Plötzlich geht gar nichts mehr: Kein Licht, keine Heizung, kein Telefon oder Internet. Geschäfte sind dunkel und Firmen müssen möglicherweise ihren Betrieb stoppen. Denn über mehrere Stunden hinweg ist Stromausfall.

Das Szenario erscheint unrealistisch, nur rund sechs Minuten Stromausfall habe es im vergangenen Jahr beim Stromnetz im Bodenseekreis gegeben, so die Zahlen des Stadtwerks am See. Dennoch ist die Frage in Zeiten von Gaskrise, Cyberangriffen oder Sabotage an Bahnanlagen berechtigt: Wie gut sind unsere Kommunen auf einen längeren Stromausfall vorbereitet?

Beispiel Überlingen – planlos im Ernstfall?

Bei einem Stromausfall sind Kommunen für die Notfallversorgung zuständig. Viele Städte und Gemeinden in Deutschland sind offenbar nicht auf dieses Szenario eingestellt. Das ist zumindest das Ergebnis einer Umfrage des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“. Eine Nachfrage bei der Stadtverwaltung Überlingen zeigt: Einen konkreten Notfallplan scheint es auch hier nicht zu geben – noch nicht.

Ein Mann steckt einen Stecker in eine Steckdose: Im Falle eines Stromausfalls kommt aus der Buchse kein Strom mehr heraus.
Ein Mann steckt einen Stecker in eine Steckdose: Im Falle eines Stromausfalls kommt aus der Buchse kein Strom mehr heraus. | Bild: Cian Hartung

„Die Stadtverwaltung Überlingen hat einen Notfallplan erarbeitet, der kurz vor der Verabschiedung steht“, erklärt die Pressestelle der Stadtverwaltung auf SÜDKURIER-Nachfrage. Wie dieser aussehe und wann dieser vorliege – dazu konnte die Pressestelle aber keine Auskunft geben.

Im Notfall übernimmt das Landratsamt

Für entsprechende Maßnahmen in so einem Notfall verweise man auf die untere Katastrophenschutzbehörde beim Landratsamt. Die Behörde organisiere auch Katastrophenschutzübungen wie beispielsweise im Oktober. Damals ging es aber nicht um Stromausfälle, sondern um Verkehrsunfälle.

Rettungskräfte bei einer Katastrophenschutzübung bei Frickingen Anfang Oktober.
Rettungskräfte bei einer Katastrophenschutzübung bei Frickingen Anfang Oktober. | Bild: Benjamin Schmidt

Zu weiteren Maßnahmen, wie beispielsweise der Evakuierung von Bevölkerungsteilen, könne man „aus Gründen des Datenschutzes“ nicht weiter eingehen, so die Überlinger Pressestelle.

OB mischt zu dem Thema auf Facebook mit

Das Thema Notfallplan und -treffpunkte bewegte zuletzt auch viele Überlinger, wie sich an einer Diskussion in einer Überlinger Facebook-Gruppe nachlesen lässt. Dutzende diskutierten dazu – bis sich Oberbürgermeister Jan Zeitler einschaltete.

Jan Zeitler, Oberbürgermeister von Überlingen.
Jan Zeitler, Oberbürgermeister von Überlingen. | Bild: Hilser, Stefan

Der OB wollte die aufgeregten Nutzer beruhigen, auf die Fragen nach einem Notfallplan oder -treffpunkten ging er aber kaum ein. Ein Notfalltreffpunkt werde vorbereitet, sagte er. „Aber wo?“, fragte eine Nutzerin. Keine Auskunft. „Der konkrete Standort kann leider erst nach Abschluss der Vorbereitungen genannt werden“, schreibt die Pressestelle der Stadt auf spätere SÜDKURIER-Nachfrage.

Zeitlers Posts ähneln Mitteilung des Stadtwerks am See

Darüber hinaus warb Zeitler dafür, dass das Stadtwerk am See bei einem Stromausfall „sehr gut vorbereitet“ sei. Er wählte dabei aber fast die gleichen Worte und die gleiche Argumentation wie Mark Kreuscher, Bereichsleiter Netze beim Stadtwerk, in einer Pressemitteilung, die einige Tage später veröffentlicht wurde.

Mark Kreuscher, Leiter Netze beim Stadtwerk am See.
Mark Kreuscher, Leiter Netze beim Stadtwerk am See. | Bild: Gemeindewerke Hagnau

In beiden Texten ist die Rede von der Versorgungssicherheit des Stromnetzes im Landkreis, von positiven Ergebnissen bei einem Belastungstest im vergangenen Sommer – und von dem Hinweis, dass das Stadtwerk im Krisenfall von Vorlieferanten abhängig sei. Der Satz „Für Angst oder gar Panik besteht also absolut kein Anlass“, findet sich sogar wortgenau in beiden Texten wieder.

„Hundertprozentige Sicherheit“ gibt es nicht

Welche Schutzmaßnahmen das Stadtwerk am See für den Ernstfall ergreift, steht jedoch nicht in Zeitlers Post – sondern in der Pressemitteilung des Stromversorgers. „An wesentlichen Punkten hat man Notstrom-Kapazitäten, um besonders wichtige Infrastruktur, etwa die Wasserversorgung, besonders zu schützen“, erklärt Mark Kreuscher. Eine Leitstelle mit Fachtechnikern stehe im Ernstfall bereit.

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Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es aber nicht, sagt der Fachbereichsleiter. Er vertraue aber darauf, dass die Schutzmaßnahmen dazu führten, dass der Extremfall eines großflächigen Stromausfalls nicht eintritt.