Die große Militärmaschine ist bereits über der Drop Zone in Mengen, als der Pilot die A400M plötzlich wieder beschleunigt und abdreht. Oberstleutnant Markus Rother schüttelt den Kopf. „Das wird heute nichts“, sagt er. Das Flugzeug, in dem rund 50 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sitzen, kehrt zum Bodensee-Airport in Friedrichshafen zurück und landet dort wenige Minuten später.
Geplant war eine als Sprungdienst bezeichnete Übung des Pfullendorfer Ausbildungszentrums Spezielle Operationen. Die Fallschirmspringer müssen Absetzungen wie diese mindestens viermal im Jahr absolvieren, um ihre Lizenz zu behalten. Für die Aktion sollten die Soldatinnen und Soldaten aus 390 Metern Höhe über dem Flugplatz in Mengen abspringen und in der Drop Zone landen. Doch das Wetter spielt nicht mit.
Zurück am Boden erklärt Markus Rother, was los war. „Wir waren schon im Anflug. Doch ausgerechnet dann ist die Wolkendecke wieder zugezogen“, sagt der Oberstleutnant. So seien die Sichtverhältnisse zu schlecht gewesen. Aus Sicherheitsgründen konnten die Soldatinnen und Soldaten daher nicht springen. Schon zuvor hatte sich der Start der Maschine witterungsbedingt immer weiter verzögert. „Wir brauchen freie Sicht auf den Boden, daher müssen die Wolken eine gewisse Höhe erreichen.“
Der Pilot entscheide letztlich, ob das Absetzen der Soldaten möglich ist oder nicht. „Zehn Minuten vorher war noch alles gut, da haben wir einfach Pech gehabt“, sagt Rother. Trotz der Enttäuschung darüber, dass die Sprünge nicht möglich waren, sei die Übung nicht umsonst gewesen. „Der Trainingseffekt war da“, so der Oberstleutnant. Mit dem Anlegen der Ausrüstung, der Vorbesprechung im Flugzeug, der Abstimmung mit der Flugzeugcrew habe man die notwendigen Routinen geübt.
Hauptmann Dirk S. vom Ausbildungszentrum Spezielle Operationen in Pfullendorf plant regelmäßig Lehrgänge, Übungen und Sprungdienste wie diesen. Anders als beim Freifallspringen wird der Schirm beim Automatikspringen – was heute trainiert werden sollte – automatisch ausgelöst und geöffnet. Der Fallschirm ist durch eine Aufziehleine mit dem Flugzeug verbunden. Verlässt der Springer das Flugzeug, streckt sich die Leine und öffnet den Schirm.
Anders als andere Fallschirme ist dieser allerdings kaum lenkbar. „Da schlägt man mit ordentlich Tempo auf dem Boden auf“, erklärt Dirk S. Das müsse natürlich regelmäßig trainiert werden, damit Soldatinnen und Soldaten den Aufprall entsprechend abfedern können und sich abrollen. Unfälle seien sehr selten. Je nach Landezone kann jeweils eine bestimmte Anzahl an Springern pro Tür abgesetzt werden. Dann sind die nächsten Gruppen dran.
Das Konzept der Landesverteidigung sieht Dirk S. zufolge leichte, mittlere und schwere Kräfte vor. „Die leichten Kräfte des Heeres gehören dabei in allen Szenarien zu den Kräften der ersten Stunde. „Jeder, der hier teilnimmt, könnte morgen schon im Auslandseinsatz sein“, sagt der Hauptmann. Trainiert werde nah an der Realität, aber ohne unnötige Unfälle zu produzieren. Daher auch der ständige Blick auf die Wetterbedingungen. Ein Kollege überwache diese vor Ort.
„Gefährlich wird es dann, wenn man keine Angst mehr hat“, sagt Dirk S. Auch ein Soldat aus der Truppe beschreibt das Gefühl vor dem Sprung so: „Es ist eine Mischung aus Nervosität und Respekt.“ Er ist seit 2009 Fallschirmjäger, war bereits in Afghanistan und Mali im Einsatz. Ein anderer meint: „Bei mir steigt die Anspannung, wenn in der Maschine das grüne Licht angeht und das Signal ertönt.“ Für die Fallschirmspringer ist das das Zeichen: jetzt geht es los.
Noch am Boden wurde die Ausrüstung zuvor in Zweierteams angelegt. Dann überprüft der sogenannte Absetzer, ob alles korrekt ist. Erst dann geht es in den Flieger – bereit für den Sprung. In den eingeteilten Gruppen treten sie dann an die Flugzeugtür. Dort checkt der Absetzer erneut, ob die Ausrüstung richtig sitzt. Mit einem Schlag auf die Schulter signalisiert er dem Soldaten oder der Soldatin ganz vorn in der Reihe, dass er oder sie abspringen kann.“
Doch daraus wird witterungsbedingt heute eben nichts. Auch am Tag zuvor waren die Übungssprünge ausgefallen. „Schade“, findet einer der Soldaten. Er wäre natürlich lieber gesprungen, als mit dem Flugzeug zum Bodensee-Airport zurückzukehren. Das ganze Warten also umsonst? „Das gehört zum Soldatenleben eben dazu“, meint er. Schon bald stünden wieder Sprünge am beziehungsweise dann in den Bodensee an. Zunächst in Bodman, dann in Langenargen.