Stufen führen in den See. An heißen Tagen verführt die Freitreppe regelrecht zu einer erfrischenden Stippvisite. Baden dürfen hier allerdings nur Wasservögel. Menschen untersagt es die Polizeiverordnung entlang der Ufer- und Seestraße sowie entlang der Hafenanlagen – und das mindestens seit zehneinhalb Jahren, die gültige Fassung des Regelwerks ist seit dem 1. Dezember 2005 gültig. Das Verbot war jedoch vielen neu, wie eine SÜDKURIER-Umfrage ergab. Leserbriefe sowie Kommentare auf SÜDKURIER Online und Facebook zeigen: Dieser "alte Hut" bewegt.
Was steckt im Bereich Freitreppe und Beach-Club hinter dem Verbot? „Weil sicher wieder alles ausartet wie überall", lautet eine Vermutung via Facebook. "Da würden sie mit Handtüchern, Sonnenschirmen, Schlauchbooten, (…) baden gehen. Toller Anblick an der Promenade.“ Am Anblick stört sich auch eine Nutzerin, die während des Kaffee-Genusses im Beach-Club nur ungern von „lauter Halbnackerten“ umgeben ist. In Langenargen, wo das Schwimmen im Bereich des Seeparks nicht explizit verboten ist, führt der Anblick badender und "lagernder" Menschen häufig zu Kritik seitens Einheimischer und Touristen, wie Marcel Vieweger vom dortigen Amt für öffentliche Ordnung und Sicherheit schildert. Die Häfler Stadtverwaltung beantwortet die Frage ausschließlich mit Sicherheitsgründen. Andrea Gärtner, Pressesprecherin der Stadtverwaltung, führt auf Nachfrage aus: "Sicherheitsaspekte können beispielsweise die vielen Tretboote oder auch Elektroboote sein, die im Gondelhafen ausgeliehen werden können. Die Boote sind meist auch in diesem Bereich unterwegs." Hierdurch sowie durch von großen Schiffen oder dem Katamaran verursachten stärkeren Wellengang könne es zu kritischen Situationen für Schwimmer kommen.
Längst nicht jeden irritiert das Verbot. „Wenn’s mir im Sommer heiß ist und ich grad einen See neben mir hab, geh ich auch rein“, lautet etwa ein Kommentar auf Facebook. Könnten Schilder Abhilfe schaffen? Anders als etwa zum Fütterungsverbot für Wasservögel oder dem Radfahrverbot auf der Promenade ist zum Badeverbot weit und breit keines zu entdecken. Der Standpunkt der Stadtverwaltung: Mit der Veröffentlichung der Polizeiverordnung gilt das darin geregelte Badevebot und es muss für dessen Wirksamkeit nicht noch einmal gesondert darauf hingewiesen werden. Im Übrigen, so weist Gärtner hin, besage auch die Bodenseeschifffahrtsordnung, dass im Umkreis von 100 Metern um Hafenanlagen und Landesstellen der Fahrgastschifffahrt das Baden verboten ist. „Verbotsschilder würde nichts nützen“, lautet eine Vermutung im Internet: „Hält sich ja eh niemand dran – genau wie ans Radfahrverbot.“
Überlegungen, die Polizeiverordnung neu zu fassen oder Änderungen vorzunehmen, gibt es der Stadtverwaltung zufolge aktuell nicht. Zum Baden verweist Andrea Gärtner auf die Frei- und Strandbäder sowie das Freizeitgelände in Manzell. Vorerst werden an der Freitreppe also höchstens die Füße erfrischt, bevor es die Stufen wieder hinaufgeht – zumindest offiziell.
Das sagt das Gesetz
Der Gebrauch oberirdischer Gewässer zum Baden, Schöpfen mit Handgefäßen, Tränken und zu ähnlichen unschädlichen Verrichtungen ist nach Paragraf 20 des Wassergesetz für Baden-Württemberg (WG) und Paragraf 25 des Wasserhaushaltsgesetz (WHG) grundsätzlich als Gemeingebrauch jedermann gestattet, erklärt Simon Kistner, Pressesprecher des Regierungspräsidiums Tübingen. Die Ausübung des Gemeingebrauchs könne aber mittels Rechtsverordnung oder Verfügung speziell geregelt, beschränkt oder ganz verboten werden, wenn dies aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Ordnung des Wasserhaushalts, der Sicherstellung der Erholung, des Schutzes der Natur oder der Abwehr von Gefahren für die öffentlich Sicherheit oder Ordnung geboten ist (Paragraf 21, Absatz 2, Nr. 1, WG). Aus denselben Gründen kann nach Paragraf 21, Abssatz 2, Nr. 2 WG das Verhalten im Uferbereich allgemein geregelt werden. Zuständig hierfür ist entweder das Landratsamt Bodenseekreis als Wasserbehörde oder die jeweilige Gemeinde als Ortspolizeibehörde.