Der Tenor zog sich am Montagabend durch alle Erklärungen im Friedrichshafener Gemeinderat. Ein „weiter so“ gebe es für den Bodensee-Airport nicht. Zwar beschloss die Mehrheit der Stadträte die notwendige Finanzhilfe, um eine Insolvenz in diesem Jahr abzuwenden und somit „die Kontrolle zu behalten“, wie Oberbürgermeister Simon Blümcke ausführte. Doch bis zum Herbst muss ein Szenario auf den Tisch, wie der Flughafen künftig mit deutlich reduzierten Zuschüssen der öffentlichen Hand betrieben werden kann.

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Konkret geht es darum, dass die Flughafengesellschaft (FFG) bereits bewilligte Zuschüsse von 2,5 Millionen Euro für Investitionen verwenden darf, um laufende Betriebskosten zu decken. Genehmigt auch der Kreistag diese Umwidmung, stehen in diesem Jahr zusätzlich 5 Millionen Euro der beiden Hauptgesellschafter des Flughafens zur Verfügung. Vorausgesetzt, die EU-Kommission stimmt dem zu. Trotzdem geht die FFG von einem Fehlbetrag am Jahresende von 2,5 Millionen Euro vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen aus, steht in den Ratsunterlagen. Finanziell steht der Flughafen drei Jahre nach der Entschuldung durch eine Insolvenz in Eigenverwaltung also wieder mit dem Rücken zur Wand.

Eine Maschine steht auf dem Flugfeld in Friedrichshafen.
Eine Maschine steht auf dem Flugfeld in Friedrichshafen. | Bild: Bodensee-Airport

Erstmals Finanzhilfe unter Vorbehalt

Allerdings sind die beiden öffentlichen Gesellschafter – Stadt und Landkreis halten jeweils knapp 40 Prozent der Anteile – nur unter Vorbehalt zur erneuten Finanzhilfe bereit. So darf die Zahl von 265.000 Passagieren in diesem Jahr nicht unterschritten werden; geplant sind 295.000 Fluggäste. Auch ein höherer Fehlbetrag als die kalkulierten 2,5 Millionen Euro für 2025 ist tabu. Drittens muss die FFG bis Ende September Vorschläge machen, wie öffentliche Zuschüsse auf ein Minimum eingedampft werden können. Die Rede ist von alternativen Geschäftsmodellen.

OB Blümcke erklärte, dass dieser Fahrplan mit dem Landkreis abgestimmt sei. Für ihn sei klar, dass ein Flughafen Flugbewegungen und die Anbindung an ein internationales Drehkreuz brauche, „nur dann macht das Sinn“. Wenn man das wolle, brauche die FFG noch Zeit. Mit der Umwidmung der Investitionszuschüsse gebe die Stadt ja nicht mehr Geld aus als geplant.

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Für ein Viertel des Gemeinderates ist das Ende der Fahnenstange aber bereits erreicht. Zehn Stadträte aus den Fraktionen der Grünen, vom Netzwerk und SPD/Linke stimmten gegen erneute Finanzhilfen. „Die Passagiere haben längst mit den Füßen abgestimmt“, sagte Simon Wolpold (Netzwerk). 295.000 Fluggäste in diesem Jahr seien „reine Wunschvorstellung“. Auch die Wirtschaft brauche den Flughafen offensichtlich nicht, sonst hätten sich die Unternehmen stärker engagiert. Wolpold forderte, ab sofort keine weiteren öffentlichen Gelder in den Flughafen zu stecken und ihn zum Sonderlandeplatz für Kleinflugzeuge ohne Betriebspflicht herabzustufen.

Claus-Dieter Wehr, Geschäftsführer der Flughafen Friedrichshafen GmbH (FFG), muss sich Gedanken um ein neuen Betriebskonzept machen.
Claus-Dieter Wehr, Geschäftsführer der Flughafen Friedrichshafen GmbH (FFG), muss sich Gedanken um ein neuen Betriebskonzept machen. | Bild: Cuko, Katy

Die Grünen hatten bereits vor der Sitzung am Montag ein Ausstiegs-Szenario für den Flughafen eingefordert. „Wir wären vor der nächsten drohenden Insolvenz gern besser informiert“, kritisierte Fraktionschefin Christine Heimpel das Fehlen belastbarer Zahlen. Der Antrag der Grünen, externe Gutachten zur Zukunftsfähigkeit des Flughafens und zur Umwegrentabilität einzuholen, fand allerdings keine Mehrheit. Aus Sicht der Grünen bleibe es bei diesem „Teufelskreis der Unwägbarkeiten“. Ab 2026 bis 2030 soll der Airport jährliche Zuschüsse von maximal 1,5 Millionen Euro für Investitionen erhalten.

Zeit gewinnen

Auch für die Fraktion SPD/Linke ist die Zukunft des Flughafens alles andere als gesichert, erklärte Matthias Eckmann. Für ihn ist die Umwidmung der Investitionszuschüsse aber „ein pragmatischer Schritt, um Zeit zu gewinnen“, die man für tragfähige neue Konzepte brauche. Eckmann sprach aber auch von einer „roten Linie“, also klaren Grenzen. 85 Prozent der Kosten zahle die öffentliche Hand, während sich die Wirtschaft, die den Flughafen angeblich brauche, zurückhält. „Warum soll die Allgemeinheit für wenige Nutznießer zahlen“, fragte der SPD-Stadtrat.

Keine „bedingungslose Treue“ mehr

Selbst von der CDU und den Freien Wählern, die den Flughafen strukturell bisher für unverzichtbar halten, kam Kritik. „Erst läuft es nicht wie vorhergesagt, und dann kommt noch Pech dazu“, kommentierte Dagmar Hoehne (FW) ihr Gefühl eines Déjà-vu. Dauerhafte Zuschüsse für den Flughafen seien nicht mehr tragbar. Es sei Zeit, Zukunftsszenarien offen und ehrlich darzustellen.

Für Franz Bernhard (CDU) gibt es „keine bedingungslose Treue mehr“ zum Flughafen. Man müsse sich der Realität stellen, die Situation sei prekär. Kurzfristig sei es wichtig, keine unkontrollierte Insolvenz zuzulassen. „Dann entscheiden andere, wie es weitergeht.“ Bis September müsse die FFG ein tragfähiges Betriebskonzept entwickeln. „Wir sind an dem Punkt, wo es zünden muss“, sagte Bernhard. Ob das gelingt, wird sich im Herbst weisen.

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