Kurz bevor die neue EU-Verordnung Anfang des Jahres in Kraft trat, war die Sorge groß. Würde es überhaupt gute Tätowierfarben geben, würden diese rechtzeitig auf den Markt kommen? Durch das Verbot bestimmter Zusatzstoffe in den Farben war die Mehrheit der Farben betroffen. Sorge bereitete auch die Frage, ob die neuen Farben sich ähnlich verhielte wie die bisherigen und sich deckende Bilder auf die Haut bringen lassen würden.

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Ralf Granacher, der als Veranstalter der Tattoo-Convention bekannt ist und außerdem das Tattoo- und Piercingstudio „Bodystyle“ in der Ailingerstraße leitet, zeigt sich erleichtert: „Die Qualität der Farben ist gut, da waren wir wirklich positiv überrascht. Die Bedenken aus dem vergangenen Jahr haben sich nicht bestätigt. Da sind sich alle Artists einig, die hier arbeiten.“ Auch die nötige Auswahl der Farben sei gegeben. Der stressigste Teil liege nun hinter ihm: „Wir wussten Ende des Jahres nicht, ob wir die Farben rechtzeitig bekommen.“

Unter die Haut: Das gehen Tätowierungen ganz wortwörtlich. Eben deshalb ist es auch wichtig, dass Tattoofarben die Tätowierten nicht ...
Unter die Haut: Das gehen Tätowierungen ganz wortwörtlich. Eben deshalb ist es auch wichtig, dass Tattoofarben die Tätowierten nicht zusätzlich zur immanenten Verletzung schädigen. | Bild: Lena Reiner

Gleichzeitig hätten viele Kunden versucht, noch schnell einen Termin im alten Jahr zu bekommen, gerade solche mit größeren Tattoos, bei denen die Farbigkeit dieselbe bleiben sollte. Doch er habe trotz Unsicherheit fürs neue Jahr vorsorglich keine Termine abgesagt, sondern darauf gesetzt, dass die Farben rechtzeitig geliefert werden würden. „Nach fast neun Monaten Schließungszeit wegen Corona wollte ich das nicht nochmal mitmachen“, begründet er.

Neue Farben sind deutlich teurer

Tatsächlich sei dann alles gut gegangen, durch sein gutes Netzwerk habe er pünktlich alle Farben erhalten. Auch die Kunden hätten keine Bedenken. Allerdings gebe es aktuell eine neue Herausforderung. Durch die Pandemie hätten sich die Preise für Desinfektionsmittel verdoppelt, zeitweise sei gar keines lieferbar gewesen. Auch alles andere, was in den Bereich Hygiene falle, sei teurer geworden. Handschuhe etwa und die gehörten seit jeher zur Grundausstattung eines Tätowierers.

Die jüngste Schwierigkeit sind die Preise für die neuen Farben, die pro Fläschchen rund 40 Prozent über dem der alten Farben lägen. Obendrein sei in so einem Fläschchen weniger drin. „Ich kann meinen Kunden schlecht sagen: Du zahlst jetzt das Doppelte.“ Etwas anheben müsse er die Preise allerdings. Dafür zeigten die Kunden Verständnis. Da es schwer abzuschätzen sei, wie es weitergehe, werde auch die Tattoo-Convention in diesem Jahr lediglich zum Sommertermin im kleineren Format in der Festhalle in der Scheffelstraße stattfinden.

Lukas Bernardi im Tattoostudio „Sinister“ in Friedrichshafen.
Lukas Bernardi im Tattoostudio „Sinister“ in Friedrichshafen. | Bild: Lena Reiner

Auch Lukas Bernardi von „Sinister Tattoo“ merkt die Unsicherheit, die sich breitmacht. „Wir erleben gerade sehr viele Terminabsagen; manche Kunden kommen sogar ohne abzusagen nicht zum vereinbarten Termin“, schildert er. Allerdings sieht er bei den Absagen weniger die neuen Tattoofarben als Problem: „Ich merke eher, dass die Menschen generell verunsichert sind, teilweise durch Corona, dann aber auch durch die steigenden Preise. Dann ist so ein Tattoo nicht das Erste, was man finanziert, wenn man Sorge wegen seiner Lebenshaltung hat.“

Neue Farben sind flüssiger

Was die neuen Farben angehe, seien die Reaktionen unterschiedlich. „Es gibt Kunden, die rufen an, um sich zu informieren, andere wollen mit ihrem Termin lieber warten, bis es mehr Erfahrungswerte mit den Farben gibt.“ Tatsächlich hätten sie einen Unterschied festgestellt: Durch den Wegfall der Zusatzstoffe, zu denen Bindemittel gehörten, seien die Farben flüssiger. Das stelle grundsätzlich kein Problem dar, erschwere aber beispielsweise das Überdecken von anderen Tattoos.

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Insgesamt sei er nun aber vor allem erleichtert, dass sie weiterarbeiten könnten: „Zum Jahreswechsel war das echt hart. Überall wurden die neuen Farben beworben, aber wenn wir sie bestellen wollten, waren sie nicht lieferbar.“ Was die kommende Gesetzesänderung in Hinblick auf blaue und grüne Pigmente angehe, mache er sich noch keine Gedanken: „Jetzt geht es erst mal ans Weiterarbeiten und dann schauen wir, wie wir damit umgehen.“