„Wir sind hier angebunden wie ein Dorf auf der Schwäbischen Alb.“ So hat neulich Thomas Bittelmeyer die Verkehrsanbindung Friedrichshafens kritisiert. Und damit war der Betriebsratschef von Rolls-Royce Power Systems (RRPS) nicht allein. Personaldirektorin Thelse Godewerth monierte gar, die Abgelegenheit des Standorts erschwere die Personalsuche. Ein Ziel der Kritik: der Häfler Flughafen. Zu viele Flüge fallen laut Godewerth aus, zu wenig relevante Orte würden angeflogen.

Nun hat sich Bernd Behrend, Sprecher des Bodensee-Airports, zur Angelegenheit geäußert. Gegenüber dem SÜDKURIER räumte er ein: „Die Kritik ist – was die Lufthansa angeht – berechtigt.“ Diese bedient die für Betriebe relevante Verbindung nach Frankfurt, dem wichtigsten Drehkreuz des Landes. Tatsächlich gab es laut Behrend im vergangenen Jahr über 100 Ausfälle auf der Strecke.
Vor allem im Juli erhebliche Ausfälle
Besonders im Juli sei es zu erheblichen Ausfällen gekommen. In Frankfurt sei das Bodenpersonal überlastet gewesen. „Deswegen hat die Lufthansa den Airport für drei Wochen gar nicht bedient.“ Ziel sei es gewesen, den Betrieb auf Langstrecken aufrechtzuerhalten. Passiert das in Städten mit guter Zuganbindung, weichen die Passagiere auf die Schiene aus. Behrend: „Doch in Friedrichshafen hält leider kein ICE.“
Kritik auch aus anderen Betrieben
Dass es mit der Anbindung der Zeppelinstadt nicht weit her ist, kritisiert nicht nur RRPS. Auch ein Sprecher der ZF moniert: „Es ist kein Geheimnis, dass die Verkehrsinfrastruktur in der Bodenseeregion verbesserungswürdig ist. Staus hemmen den Verkehr und Lieferungen auf der Straße; verspätete oder teils kurzfristig ausfallende Züge und Flüge erschweren den Menschen das Reisen.“

Bettina Wolf ist Referentin für Verkehr bei der IHK Bodensee-Oberschwaben. Sie bestätigt mit Blick auf eine Standortumfrage, dass die schlechte Anbindung zu Problemen bei der Personalsuche führen kann – wie von RRPS kritisiert. „Besonders Fachkräfte von außerhalb der Region wollen mobil sein und an Destinationen im In- und Ausland gut angebunden sein“, betont die Expertin. Der Wettbewerb der Unternehmen auf Gütermärkten sowie um Fachkräfte nehme zu. Deshalb müsse die Region alles dafür tun, dass sich die Verkehrsinfrastruktur stetig verbessert.
Es gibt auch Fortschritte
Gleichwohl sehen die Verantwortlichen der Betriebe, dass sich etwas tut beim Ausbau. Der ZF-Sprecher räumt ein: „Die Elektrifizierung der Südbahn war beispielsweise eine wichtige Etappe für die Bahnanbindung der Bodenseeregion in Richtung Ulm, Stuttgart und München.“ Auch den Weiterbau der B 31-neu lobt er.
Auch IHK-Expertin Wolf betrachtet den Straßenausbau zwischen Friedrichshafen-Waggershausen und Immenstaad als erhebliche Verbesserung. Das genügt ihr jedoch noch nicht: „Wir als IHK machen uns für den vierspurigen Ausbau der B 31 zwischen Immenstaad und Meersburg/Überlingen stark.“ Die Elektrifizierung der Südbahn lobt sie ebenfalls, fordert aber gleichzeitig den Ausbau und die Ertüchtigung der Bodenseegürtelbahn, um dort einen Halbstundentakt zu erreichen.

Hamburg, Berlin, London?
Und was tut sich in Zukunft am Flughafen? Sprecher Bernd Behrend betont: „Wir sind mit allen großen Firmen im Austausch.“ Daher kennt er auch die Wunschzettel der Betriebe: Hamburg, Berlin und Düsseldorf im Inland, London, Paris und Toulouse in Europa stehen darauf. Behrend: „Wir arbeiten daran, dass es hier Lösungen gibt, aber das wird nicht kurzfristig geschehen.“
Inlandsflüge anzubieten, sei besonders schwierig, so Behrend weiter. „Kleine Airlines fliegen nicht mehr auf eigene wirtschaftliche Verantwortung.“ Was es demnach bräuchte, wäre die Zusage von Betrieben, Tickets abzunehmen. Gleichwohl weiß der Sprecher: Die Firmen haben alle das Thema C02-Neutralität im Blick. „Sie achten also darauf, ob Flüge wirklich nötig sind.“