Das Papier aus dem Stadtbauamt sollte im Rathaus, aber auch im Gemeinderat eigentlich alle Alarmglocken klingeln lassen. 19 Hallen sind darin aufgelistet und deren Zustand bewertet – Stand April 2009 und im Februar 2021, als das Problem ZF-Arena aufschlug. Dazwischen wurden drei alte Hallen abgerissen und neu gebaut: die Brunisachhalle in Kluftern (2016), die Sporthalle Ailingen (2017) und Fischbach (2021). Doch an zwölf weiteren Hallen, die zwischen 40 und 70 Jahre alt sind, gab es bestenfalls Teilsanierungen.
Dabei liegen für mindestens fünf Hallen Sanierungsgutachten vor – für Sporthalle und Schwimmbad der Tannenhagschule sogar schon seit 20 Jahren. Für die Turnhalle der Pestalozzischule steht das Sanierungskonzept seit 2009. Bei der VfB-Sporthalle weiß man seit 2011, was Sache ist.


Keine Frage: Die Stadt schiebt einen Sanierungsstau vor sich her. Der wird jetzt besonders kritisch, weil es mit dem Wegfall der ZF-Arena in den anderen, teils maroden Sporthallen noch enger wird. Denn nicht nur der Zustand vieler Hallen ist beklagenswert. „Das Problem perspektivisch ist das Sportstättendefizit. Insgesamt fehlen Hallenkapazitäten für die Anzahl der schulischen Sportgruppen“, reklamiert Steffen Rooschüz, Geschäftsführender Schulleiter in Friedrichshafen und damit Sprecher aller Rektoren.
„Das Problem perspektivisch ist das Sportstättendefizit. Insgesamt fehlen Hallenkapazitäten für die Anzahl der schulischen Sportgruppen.“Steffen Rooschüz, Geschäftsführender Schulleiter
Denn die Schülerzahl steigt um rund 100 pro Jahr, auch in Zukunft. Zusätzliche Kapazitäten wurden aber nicht geschaffen. „Das verschärft die Lage nochmals“, so Rooschüz, der nüchtern feststellt: „Die Stadt hat das Thema verschlafen.“ Dabei kommt die Hallen-Problematik aktuell „on top“: An fünf Schulen im Stadtgebiet fehlen schlicht die Räume für so viele Kinder, was allein ein teures Bauprogramm nach sich ziehen müsste.
Doch beim Blick in die Haushaltspläne wird schnell klar, dass die Stadt derzeit kein Geld für die Sanierung ihrer Hallen eingeplant hat. In der aktuellen Prioritätenliste steht die Rotachhalle Ailingen zwar inzwischen ganz oben. Das Sanierungsgutachten datiert von 2012, seit 2013 steht der Beschluss für Abriss und Neubau. Doch laut Investitionsprogramm ist erst ab 2024 Geld für die neue Rotachhalle eingeplant.
Schulsport in Nachkriegs-Halle
Die Alte Festhalle in der Scheffelstraße, aus dem Schutt des Zweiten Weltkriegs 1951 erbaut, ist laut Rathaus aktuell mit Priorität zwei bewertet. Hier ist seit über 20 Jahren ein Neubau geplant. Danach folgen Schwimmbad und Sporthalle der Tannenhagschule (Baujahr 1975) sowie die Sporthalle Pestalozzischule (Baujahr 1960). Für keines dieser Projekte ist derzeit jedoch Geld hinterlegt, noch nicht einmal für Planungskosten.

Selbst auf den mittleren Plätzen der Liste baut sich der Sanierungsdruck immer weiter auf. Der Ersatz der 66 Jahre alten Mehrzweckhalle Fischbach wurde schon diskutiert, als man den Neubau der Sporthalle nebenan prüfte. Mit 71 Jahren noch älter ist die Turnhalle der Grundschule in Schnetzenhausen. Ob die noch zehn Jahre hält?
VfB-Sporthalle eine „Privatsache“?
Eine Halle fehlt allerdings in der Liste: die VfB-Sporthalle (Baujahr 1981), in der aber auch Schulsport stattfindet. Die befinde sich im Eigentum des VfB Friedrichshafen, erklärt die Stadt auf Anfrage. Hier lägen „keine aktuellen Angaben“ über den Zustand vor. Dafür gibt es ein Sanierungsgutachten von 2011. Die Sanitärräume im Erdgeschoss wurden zuletzt zwar erneuert, doch die Problematik steckt hinter den Fassaden. Die Haustechnik ist so verschlissen, dass beispielsweise die Duschen mehrmals gesperrt werden mussten, weil es Legionellen im Wasserkreislauf gab.

Damit steht die Stadt vor der schwierigen Aufgabe, vor dem Hintergrund eines Sanierungsstaus in vielen Hallen kurzfristig zusätzliche Kapazitäten schaffen zu müssen. Bisher wurden den Nutzern der ZF-Arena alternative Trainingszeiten in anderen Hallen zur Verfügung gestellt, allerdings längst nicht im gleichen Umfang. Und: „Teilweise wurden in den Schulen Sportklassen zusammengelegt“, schreibt die städtische Pressestelle auf Anfrage.
Wie eine langfristige Lösung für alle Nutzer aussehen kann, hänge wesentlich von den weiteren Entscheidungen zur ZF-Arena ab, erklärt das Rathaus. Es sei „elementar wichtig zu wissen“, ob die frühere Messehalle (Baujahr 1963) stehen bleibt oder das Landesamt für Denkmalschutz doch einem Abriss zustimmt. Dann könnte an Ort und Stelle „eine neue Halle in idealer Lage für Schulen und Vereine entstehen“.
Ergebnis der Bedarfsanalyse kennt noch nicht mal der Gemeinderat
Offensichtlich ist dieses Szenario schon länger in Planung. Die Stadt habe vom Institut Biregio eine Bedarfsanalyse für die Innenstadt-Sporthallen erarbeiten lassen. Das Ergebnis liege seit 2020 vor, aber seither „auf Eis“, so das Rathaus. Was diese Analyse ergab, weiß noch nicht einmal der Gemeinderat. Sie wurde den Gremien noch nicht vorgelegt, „da eben eine konkrete weitere Bearbeitung und Empfehlung von der Entscheidung zur Arena abhängt“.


Doch das könnte noch viele Monate dauern. Die Schulen und Vereine drängen aber auf eine schnelle Lösung des Problems. Damit kommt die Traglufthalle ins Spiel, die Bürgermeister Fabian Müller in der letzten Sitzung des Bauausschusses ansprach. „Für eine Standortentscheidung und für Aussagen zu Kosten muss auch für eine Zwischenlösung zunächst die Hallengröße definiert werden“, so das Rathaus. Dafür gebe es kurzfristig jeweils einen Besprechungstermin mit den Schulen und mit den Vereinen. Ziel sei ein „größtmöglicher Konsens mit allen Beteiligten – unter Berücksichtigung aller zur Verfügung stehender Ressourcen.“