Noch sind die großformatigen Graffitis mit roten Tüchern verhüllt. Die Künstlergruppe aus der Hauptstufe der Tannenhag-Schule hat sich davor aufgestellt und erklärt die Entstehung. Laura sprüht Farbe in die Luft, Niklas zeigt seine Schablonen. Ein weiterer Junge liest vor, was Graffiti ist: „Graffiti ist Streetart, das heißt auf Deutsch Straßenkunst.“ Und dann erklärt er die Botschaft der Bilder. Sie sollen zeigen, dass Vielfalt überall in unserer Gesellschaft zu finden ist.

„Ich bin zutiefst beeindruckt davon, wie einfallsreich und kreativ unsere Schülerinnen und Schüler das Thema Vielfalt interpretiert haben“, sagt Schulleiter Gerold Ehinger. Er betont, dass an der Tannenhag-Schule Vielfalt nicht nur gelehrt, sondern aktiv gelebt werde. Sein besonderer Dank gilt den Mitarbeitern des Jugendzentrums Molke und der Koordinierungs- und Fachstelle „Partnerschaft für Demokratie Friedrichshafen“, die das Projekt zusammen mit dem Förderverein ermöglicht hatten.

Die Graffiti-Vernissage in der Tannenhag-Schule wurde mit Waffeln und alkoholfreien Cocktails gefeiert.
Die Graffiti-Vernissage in der Tannenhag-Schule wurde mit Waffeln und alkoholfreien Cocktails gefeiert. | Bild: Anette Bengelsdorf

Applaus, Cocktails und Waffeln zur Feier

Die jungen Künstler enthüllen unter dem Applaus von Schülern und Lehrern die drei großformatigen Werke, die ab sofort und dauerhaft den kleinen Pausenhof verschönern werden. Zur Feier des Tages gibt es alkoholfreie Cocktails und der Duft von Waffeln liegt in der Luft.

Viele Schüler interessierten sich für diese Kunstform, berichtet Klassenlehrer Daniel Klingenberg. Daraufhin sprach er den Schulsozialarbeiter Florian Bayer an, der Kontakt zu Daniel Schweizer hatte. Schweizer, der als Mitarbeiter des Kulturbüros Friedrichshafen das Kulturufer organisiert, hatte bereits in der Molke Graffiti-Workshops geleitet.

Daniel Schweizer ließ sich beim Sprayen eines Graffitis auf die Sprühdose schauen.
Daniel Schweizer ließ sich beim Sprayen eines Graffitis auf die Sprühdose schauen. | Bild: Anette Bengelsdorf

Daniel Schweizer sagt: „Diese Gruppe war die spannendste in den letzten 20 Jahren.“ Drei Mal arbeitete er zwischen November 2023 und Januar 2024 mit der zehnköpfigen Gruppe im Freien auf dem Gelände der Tannenhag-Schule. Dann, als es zu kalt wurde, verlegte er den Workshop in den Werkraum mit Absauganlage in der Molke. Die Schüler hätten sich immer auf den Freitag gefreut, erinnert er sich.

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Die Lehrer? Total verblüfft

Mit einer unglaublichen Produktivität sind hunderte von Übungsbildern entstanden, zunächst auf Karton, dann auf Holzplatten. Engagiert und hochmotiviert, mit einer enormen Begeisterungsfähigkeit, seien die Schüler dabei gewesen und ganz aus sich herausgegangen, berichtet er. Die Reaktion, auch die der Lehrer, sei die totale Verblüffung gewesen: „Es war höchste Zeit, dass ein solcher Workshop auch für Schüler der Tannenhag-Schule stattfinden konnte.“

Bereits die Übungsstücke zeugen von großer Vielfalt.
Bereits die Übungsstücke zeugen von großer Vielfalt. | Bild: Anette Bengelsdorf

Vielfalt von allen Seiten beleuchtet

Doch ohne Thema sollte nicht drauflosgesprayt werden. Deshalb wurde bereits im Vorfeld mit der Gruppe ein Thema erarbeitet. Schnell einigte man sich auf Vielfalt und beleuchtete dieses von allen Seiten. Neben gesellschaftlicher Vielfalt mit verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Sprachen, Lebenseinstellungen, Familienkonstellationen und ganz unterschiedlichen Formen von Liebe findet sich Vielfalt in der Kunst und in Bauwerken. Die Beispiele waren endlos.

Geübt wurde zunächst auf Karton, später wurden Holzplatten besprüht.
Geübt wurde zunächst auf Karton, später wurden Holzplatten besprüht. | Bild: Anette Bengelsdorf

Dann wagte sich die Gruppe an die praktische Umsetzung heran. Verschiedene Hintergrundfarben wurden ausprobiert. Und was passiert, wenn man Schablonen aus der Nähe, von weit weg oder schräg besprüht? Hunderte von kleinen Übungskunstwerken sind so entstanden und das Materialbudget wurde voll ausgeschöpft.

Schüler finden als Gruppe zusammen

Auch Götz Tauber, Lehrer der Hauptstufe, war beeindruckt von der Entwicklung der jungen Menschen. Nicht nur individuell, indem sie ihre Technik weiterentwickelten, sondern auch, wie sie in ihrer Vielfalt als Gruppe zusammenfanden. Denn im Ende mussten die drei großformatigen Bilder von allen gemeinsam gestaltet werden.

Jedes der drei Graffitis wurde von der gesamten Gruppe gestaltet.
Jedes der drei Graffitis wurde von der gesamten Gruppe gestaltet. | Bild: Anette Bengelsdorf

Ein Konsens wurde gefunden und die unterschiedlichen Fertigkeiten und Begabungen fügten sich zu einem großen Ganzen zusammen. „Das ist uns besser gelungen, als wir es je erwartet haben“, freut sich Daniel Schweizer. Seit Wochen sind die Schüler stolz auf ihr Werk.

Besonders schön findet Lehrer Götz Tauber, dass die Gruppe in der Molke arbeiten durfte. An einem Ort der Gemeinschaft von Jugendlichen aktiv zu sein, gebe ihm das Gefühl, auch mit seinen Schülern ein Teil von allem zu sein und dazuzugehören.