Radio an.“
Bei Auswärtsspielen hört Hermann Burger mit, hält sich aber die Ohren zu, wenn Ergebnisse gemeldet werden: „Ich brauche Spannung bis zur Sportschau“, lacht er. Viel lieber sitzt er jedoch im Stadion. Die Dauerkarte hat er seit der Saison 1994/95: „Im alten Stadion, das ich immer noch vermisse, war ich anfangs auf der Ost. Den Styropor-Klotz, auf dem ich immer stand, fand ich erst vor ein paar Tagen im Schuppen“, grinst der 1,67m große Edelfan: „Wie ich den Sitzplatz auf der Südtribüne bekam, brauchte ich den natürlich nicht mehr.“
Freundschaften im Stadion
Die „Süd“ wurde sein zweites Wohnzimmer. „Viele Spiele habe ich in 30 Jahren nicht versäumt“, erzählt der Pensionär von Freundschaften, die im Stadion entstanden sind: „Mit den Sitz-Nachbarn treffen wir uns öfter zum Essen.“ Ins neue Stadion ging die Gruppe gemeinsam: „Wir sitzen jetzt alle wieder zusammen im Block.“
So auch beim Krimi gegen Eintracht Frankfurt: „Die lagen uns früher. Wir gewinnen knapp 1:0“, glaubt Burger nicht ans Nervenflattern wie gegen Bayer Leverkusen: „Das 2:2 war ärgerlich. Ich dachte aber, dass es schon reicht, wenn sie in Kiel gewinnen. Der Dortmunder 4:2-Sieg in Leverkusen war für mich wie ein Schock.“
Aus der Enttäuschung wurde Optimismus: „Wir müssen zwar siegen, um es zu schaffen. Doch was haben wir zu verlieren? Die Europa League ist sicher“, sieht er den Druck bei der Konkurrenz.
„Dass wir im letzten Spiel die Chance auf die Champions League haben, hätte ich nie gedacht“, zollt Burger, stolze 41 Jahre beim FC Bergalingen als Jugendleiter aktiv, Team und Trainer großen Respekt: „Tatsächlich hätte ich lieber Thomas Stamm, der mit Dynamo Dresden in die 2. Liga aufsteigt, als Streich-Nachfolger gesehen. Aber nun ziehe ich den Hut vor Julian Schusters Arbeit.“
Früchte dieser Arbeit will auch Hermann Burger, als Student oft im Möslestadion als treuer Fan des Freiburger FC, ernten: „Ich sehe mich schon das Ticket-Paket für internationalen Spiele kaufen. Vielleicht spielen ja bald der FC Barcelona oder Real Madrid hier...“