Die Ankündigung soll die Neugier wecken: Ein aussichtsreicher Bewerber werde am Freitagvormittag seine Kandidatur zur OB-Wahl in Friedrichshafen am Steg zum Moleturm bekannt geben, ließ eine Agentur vor wenigen Tagen den SÜDKURIER wissen.

Vor Ort die Überraschung: Der Bewerber ist Johannes Henne, Bürgermeister von Immenstaad. Er wird zwar schon länger als Kandidat gehandelt. Auf Nachfrage des SÜDKURIER sagte er im April aber zunächst, dass er noch kein Statement betreffend einer möglichen Kandidatur abgeben möchte. Dann betonte er: „Die Wahl in Friedrichshafen ist für mich im Moment kein Thema und ich konzentriere mich auf die Kommunalwahl am 9. Juni, bei der ich für den Kreistag im Wahlkreis IV für Meersburg, zu dem auch Immenstaad gehört, kandidieren werde.“

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Dabei sei für ihn die Sache eigentlich schon seit dem 18. März klar gewesen, erklärt er am Freitag auf Nachfrage. An dem Tag hatte Andreas Brand bekannt gegeben, dass er zur Wiederwahl nicht mehr antreten werde und vorzeitig in den Ruhestand geht. „Wir waren an dem Tag wegen der B31 in Berlin, und mein Handy hat geklingelt. Mein Bruder hat mich gefragt, ob ich die Nachricht schon gelesen hätte“, erzählt er. Matthias Henne war sechs Jahre Bürgermeister in Zwiefalten, bis er 2020 Oberbürgermeister in Bad Waldsee wurde. Johannes Henne ist seit sechs Jahren Bürgermeister in Immenstaad.

Johannes Henne weiß im Wahlkampf seine Frau Emma hinter sich. Die Entscheidung hätten sie gemeinsam getroffen.
Johannes Henne weiß im Wahlkampf seine Frau Emma hinter sich. Die Entscheidung hätten sie gemeinsam getroffen. | Bild: Cuko, Katy

Danach habe er lange darüber nachgedacht und mit seiner Familie, vor allem seiner Frau, abgewogen: Wie stehen die Chancen? Vor dem Pfingsturlaub auf Mallorca hätten sie sich entschieden, sagt Emma Henne. „Wir machen‘s.“ Eine Entscheidung, die auch Wagnis und Risiko sei, gibt er zu. „Das nehme ich in Kauf.“

„Henne für den Hafen“

Noch bevor Johannes Henne seine Kandidatur an diesem Freitagvormittag erklärt, wird am Moleturm ein großes Banner entrollt. „Henne für den Hafen“ steht darauf. Ob er dafür eine Genehmigung hat? Der Bürgermeister der Nachbarstadt lächelt und sagt: „Manchmal muss man einfach machen.“ Nur das miese Wetter macht ihn bei diesem Überraschungs-Coup einen Strich durch die Rechnung.

Mit einem großen Banner am Moleturm macht Johannes Henne seine Kandidatur am Freitagvormittag öffentlich.
Mit einem großen Banner am Moleturm macht Johannes Henne seine Kandidatur am Freitagvormittag öffentlich. | Bild: Katy Cuko

Der Auftritt ist trotzdem perfekt inszeniert. Dafür sorgen auch die Henne-Kekse, von denen seine Mutter schon 300 für den Wahlkampf gebacken hat, oder die weißen Luftballons mit seinem Slogan drauf. Auf Hennes Internetseite, die pünktlich zu seiner Ankündigung am Häfler Ufer ebenfalls online ging, schreibt er: „Unser FN kann mehr – das sage ich aus voller Überzeugung, denn ich sehe großartige Potenziale und Möglichkeiten für die Zukunft dieser Stadt.“ Die Aufgaben und Herausforderungen seien groß, die Chancen und Potenziale aber ebenso.

In Friedrichshafen ist Johannes Henne seit 2023 zuhause.
In Friedrichshafen ist Johannes Henne seit 2023 zuhause. | Bild: Cuko, Katy

„Unser FN“? Henne ist Bürgermeister von Immenstaad, seit Januar 2023 mit seiner Familie und den beiden Kindern aber im Häfler Stadtteil Fischbach zu Hause. „Das war Zufall, keine Strategie“, erklärt er lachend. Die Kandidatur sei ja keine Entscheidung gegen Immenstaad, sondern „eine Chance für die berufliche Entwicklung, die ich nutzen möchte“. Er habe den Gemeinderat und sein Team im Rathaus bereits über seine Bewerbung informiert und Verständnis für diesen Schritt erhalten.

Ähnlich pragmatisch sieht Johannes Henne das mit seiner politischen Heimat. Zwar sei das seit 2004 die CDU. Doch in den Wahlkampf um den OB-Posten geht er als unabhängiger Kandidat. Gute Kommunalpolitik müsse sich immer an der Sache und am Allgemeinwohl orientieren. So habe er es schon bei seinem Vater gelernt, der selber knapp 37 Jahre lang Bürgermeister in Sigmaringendorf war.

Mit welchen Visionen für Friedrichshafen geht er ins Rennen? Das erläutert er am Freitagvormittag.
Mit welchen Visionen für Friedrichshafen geht er ins Rennen? Das erläutert er am Freitagvormittag. | Bild: Cuko, Katy

Kompetenz und Erfahrung sind da

Dass Johannes Henne mit 36 Jahren der jüngste OB in Friedrichshafen werden würde, scheint den selbstbewussten Bürgermeister eher anzuspornen. Formal bringt er mit, was man vom Rathauschef erwarten würde. Er hat in Kehl Verwaltung studiert, dann in Berlin seinen Master gemacht und nebenher in einer Unternehmensberatung gearbeitet. Bis zur Wahl in Immenstaad war Johannes Henne als Projektleiter in einer Beratungsfirma für die Themen Verwaltungsmodernisierung und Smart City im Auftrag mehrerer großer Städte tätig. Er gehört zur Riege der jungen, digital affinen Bürgermeister. Heute kann er auch auf die Wiederwahl in den Kreistag verweisen, die ihm „den Rücken stärkt“.

Das sind die Gegenkandidaten

Doch solch ein Spaziergang wie in Immenstaad, wo Henne 2017 keinen Gegenkandidaten hatte, wird die Wahl in Friedrichshafen nicht. Zwei Bewerber haben ihre Kandidatur bereits öffentlich gemacht, zuletzt Frank Schmid aus Friedrichshafen. Mit Simon Blümcke, Erster Bürgermeister in Ravensburg, steht ein weiteres kommunalpolitisches Schwergewicht auf dem Stimmzettel. „Das wird ein echter Wahlkampf, den ich in Immenstaad leider nicht hatte“, sagt Johannes Henne. Der nächste OB von Friedrichshafen wird am 29. September gewählt.