‚Wetten, dass...?‘, live aus Friedrichshafen: Darauf ist Stefan Keller besonders stolz. Dass das Fernseh-Großereignis hier stattfinden kann, ist insbesondere dem speziellen Rautentragwerk der Holzdecke der Messehalle A1 zu verdanken. Mit einer Spannweite von 67 Metern kann sie 56 Tonnen tragen. Das ist Voraussetzung.
Dazu kommt der Boden: Wie eine Bundesstraße ausgekoffert, verdichtet und geteert, nimmt er auch das Gewicht eines 60-Tonnen-Lastwagens nicht übel. Nicht nur hier hat die Messe neue Standards gesetzt. „Unsere Messe spielt in der Bundesliga“, sagt Bauingenieur Keller. Und gemessen an der Fläche liege sie bundesweit auf dem zehnten Platz.

650 Kilometer Sicherheitskabel
Der Stolz auf sein „Wohnzimmer“ ist Stefan Keller anzusehen, als er eine Gruppe von SÜDKURIER-Lesern im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Der SÜDKURIER öffnet Türen“ über das Gelände führt. Und die Gewinner zeigen Interesse an den vielen Details, die es hier zu erwähnen gibt.

Claudia und Sammy Köhler arbeiten bei der Bahn, sie im Stellwerk, er als Lokführer. Dass ihre Tochter eine Schwäche für Modelleisenbahnen hat, sollte also nicht überraschen. Claudia Köhler liest den SÜDKURIER digital. Als sie das Gewinnspiel sah, habe sie sofort mitgemacht. Doch nicht nur an der Messe Faszination Modellbau, die am Tag nach der Führung beginnt und für die die Gewinner der SÜDKURIER-Aktion zudem Karten erhalten haben, ist die Häflerin interessiert.
Als Keller die Gruppe unter das Messegelände führt, fällt Köhler durch Fachwissen auf. 1,2 Kilometer lang ist der unterirdische Medienkanal, in dem alle Kabel und Leitungen zu den Hallen laufen. Als Keller nach der Länge der roten Sicherheitskabel fragt, schaut er in ratlose Gesichter. Nur die Bahnmitarbeiterin kommt der richtigen Antwort verblüffend nah. Tatsächlich sind davon 650 Kilometer verlegt.

Ein paar Meter weiter weist Keller auf ein Stromkabel hin, das 2002 extra für ein Konzert von Herbert Grönemeyer eingezogen werden musste. Durch dieses Kabel fließe so viel Strom, erklärt er, dass man den Durchfluss inklusive seiner Richtung in der Hand spüren könne. Als elektrotechnischer Ingenieur zeigt sich Teilnehmer Rolf Briddigkeit hier unten besonders inspiriert.
Die größten Notausgangsschilder aller Messen
Zurück im Tageslicht geht es in die Halle A2. Hier wird am Donnerstag noch der Beginn der Messe am Freitag vorbereitet. Für den Veranstalter würden 1200 Stühle, 300 Konferenz- und 680 Biertische geliefert, zudem müssten 550 Absperrgitter an den richtigen Ort, erklärt Keller. Das braucht Personal.
Dieter Nebel aus Meersburg ist beeindruckt: „An solche Dinge denkt man gar nicht, wenn man über die Messe geht“, sagt er. Auch nicht darüber, warum jene in Friedrichshafen die größten Notausgangschilder aller Messen in Deutschland hat. Keller, der sein „Baby“ von der Planung bis zum heutigen Tag nicht aus den Augen gelassen hat, klärt auf: „Wir haben keine Sprinkler-Anlage.“ Dank der Riesenschilder seien die Hallen aber im Ernstfall sekundenschnell leer. Ähnlich spannend ist das 22,5 Meter breite Tor von Halle A3. Es läuft auf Schienen und muss mit Gabelstaplern aufgeschoben werden, wenn ein Flugzeug für die Aero in die Halle soll.

Nachhaltigkeit rückt in den Fokus der Messe
Und wo wird für frische Luft und Wärme gesorgt? Wie die Beleuchtung sind auch Lüftungs- und Heizanlage dezentral konzipiert. So lässt sich Energie sparen, wenn man nur eine Halle braucht. Das Thema Nachhaltigkeit rückt zunehmend in den Fokus der Messe.

Die Gasheizung wurde während der Messe Pferd Bodensee noch nicht in Betrieb genommen und bald soll Photovoltaik einen Beitrag zum Energiemanagement leisten. Auch auf Läufer in den Gängen, einst eine Art Statussymbol, wird verzichtet. Weniger Müll und weniger Kosten. Die etwa 60.000 Euro sind an anderer Stelle besser investiert.
Klaus Steinlein aus Bermatingen sagt nach eineinhalb Stunden geballter Information: „Ich werde zukünftig mit ganz anderen Augen auf diese Messe schauen.“