Die Idee klingt so einfach wie brillant: Was wäre, wenn sich ein Elektroauto durch die Kraft der Sonne laden ließe? Genau dieses Konzept verfolgt das Münchner Unternehmen Sono Motors bereits seit 2016. Seitdem hat der Betrieb gut 330 Millionen Euro eingesammelt – und dennoch fehlt es an Geld: Das Projekt steht vor dem Aus. Deswegen tourt das Team nun durch Deutschland und wirbt um Käufer. Am Dienstag hat es Halt in Friedrichshafen gemacht. Was also sagen die Häfler zum Projekt? Und wäre die Technologie gar interessant für die ZF oder Rolls-Royce Power Systems?

Zuspruch und Zweifel
Auf Interesse trifft das dunkle Auto mit den Solarpanels auf der Außenhaut durchaus. Einer der Besucher am Buchhornplatz, die sich trotz kalter Temperaturen den Wagen ansehen, ist Marcel Beyer. Vieles am Konzept gefällt ihm: „Wenn die Angaben stimmen, wäre das revolutionär“, findet Beyer. Nach Angaben von Thomas Hausch, einem der Sono-Chefs, soll das Gefährt jährlich 5800 Kilometer allein durch Solarkraft fahren – deutsches Wetter einkalkuliert. Auch den Preis von unter 30.000 Euro findet Beyer in Ordnung. Kaufen will er das Auto dennoch nicht. „Ich habe derzeit keinen Bedarf.“
Familie Beck begutachtet den Wagen: „Wir haben den Sion schon vor vier oder fünf Jahren in Basel Probegefahren“, erzählt Silja Beck. Ihr Mann nickt. „Doch auch sie wollen ihn sich nicht kaufen. „Wir haben einen ID3 von VW geleast, der Vertrag läuft noch zwei Jahre“, fährt Silja fort. Zudem hat das Paar Bedenken: „Ich finde es beeindruckend, wie weit der Betrieb mit dem Projekt gekommen ist“, sagt Norbert Beck. Dennoch sieht er ein Risiko darin, für knapp 30.000 Euro ein Auto bei einem noch jungen Unternehmen zu kaufen. Man wisse ja nicht, wie sich der Betrieb entwickle.

Allerdings scheint es auch Käufer zu geben. Bislang sei die Produktion von gut 40.000 Autos geplant, berichtet Chef Thomas Hausch. Für gut 22.000 Exemplare hätten die Kunden bereits Anzahlungen geleistet. Auch eine Autovermietung hat laut Hausch bereits Kaufzusagen gemacht. Warum also steht das Projekt vor dem Aus, wenn Sono Motors nicht weitere 105 Millionen Euro von Kunden zusammenbekommt? „Wir brauchen das Geld, um Werkzeuge zur Fertigung zu kaufen“, so Hausch. Gebaut werden sollen die Autos in Finnland bei einem Auftragsfertiger. Hohe Zinsen am Kapitalmarkt und der niedrige Aktienkurs des Unternehmens erschweren allerdings die Kapitalbeschaffung.
Was sagen die Häfler Betriebe?
Wenn die Kampagne scheitert, wird der Sion wohl nicht gebaut. Weitermachen würde Sono Motors dann als Anbieter seiner Solarpanels – diese Unternehmenssparte wirft nach Angaben des Betriebs bereits Geld ab. Doch wäre im Falle eines Fehlschlags der Sion keine gute Gelegenheit für zwei Häfler Betriebe, sich weiter in der Autobranche zu etablieren?
Seitens Rolls-Royce Power Systems (RRPS) winkt ein Sprecher ab. Er schreibt zwar: „RRPS befasst sich intensiv mit der Nutzung erneuerbarer Energien.“ Im Fokus stünden Lösungen für nachhaltige und klimaschonende Energieversorgung sowie für die Energieversorgung der eigenen Werke. Allerdings seien die Leistungsanforderungen der Kunden und sowie der eigenen Werke um ein Vielfaches höher als beim Personenauto. Zu Strategien bei Übernahmen will er sich zudem grundsätzlich nicht äußern.

Ein Sprecher der ZF lobt in seiner Antwort das Konzept: „Mit dem Ansatz, Solarzellen zur Energiegewinnung für den Fahrzeugantrieb zu nutzen, verfolgt Sono Motors einen innovativen und nachhaltigen Ansatz zur emissionsfreien Mobilität.“ Doch auch die ZF würde wohl kein Geld in den Betrieb investieren: Für sie stehe der Fahrzeugantrieb im Vordergrund. Welche Energiequelle in einem Pkw oder Lkw dafür verwendet werde, hänge vom jeweiligen Fahrzeugkonzept der ZF-Kunden ab. „Daher steht für uns als Automobilzulieferer ein Engagement hier nicht zur Debatte.“
Und so geht es weiter: Stand Mittwoch, 8. Februar, hat das Unternehmen bereits 49 Millionen Euro eingesammelt. Anvisiert sind 105 Millionen. Ob der Sion also noch in Serie produziert wird, klärt sich bald: Die derzeitige Kampagne läuft noch bis zum 28. Februar, zumindest momentan. Sie ist schon einmal um einen Monat verlängert worden. So oder so: Bald dürfte Klarheit über die Zukunft des Solarautos aus München herrschen.