Seit Ende April gelten schärfere Strafen für Raser – eigentlich. Denn im Moment herrscht so etwas wie eine rechtliche Grauzone. Wegen eines Formfehlers in der neuen Straßenverkehrsordnung des Bundes hat zwar auch das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg reagiert und die Bußgeldstellen angewiesen, Verstöße nach den neuen Regeln vorerst nicht weiter zu verfolgen.

Kontrolle weiter nach dem verschärften Bußgeldkatalog

Doch vor Ort ist alles andere als klar, was nun geahndet wird oder nicht. „Im Moment ist es so, dass wir die Entscheidung des Landesverkehrsministeriums noch abwarten“, teilt die städtische Pressestelle auf Anfrage mit. Derzeit sei noch unklar, ob alle Änderungen im neuen Bußgeldkatalog unwirksam sind oder nur Teile davon. „Die Verstöße werden weiterhin erfasst und bearbeitet und die Bescheide dann in der Regel innerhalb von drei Monaten zugestellt“, so die Aussage aus dem Rathaus.

Bußgeldbescheide bleiben vorerst liegen

Mit anderen Worten: Auch wer jetzt innerorts mehr als 21 km/h oder außerorts 26 km/h zu schnell fährt, dem könnte nach wie vor ein Monat Führerscheinentzug drohen. Das trifft auch für andere Regelungen zu: Hält oder parkt ein Autofahrer auf Rad- oder Gehwegen, in zweiter Reihe, auf Behindertenparkplätzen oder Schutzstreifen neben der Fahrbahn, kostet das nach dem neuen Katalog mindestens 55 Euro Strafe.

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Das Rathaus geht davon aus, dass binnen der nächsten drei Monate klar ist, ob die Verstöße seit dem 28. April nach dem neuen Bußgeldkatalog geahndet werden dürfen oder nicht. Solange bleiben die Bescheide halt in der Schublade. Bisher gab es ein Fahrverbot, wenn der Fahrer innerorts mehr als 31 km/h zu schnell war und 41 km/h außerhalb von Ortschaften. Gilt das verschärfte Regelwerk weiter, kommen zum Fahrverbot noch zwei Punkte in Flensburg und mindestens 70 Euro Bußgeld dazu.

Blitzerstatistik für 2019 weist 37 390 Verstöße aus

Dass sich in Friedrichshafen viele Autofahrer nicht an die Geschwindigkeitsvorgaben halten, attestiert die Blitzerstatistik der Stadt. Die Summe ist gewaltig: Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Rathauses 37 390 Geschwindigkeitsverstöße im Stadtgebiet festgestellt. Die Folge waren Bußgelder von fast einer Million Euro – wobei die exakte Summe von 999 839 Euro die Soll-Einnahmen darstelle. Da eingestellte Verfahren in der Statistik nicht berücksichtigt sind, seien die Ist-Einnahmen geringer, erklärt eine Sprecherin der Stadt. Zum Vergleich: 2018 wurden Bußgelder in Höhe von rund 800 000 Euro erhoben.

Darf der hier parken oder nicht? Nicole Greinwald vom städtischen Vollzugsdienst bei der Kontrolle auf dem oberen Kirchplatz am Rathaus.
Darf der hier parken oder nicht? Nicole Greinwald vom städtischen Vollzugsdienst bei der Kontrolle auf dem oberen Kirchplatz am Rathaus. | Bild: Cuko, Katy

Bußgelder im ruhenden Verkehr

Seit Ende 2018 veröffentlicht das Rathaus zudem jeden Monat auf ihrer Internetseite, an welchen Straßen die beiden mobilen Messgeräte standen und mit welchem Ergebnis. Dokumentiert sind im Schnitt zirka 30 Aktionen pro Monat, wobei es auch mal 54 sein können wie im Juli 2019. An manchen Stellen „lohnt“ sich die Kontrolle demnach fast immer. Ein Beispiel ist die Konradinstraße in der Kitzenwiese. Auf der Spielstraße ist Schritttempo Pflicht, doch auf dem gern benutzen Schleichweg ist im Schnitt fast jeder dritte Autofahrer deutlich schneller. So wurden am 10. Dezember 40 Fahrzeuge gemessen, von denen 13 im Schnitt mit 26 km/h unterwegs waren.

An der Ravensburger Straße „lohnt“ sich jede Kontrolle

Wo wird am häufigsten zu schnell gefahren? Anhand der Blitzerstatistik lassen sich einige neuralgische Punkte ausmachen. Hier gibt die sogenannte Verstoßquote Auskunft darüber, wie viel Prozent der vom Radar erfassten Fahrzeuge zu schnell waren. An der Ravensburger Straße „lohnt“ sich jeder Einsatz. So waren am 17. Dezember zwischen 8 und 12 Uhr exakt 100 von 553 Autos schneller unterwegs als die erlaubten 70 km/h. Wer geblitzt wurde, bei dem zeigte der Tacho im Schnitt 85 km/h an.

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Hohe Verstoßquoten gibt es regelmäßig zudem an der Messestraße, wo am 24. Oktober beispielsweise jedes vierte von 909 Fahrzeugen zu schnell war. Am 10. März waren am Messpunkt Kreuzlinger Straße binnen einer knappen Stunde von 34 Fahrzeugen sogar 30 zu schnell. Auch in der Hirschlatter Straße, wo an wechselnden Stellen fast jeden Monat die Geschwindigkeit kontrolliert wird, oder in der Prälat-Lutz-Straße, in Habratsweiler, auf der Bunkhofener- und Schmalzholzstraße halten sich viele Autofahrer fast gewohnheitsmäßig nicht an das Tempolimit.