1945 – die Jahreszahl steht für das Ende der düsteren Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland, für das Ende des Zweiten Weltkriegs und für den Neuanfang, der in Deutschland eine bis dahin ungekannte Epoche von Wohlstand und Stabilität mit sich brachte. Und 1945 ist die erste Ausgabe des SÜDKURIER erschienen, und zwar am 8. September. Zeitzeugen erinnern sich an die ersten Jahre der neuen Zeitung.
Wilfried Muckle: Lesenlernen mit der Zeitung
Wilfried Muckle aus dem heutigen Furtwanger Teilort Rohrbach kann sich noch sehr genau an die erste SÜDKURIER-Ausgabe erinnern, die ins Haus der Familie geliefert wurde. Denn das war an seinem siebten Geburtstag.
Seine Mutter habe damals die Zeitung bestellt, für ihn habe das zweite Schuljahr gerade angefangen. „Und dann habe ich mal geguckt, was ich so lesen kann“, erinnert sich Muckle.
Vier Seiten ohne Bilder
Bilder gab es in der Zeitung noch nicht, sie erschien anfangs auf nur einem Bogen des knappen Papiers – was vier Seiten ergab – und bei weitem nicht täglich.
Vor allem große Buchstaben seien für ihn interessant gewesen, sagt Wilfried Muckle heute – und er landete bei den Todesanzeigen. Später habe es ihm auch die Rubrik „Unten links“ angetan, in der Nachrichten in wenigen Zeilen zusammengefasst waren.
„Damit habe ich im Prinzip lesen gelernt“, erzählt er. Es sei für ihn sehr spannend gewesen, wenn die Zeitung kam. Seitdem habe er wohl in beinahe jede SÜDKURIER-Ausgabe hineingeschaut.
Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft
Der Vater blieb im Krieg vermisst. Seine Mutter führte den familieneigenen Laden mit allem für den täglichen Bedarf im Dorf allein weiter.
Und der sei sonntags durchaus auch ein inoffizieller Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft gewesen, erzählt Wilfried Muckles Bruder Klaus Muckle – nach dem Kirchgang sei der Laden mitunter voll gewesen.
Die Zeitung wurde in den Anfangsjahren übrigens vom Briefträger gebracht, erinnern sich die Brüder. Und der hatte einen harten Job. Los ging die Tour in Schönenbach, mit einer riesigen schweren Tasche habe der Mann Post und Zeitungen das Tal hinauf bis ins Dorf und an die Fuchsfalle sowie ins Reibschental getragen.
„Der ist täglich sicher 30 Kilometer gelaufen“, sagt Wilfried Muckle. Und sein Bruder ergänzt, dass der Briefträger im Winter mitunter auch auf Skiern unterwegs gewesen sei.
Elisabeth Duffner: Bei Wind und Wetter durch Schonach
Elisabeth Duffners Eltern gehören nicht zu den SÜDKURIER-Lesern der allerersten Stunde, aber ab 1950 seien sie Abonnenten gewesen, schätzt Duffner heute. Da war die Währungsreform gerade zwei Jahre her, von ihren ersten 40 D-Mark hätten ihre Eltern ihr einen Schulranzen gekauft, erinnert sich Duffner.
Und sie erinnert sich noch an eine andere Begebenheit aus ihrer Kindheit: „Als ich alt genug dafür war, musste ich die Zeitung quer durch den Ort zu meinem Onkel tragen.“
Erwachsene schicken Kinder auf weite Wege
Vom damaligen Wohnhaus der Familie durch Schonach zum Arbeitgeber des Onkels, der Firma Kienzler Holzbau, sei es ein Weg von etwa einem Kilometer gewesen.
„Das war einfach Pflicht, eine Belohnung hat es dafür nicht gegeben“, sagt Duffner heute. Und auf dem Weg hätte es sogar noch passieren können, dass die Frauen der anliegenden Häuser sie zum Einkaufen geschickt hätten.
Heute lesen die Duffners nach wie vor den SÜDKURIER, und zwar auf Papier, wie sie betont: „Die Zeitung ist uns sehr wichtig.“