Im Moment sieht das Luftschiff aus, als ob ihm die Puste ausgegangen wäre. Passagiergondel und Triebwerke sind abmontiert. Die Hülle ist so schlaff, dass das Innengerüst zu sehen ist. Ein langer Schlitz an der Seite verheißt auf den ersten Blick nichts Gutes. Weit gefehlt: „Warum liegt der Zeppelin so faul auf dem Bauch herum“, witzeln die Luftschiffer selbst in den sozialen Netzwerken. Dabei liegt das Luftschiff nicht etwa auf dem Boden, sondern hängt mit seinem ganzen Gewicht von mehr als einer Tonne an Seilen an der 34 Meter hohen Hallendecke.
Von langer Hand geplant
Was im Hangar gerade passiert, ist von langer Hand geplant. Der Zeppelin NT, genauer gesagt dessen Hülle, bekommt mehr Fläche. „Das ist textiles Werken im großen Stil“, sagt Eckhard Breuer mit einem Schmunzeln im Gesicht. Für den Geschäftsführer der Zeppelin Luftschifftechnik (ZLT) und der Deutschen Zeppelin Reederei (DZR) ist der Erfolg dieser Operation mit handfesten Zielen verbunden.

In der Gondel ist eigentlich Platz für 14 Passagiere. Nur darf die Reederei an heißen Tagen manchmal nicht so viele auf den Rundflug mitnehmen, sondern nur 12 oder 13. Grund dafür: Der Auftrieb reicht nicht. Da sich das Helium in der Hülle mit steigender Temperatur ausdehnt, passt im Sommer nicht so viel Gas in den Bauch des Zeppelins wie nötig. Für eine größere Tragkraft des Luftschiffs braucht es also mehr Volumen in der Hülle. Und genau dafür wird derzeit gesorgt.
Wie das gemacht wird, haben ZLT-Ingenieure entwickelt und das Verfahren auch durch die Zulassung gebracht. Die Hülle wird horizontal der Länge nach aufgeschnitten und ein rund 30 Zentimeter breites Folienband nach und nach eingeschweißt. „So gewinnen wir circa 150 Kubikmeter Hüllenvolumen hinzu“, erklärt Richard Geiselmann, der mit seinem Team den Umbau erdacht hat. Macht am Ende eine zusätzliche Tragkraft von rund 150 Kilogramm aus, was für ein bis zwei Passagiere mehr in der Gondel ausreichen sollte.

Was so einfach klingt, erfordert hochpräzises Arbeiten. Hier kommen Experten aus Amerika ins Spiel. Casey L. Strohmeyer und sein Techniker-Team sind seit ein paar Tagen am Bodensee und voraussichtlich bis kurz vor Weihnachten im Hangar damit beschäftigt, das über 150 Meter lange Folienband in die Hülle einzuschweißen.

Die Drei arbeiten für ILC Dover, ein US-Unternehmen, das Hochleistungsmaterialien und Technik unter anderem für die Luft- und Raumfahrt entwickelt und herstellt. Ein Blick auf Strohmeyers Karte macht neugierig. Nicht nur, weil die Firma ihren Sitz kurioserweise in Frederica (Delaware) hat, was Friedrichshafen, der Heimat der Zeppeline, sehr ähnlich klingt. ILC Dover adressiert in der One Moonwalker Road.

„Das ist genau die Firma, die seit der Apollo-Mission zum Mond die Weltraumanzüge für die Astronauten herstellt“, erzählt Eckhard Breuer. Im ILC-Anzug aus Spezialgewebe setzte Neill Armstrong als erster Mensch seinen Fuß auf den Erdtrabanten. Bis heute stellt ILC Dover im Auftrag der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa Anzüge für die Astronauten her und ist auch an der Entwicklung eines neuen Raumanzugs für das Artemis-Mondlandeprogramm der Neuzeit beteiligt.

Ähnlich speziell wie das Gewebe für die Raumanzüge ist die Folie, die ILC Dover seit dem Bau des ersten Zeppelin NT für alle Luftschiffe liefert. Sie ist nur 0,3 Millimeter dünn, superleicht und trotzdem sehr dicht und extrem strapazierfähig. Die enge Wabenstruktur auf der Innenseite sorgt beispielsweise dafür, dass selbst ein Loch oder ein Riss in der Hülle dem Luftschiff nichts anhaben kann.
„So ein Loch würde sich nicht aufweiten“, erklärt Eckhard Breuer. Und das Helium? Entwiche nur ganz langsam, beruhigt er. „In einem Autoreifen ist der Überdruck 500 Mal höher als in der Zeppelin-Hülle.“ Das ist auch der Grund, warum das Helium aus dem Luftschiff regelrecht abgepumpt werden muss. Das Gas lagert derzeit übrigens in den riesigen gelben Säcken, die im Hangar schweben.