Auf den ersten Blick steht das Graf-Zeppelin-Haus (GZH) in Friedrichshafen gut da. Kein Wunder: Über die Jahre wurden am denkmalgeschützten Gebäude – es wurde 1985 eröffnet – immer wieder Baumaßnahmen realisiert. Zuletzt öffnete die neue Tiefgarage. Doch nun steht ein Vorhaben an, bei dem sich eine Zukunftsfrage stellt.

Neue Technik für altes Haus

Nach Plänen der Stadtverwaltung, die im Bauausschuss vergangene Woche präsentiert wurden, soll bis 2025 ein neues Energiekonzept umgesetzt werden. Eine moderne Anlage soll Strom und Wärme CO2-sparend liefern. Zudem ist geplant, das teils undichte Dach zu renovieren. Wolfgang Kübler, Leiter des Stadtbauamtes, formulierte es so: „Wir optimieren den Klimaschutz durch Verbesserung der Anlageneffizienz.“

Wolfgang Kübler, Leiter des Stadtbaumtes.
Wolfgang Kübler, Leiter des Stadtbaumtes. | Bild: Corinna Raupach (Archiv)

Gut 23 Millionen Euro sollen in die Maßnahmen fließen. Insgesamt sollen bis zum Jahr 2030 sogar 78 Millionen investiert werden: etwa für die Gastronomie und für Aufzüge. Das nun anstehende Vorhaben könnten den Ausstoß an Kohlendioxid um gut 40 Prozent senken. Doch welche Technologie ist hierfür die richtige?

Der städtische Bauausschuss diskutierte rege über die Modernisierung des Graf-Zeppelin-Hauses.
Der städtische Bauausschuss diskutierte rege über die Modernisierung des Graf-Zeppelin-Hauses. | Bild: Benjamin Schmidt

Geopolitik lokal

Eigentlich schien die Sache klar. Eine Photovoltaikanlage sowie zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) sollten Strom erzeugen. Zwei Wärmepumpen und die Abwärme aus der Stromerzeugung würden den Wärmebedarf decken. Allerdings, so räumte Wolfgang Kübler mit Verweis auf die geopolitische Lage ein: „Diese Variante funktioniert mit Gas.“ Hintergrund ist, dass die BHKW mit dem fossilen Energieträger betrieben werden. Seit der russischen Invasion in der Ukraine sind die Preise in die Höhe geschossen. Daher haben sich die Verantwortlichen in der Verwaltung noch eine Alternative angesehen: Eine, die ohne fossile Energieträger auskommt.

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Konkret ist bei dieser zweiten Variante vorgesehen, dass zwar ebenfalls Strom durch Sonnenenergie erzeugt wird. Die zusätzlichen BHKW würden aber entfallen. Das hätte zur Folge, dass im Winter die Energie für die Anlage komplett aus dem Stromnetz besorgt würde: Unter dem Strich wären das 34 Prozent Mehrbedarf aus dem öffentlichen Netz. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit wäre das kein Problem – würde reiner Ökostrom eingekauft. Dann wäre der CO2-Ausstoß der Anlage sogar um satte 55 Prozent niedriger als bei der Variante mit Gas.

Warum Gas sinnvoll sein kann

Trotz dieser positiven Aussicht sprach sich Holger Greiner, Ingenieur aus Immenstaad und Planungsbeauftragter der Stadt, bei der Ausschusssitzung gegen die augenscheinlich sinnvollere Lösung aus. Er argumentierte: „Wir haben im Winter das Problem, dass wir zu wenig regenerative Stromquellen zur Verfügung haben.“ Es gibt schlicht noch nicht genügend Ökostrom.

Tatsächlich steht Greiner mit dieser Position nicht alleine da. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter Vizekanzler Robert Habeck plädiert für ein Koppeln von BHKW und Wärmeerzeugung: Solche Anlage seien „im Vergleich zu Anlagen der ungekoppelten Erzeugung effizienter, weil sie neben Strom auch Wärme produzieren.“

Im Jahr 2021 eröffnete das neue Parkhaus im GZH. Weitere Sanierungen sollen folgen. Auf dem Bild von links zu sehen: Bürgermeister ...
Im Jahr 2021 eröffnete das neue Parkhaus im GZH. Weitere Sanierungen sollen folgen. Auf dem Bild von links zu sehen: Bürgermeister Andreas Köster, Graf-Zeppelin-Haus-Leiter Matthias Klingler und Wolfgang Kübler, Leiter des Stadtbauamts. | Bild: Graziella Verchio (Archiv)

Klappt die Energiewende wirklich?

In den Unterlagen zur Sitzung des Ausschusses wird auf das Problem Ökostrom eingegangen: „Der Strommix in Deutschland besteht vor allem in den Wintermonaten zu einem Großteil aus nicht-regenerativen Quellen mit teils schlechten Gesamtwirkungsgraden“, ist dort zu lesen. Und weiter: „In einer gesamtheitlichen Betrachtung führt die Entnahme des Ökostrom-Anteils dazu, dass andere Verbraucher weniger Ökostrom entnehmen können.“

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Widerstand im Ausschuss gegen Pläne

Die Stadt Friedrichshafen sollte sich dennoch für eine Lösung ohne Gas entscheiden, fanden Vertreter der Grünen und des Netzwerks für Friedrichshafen. Felix Bohnacker (Grüne) mahnte: „Mit der Variante ohne Gas haben wir eine zukunftssichere Lösung.“ Er fände es ein „fatales Signal, eine Sanierung auf der Basis von Gas zu planen.“

Felix Bohnacker, Grüne Friedrichshafen.
Felix Bohnacker, Grüne Friedrichshafen. | Bild: Bohnacker (Archiv)

Auch Simon Wolpold (Netzwerk) argumentierte: „Der Strommix in der Mitte der Lebensdauer der Anlage wird ein anderer sein.“ Diese wird auf gut 20 Jahre angesetzt. Er sei überzeugt, dass die zweite Variante über die gesamte Betriebszeit besser abschneiden wird. Mit Verweis auf Pkw zog er folgenden Vergleich: „Variante A ist der Hybrid, Variante B die vollelektrische Lösung.“

Simon Wolpold vom Netzwerk für Friedrichshafen.
Simon Wolpold vom Netzwerk für Friedrichshafen. | Bild: Benjamin Schmidt (Archiv)

Glaubt man Plänen der Bundesregierung, könnte Wolpold Recht haben: Sie verweist auf ihrer Homepage darauf, dass bereits bis zum Jahr 2030 mindestens 80 Prozent der Energie aus Erneuerbaren kommen soll, die Anlage im GZH könnte über 20 Jahre lang laufen. Allerdings erinnert Ingenieur Holger Greiner auch daran: „30 Prozent Wasserstoffanteil in den BKHW ist kein Problem.“ Damit könnten sie künftig zum Teil mit grünem Wasserstoff betrieben werden – und damit ebenfalls regenerative Energie nutzen.

Wie geht es weiter?

Final ist in der Sache noch nichts entschieden. Der Ausschuss votierte zwar mit acht zu sechs Stimmen für die Variante mit Gas. Allerdings wurde Ingenieur Holger Greiner auf Bitte der CDU eingeladen, auch bei der Gemeinderatssitzung am 21. November seine Pläne erneut zu präsentieren. Klar ist schon der Zeitplan: Ende Mai 2024 könnten die Bauarbeiten beginnen, Ende Oktober 2025 soll die Maßnahme abgeschlossen sein. Teilweise kann es währenddessen auch zu Schließungen des GZH kommen.