Karl-Heinz Mayer steht vor einem großen Haufen Getreide. Es sind 30 Tonnen Dinkel, die dort auf seinem Hof in Hohenbodman lagern und von einem Gerät getrocknet werden. Sie werden nicht gemahlen und zu Dinkelbrötchen weiterverarbeitet. Ihr Schicksal liegt wahrscheinlich in Ställen als Tierfutter.
„Machtlos gegenüber dem Wetter“
Als Grund dafür nennt der Vizepräsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) das Wetter im Frühjahr und im frühen Sommer. „Hitze, Regen, Hitze“, sagt er. Im Juni gab es eine lange Dürreperiode, dann hielt im Juli der Regen an, bis Anfang August wieder die Hitze folgte. Das wechselhafte Wetter erschwerte die Ernte. Viele Hektar konnte er rechtzeitig dreschen, aber einiges hatte nicht mehr die erhoffte Qualität.
Wenn Getreide wie Dinkel zu feucht wird, sinkt der Proteingehalt und es kann schlechter weiterverarbeitet werden, beispielsweise zu Mehl für Backwaren. Der Proteingehalt von Mayers Dinkel ist dieses Jahr zu gering, sagt er. Von der Genossenschaft bekommt er nun etwa 15 Euro pro 100 Kilogramm. „Normalerweise liegt der Preis bei etwa 30 Euro.“ Die ausgefallene Ernte „bringt uns nicht um“, sagt Mayer, sei aber ein finanzieller Verlust. „Es tut vor allem weh, weil man machtlos gegenüber dem Wetter ist.“
Mehr Regen, weniger Eiweißgehalt
Wer sich bei Landwirten im westlichen Bodenseekreis umhört, bekommt ähnliche Rückmeldungen zur Getreideernte: zu viel Regen, zu feuchte Ähren. Landwirt Hubert Einholz aus Salem war zumindest teilweise von den Regenfällen betroffen. Er baut Gerste und Weizen an und spricht bei den Regenfällen im Frühsommer von „hunderten Litern“ Niederschlag, die vom Himmel kamen. Einen Großteil seiner Ernte konnte er aber noch vor dem Regen einbringen.
Anschließend habe er aber etwa eine Tonne weniger an brauchbarem Getreide pro Hektar geerntet, schätzt er. Er baue zwar keinen Backweizen an, aber bei seiner Ernte sei trotzdem wichtiger Eiweißgehalt für die Verarbeitung als Tierfutter verloren gegangen, sagt er.
Ernte in Baden „stabil bis erfreulich“
Viele Landwirte aus der Region lassen ihre Ernte von der Karlsruher Genossenschaft ZG Raiffeisen vermarkten. Richard Volz, Bereichsleiter Agrar, erklärte im August in einer Pressekonferenz, dass die Erträge regional unterschiedlich sein könnten. Insgesamt sei die diesjährige Getreideernte in Baden aber trotz witterungsbedingter Herausforderungen „stabil bis erfreulich“, sagte er. Mit überdurchschnittlichen Erträgen bei Weizen und guter Qualität bei Braugerste.“ Auch beim Mais sei eine durchschnittliche Ernte zu erwarten. Eine ähnliche Bilanz zog auch das Bundeslandwirtschaftsministerium in einer Mitteilung Anfang September.
Selbst wenn es in der Bodenseeregion teilweise Ernteausfälle gab, sollte das kein Anlass für lokale Preiserhöhungen sein, heißt es auf Nachfrage bei der ZG-Genossenschaft. Die Preise für viele Sorten werden von Angebot und Nachfrage auf dem internationalen Markt bestimmt. Einer der stärksten Einflussfaktoren sei auch die Handelspolitik der USA, so Volz. Nationale Kostentreiber seien dagegen Energie-, Lohn- und Arbeitskosten. Deshalb fordert der Deutsche Bauernverband, dass der Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte nicht erhöht wird.
Apfelbauern sind optimistisch
Vor der Ernte stehen dagegen noch die meisten Apfelbauern. Sowohl Landwirte aus dem Bodenseekreis als auch Genossenschaften erwarten ein gutes Erntejahr. Dieter Mainberger, Landwirt aus Kressbronn und Vorsitzender des Kreisbauernverbands, ist optimistisch. Das unbeständige Wetter sei in dieser Erntesaison kein Problem gewesen, sagt er. „Wir haben mit der Hitze und dem Regen im Juli gerade noch Glück gehabt. Der Frost im Frühjahr ist ausgeblieben und einen starken Hagel hat es auch nicht gegeben. „Ich denke, das kann ein ordentliches Jahr werden.“
Blick auf Ernte 2026
Mit der diesjährigen Ernte hat Karl-Heinz Mayer abgeschlossen, auf das kommende Jahr schaut er trotzdem mit Optimismus. Spaß an seinem Beruf hat er trotzdem nicht verloren. „Ich liebe meinen Beruf, mit allen seinen Herausforderungen“, sagt er. Die Nähe zur Natur, zur Familie, morgens zum Vieh in den Stall, da fühle er sich frei, so Mayer.