Die Sonne scheint am Mittwochmorgen zeitweise so stark, dass sie die Luftballons zum Platzen bringt. „70“ steht auf den Ballons. Es ist die Anzahl an Jahren, die seit der Eröffnung des Eiscafé Italia an der Friedrichshafener Promenade vergangen sind. Im frisch renovierten Innenraum der Gastronomie hängen Fotografien, die das Café in vergangenen Zeiten zeigen.

Am 3. Mai 1953 wurde hier laut Ivan Bottecchia, einem der heutigen Inhaber, das erste Mal Eis verkauft. Die ursprünglichen Pächter, das Ehepaar Pra Mio, kamen aus demselben Tal in den Dolomiten wie Bottecchia, dem Val Di Zoldo. „Das ist das Tal, in dem das Eis entstand“, sagt Bottecchia. Ein Großteil der italienischen Gelatieri, also Eismacher, die in Deutschland leben, stammt aus dem Tal, heißt es. Es war Bottecchia wichtig, die Jubiläums-Feier des Eiscafés auf den Tag genau 70 Jahre nach Eröffnung zu legen, sagt er.

Ebenfalls aus dem Val di Zoldo stammt Dimitri Panciera, ein Freund Bottecchias – und Weltrekordhalter im Stapeln von Eiskugeln auf einer Waffel, zertifiziert von Guinness World Records. Zur Feier des Tages versucht der Italiener, an der Häfler Promenade seinen Rekord zu brechen. Allerdings inoffiziell, denn die Rekordwächter von Guinness konnten nicht erscheinen.
Fünf Kugeln mehr
Vor dem Eiscafé Italia will Panciera 130 Kugeln stapeln und seinen Rekord damit um fünf Kugeln übertreffen. Im Laufe des Vormittags akquiriert Sven Rautenberg, der die Veranstaltung moderiert und kommentiert, immer mehr Zuschauer auf der Promenade. „Um 12 Uhr haben wir hier Weltrekordversuch im Eiskugelstapeln“, sagt er in ein Mikrofon und der Satz klingt offensichtlich kurios genug, um Passanten und Passantinnen zum Stehenbleiben zu bewegen.

Neben den zufällig Vorbeilaufenden gibt es einige Stammgäste des Cafés, die der Jubiläumsfeier im Außenbereich sitzend beiwohnen. Eine davon ist Sonia Marcada: „Ich komme schon immer hier her.“ Glaubt sie, dass Panciera seinen Rekord brechen kann? „Ich bin skeptisch, das ist zu viel Eis. Das schmilzt gleich.“ Hans und Manuela Schmid sind geteilter Meinung: Er hat Vertrauen in Panciera, sie nicht. Eine weitere Frau im Publikum zeigt auf die Waffel in ihrer Hand und sagt: „Ich habe mir vorhin ein Eis bestellt, da ist dem Servierer die Waffel schon bei einer Kugel kaputt gegangen.“
Dimitri Panciera zeigt sich im Vorfeld unbeeindruckt: „Das schaffe ich zu 100 Prozent“, sagt er. Um kurz nach 12 Uhr geht es los. Panciera steht mit Ivan Bottecchia unter dem Vordach des Eiscafé Italia, vor ihm zwei große Schalen mit Erdbeereis. In der einen Hand hat er eine Waffel, in der anderen einen Eisportionierer. Um Panciera herum hat sich ein großer Halbkreis an Menschen gebildet. Dann geht es los und das Publikum zählt laut mit: eins, zwei, drei, vier... Anfangs scheint es unmöglich, auf einer kleinen Waffel so viel Eis zu stapeln, aber der Berg wächst erstaunlich schnell.
Nach etwa zehn Kugeln wechselt Panciera zu einem zweiten Eisportionierer, Bottecchia assistiert ihm dabei und spült den abgelegten Portionierer kurz ab. So wird der Eisberg immer größer, 60, 70, 80 Kugeln stapelt Panciera. Und schließlich setzt er die 130. auf die unförmige Maße in seiner Hand. Nun gilt es, Waffel und Eis zehn Sekunden lang zu halten, das Publikum zählt herunter.
Vier Kilogramm Eis auf einer Waffel
Zu keinem Zeitpunkt wirkt Panciera unsicher, nur etwas angestrengt vom Gewicht des Eises. Vier Kilogramm, schätzt er, trägt er auf der Waffel. Als die zehn Sekunden vergangen sind, lässt Panciera das Eis zurück in die Schalen vor sich fallen. „Danke, gut. Hat geklappt“, sagt er im Anschluss erstaunlich bescheiden auf die Frage, wie es ihm geht. Seinen Rekord hat er damit gebrochen – das kann zwar Guinness World Records nicht bezeugen, aber immerhin das Häfler Publikum.