Die ganze Nacht vor dem Fernseher verbracht hat eine US-Amerikanerin und Trump-Anhängerin aus dem Bodenseekreis. Mehr möchte sie über ihre Person nicht verraten. „Ich lebe in einem kleinen Ort und möchte keine Anfeindungen“, argumentiert sie. Um die Mittagszeit war noch unklar, ob der nächste US-Präsident Trump oder Biden heißen wird. Die Frau mit doppelter Staatsbürgerschaft hat nicht selbst abgestimmt. „Ich bin nicht registriert und hätte dafür erst rüberfliegen müssen. Das war mir zu aufwändig.“
Trump hat keinen Krieg begonnen
Ihr wichtigstes Argument für Trump ist, dass er im Gegensatz zu seinen Vorgängern in vier Jahren keinen Krieg begonnen hat. „Er hat zwar eine große Gosch‘, aber Hauptsache, er tötet niemanden“, sagt die Frau, die seit 1972 in Deutschland lebt. Ihrer Meinung nach hat Biden keinen Plan, außer den, gegen Trump zu sein. Außerdem sei er korrupt und weder zukunfts- noch zielorientiert.
Unruhen nach möglichem Sieg Trumps „von der Gegenseite schon initiiert“
Es mache sie fertig, dass die deutsche Presse darüber nicht berichte. „Mir ist überhaupt nicht klar, warum hier in Deutschland alle so auf Trump losgehen.“ Überzeugt ist die US-Amerikanerin davon, dass es nach Feststellung des Wahlergebnisses in jedem Fall zu Unruhen kommen wird. „Allerdings noch eher, wenn Trump gewinnt. Das ist von der Gegenseite schon alles initiiert.“
„Die Menschen finden es offenbar in Ordnung, wenn jemand im Weißen Haus Lügen verbreitet und seinen Rassismus offen zur Schau trägt.“Felicia Glidden, Künstlerin, die 2013 aus den USA nach Friedrichshafen zog
Künstlerin Felicia Glidden, die 2013 aus den USA nach Friedrichshafen zog, hat nachts zwar geschlafen, aber direkt nach dem Aufwachen die Nachrichten und den Stand der Auszählungen verfolgt. „Ich bin immer noch perplex“, sagt sie nachmittags. Sie habe nicht damit gerechnet, dass Trump erneut so viele Wähler von sich überzeugen könne. „Ich wollte das schon beim ersten Mal nicht glauben.“ Diesmal empfinde sie den Zuspruch als noch schlimmer, da inzwischen bekannt sei, wie Trump sich als Präsident verhalte: „Die Menschen finden es offenbar in Ordnung, wenn jemand im Weißen Haus Lügen verbreitet und seinen Rassismus offen zur Schau trägt.“
Atmosphäre in den USA hat sich deutlich verändert, „ist nicht mehr mein Zuhause“
Seit sie ihre Heimat Minneapolis verlassen habe, habe sich die Atmosphäre im Land deutlich verändert. „Ich war dieses Jahr zwei Wochen dort: Das ist nicht mehr mein Zuhause“, schildert sie. Trumps offen zur Schau getragene Menschenfeindlichkeit habe dazu geführt, dass es völlig okay geworden sei, lautstark Minderheiten zu diskriminieren. Früher habe es natürlich auch Rassismus gegeben, aber niemand habe sich getraut, jemandem offen ins Gesicht zu sagen, dass er dahin zurückgehen solle, wo er hergekommen sei. „Trump lebt das aber vor.“ Felicia Glidden zeigt sich auch besorgt über die Wirkung, die das auf Kinder und Heranwachsende habe: „Wie soll ich einem Kind vermitteln, dass es nicht okay ist, jemanden zu mobben oder zu beleidigen, wenn der Präsident es vormacht?“
Angst ist die vorherrschende Emotion
Die Grundstimmung im Land habe sich während seiner Amtszeit zum Negativen verändert. Angst sei die vorherrschende Emotion geworden: Besonders gleichgeschlechtliche Paare und Migranten nennt sie als betroffene Gruppen, aber auch die allgemeine Bevölkerung. „Auch diejenigen, mit denen ich von Zuhause spreche, sehen das so und sagen, dass sie sich wirklich unwohl fühlen.“
Viele US-Bürger von Fox News nicht umfassend informiert
Wieso die Menschen dennoch Trump so zahlreich wählen? Da hat sei eine Theorie: „Viele bekommen ihre Informationen von Fox News, aber das ist eigentlich eher ein Unterhaltungsprogramm als ernstzunehmende Nachrichten.“ Für sie sei es eine große Hilfe, dass zumindest die deutschen Medien den amerikanischen Präsidenten kritisierten und seine öffentlich getätigten Falschaussagen aufzeigten: „Das ist beruhigend für mich zu sehen, dass es Medien gibt, die hier klare Worte finden.“
Während des Gesprächs sind noch nicht alle Stimmen ausgezählt. Felicia Glidden hat Hoffnung wegen der Briefwahl, die noch komplett einfließen soll, betont aber: „Selbst wenn Biden die Wahl gewinnt, war eine große Gruppe für Trump und es werden harte Zeiten werden.“ Sie rechnet mit weiteren Protesten und Hasskampagnen.