Hagnau – Der Einsatz von Defibrillatoren in der Notfallmedizin wird bei Herzinfarkten immer selbstverständlicher, ist es doch oft die einzige Möglichkeit, den plötzlichen Herztod zu vermeiden. Aber ihr Einsatzradius ist begrenzt. Denn im Ernstfall zählt jede Sekunde. So gibt es seit einiger Zeit die Idee, "Defis" möglichst flächendeckend auch auf öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Gebäuden zu verteilen. Flughäfen, Bahnhöfe oder Schulen sind mittlerweile oft mit einem solchen Gerät ausgerüstet, ja, man findet im Netz sogar den "kleinen Defi für zu Hause" zum Preis von 39,99 Euro. Nun hat auch Hagnau drei dieser Lebensretter – gespendet von der Volksbank Hagnau und ihrer Stiftung.
"Das ist ein ganz besonderes Geschenk", freut sich Bürgermeister Volker Frede. "Eine Spende, die Leben retten kann." Und er fügt hinzu: "Wir hoffen, dass wir sie nie brauchen. Aber wenn doch, dann sind wir gerüstet. Das ist wie bei einer Versicherung." Die Idee, Defibrillatoren für die Gemeinde anzuschaffen, kursierte im Rathaus schon länger. "Als jetzt die Volksbank auf uns zukam, weil sie uns etwas schenken wollte, haben wir diese Idee verwirklicht."
Die Gelder stammen laut Bankvorstand Werner Meichle großenteils aus Gewinnsparmitteln. Dabei wird ein Teil der Spargelder wie ein Los behandelt, das zusätzlichen Gewinn für den Sparer abwerfen kann. Die Gelder, die nicht als Gewinn ausgeschüttet werden, kommen der Öffentlichkeit zugute – so wie jetzt mit der Spende der drei Defibrillatoren für Hagnau.
Defibrillatoren sind nicht ganz billig, vor allem wenn sie so komfortabel und damit "laiensicher" sind wie diese. "Die drei Geräte haben zusammen 4700 Euro gekostet", sagt Frede. Sie sind von der neuen Generation sogenannter AED (automatisierter externer Defibrillator) und können über eigene Diagnoseverfahren feststellen, ob im akuten Fall der Einsatz überhaupt notwendig und sinnvoll ist. Nur dann löst das Gerät auch aus.
Natürlich ist es trotzdem sinnvoll, sich in den Gebrauch des Gerätes einweisen zu lassen. Frede dazu: "Dazu haben Mitarbeiter der Gemeinde – die von der Schiffsanlegestelle, aber auch aus dem Rathaus – sowie Angestellte der Volksbank eine Schulung mitgemacht. Doch im Prinzip kann jeder diese Geräte bedienen." Dabei betont Frede, wie wichtig die sprachliche Bedienführung ist. "Wer würde sonst in so einer Stresssituation wissen, was zu tun ist oder gar eine Bedienungsanleitung lesen?"
Um möglichst kurze Wege zum nächsten Gerät zu haben, sind die drei Defibrillatoren über den Ort verteilt. "Eines ist am öffentlichen WC beim Landesteg angebracht, ein anderes im Foyer der Volksbank bei den Geldautomaten und das dritte oben bei den Sportanlagen von Tennis- und Fußball-Club." Im Winter wird das Gerät vom Landesteg ins Gwandhaus verlagert, weil dort dann mehr Publikum unterwegs ist. "Jetzt müssen wir noch dafür sorgen, dass man sie im Notfall auch findet."
Es gibt zwar eine App, die Standorte von Defis anzeigt. Aber ob man im Notfall das Handy dabei hat? "Wir werden auf jeden Fall markieren, wo die Apparate stehen", verspricht Frede. Sofern die Geräte nicht missbräuchlich verwendet werden, ist ihre Haltbarkeit enorm. Die Warteintervalle betragen drei Jahre – oder natürlich nach einem Einsatz. Dann sind die Elektroden auszutauschen, die jeweils nur einmal benutzt werden können.
So funktioniert ein Defibrillator
Bei einem Herzinfarkt kommt es auf jede Sekunde an, oft ist deshalb der Notarzt zu spät. Die Lösung heißt AED. Ein automatisierter externer Defibrillator (AED) ist für den Einsatz außerhalb (extern) von Praxen und Krankenhäusern gedacht – und auch außerhalb von wissendem Personal. Denn er erkennt nicht nur selbstständig (automatisiert), was zu tun ist, sondern gibt dem laienhaften Anwender über ein Sprachmodul auch genaue Anweisungen. Er diagnostiziert, ob überhaupt ein Stromstoß nötig ist, und reguliert seine optimale Stärke. Eine Fehlbedienung ist somit ausgeschlossen. Das Gerät erinnert daran, den Notarzt zu rufen und weist den Benutzer in die nötigen begleitenden Maßnahmen ein, etwa in die Herzdruckmassage und die künstliche Beatmung. Denn ein Defi ist immer nur eine Maßnahme in einem ganzen Maßnahmenpaket, um das Leben von Infarktpatienten zu retten.
Bei der Defibrillation wird mit Elektroden ein Stromstoß auf den Körper des Betroffenen abgegeben, erklärt der stellvertretende Bereichsleiter des Rettungsdienstes in Überlingen, Thomas Padur, dem SÜDKURIER. Dabei solle das ungeordnete Flimmern der Herzkammern unterbrochen werden und in einen geregelten Rhythmus übergehen. Beim Auffinden einer Person solle zuerst das Bewusstsein und die Atmung überprüft werden. Das könne entweder an der sich auf- und abbewegenden Brust oder direkt am Mund festgestellt werden, wie Padur erklärt. Bei normaler Atmung solle die Person in die stabile Seitenlage versetzt und im Anschluss ein Notruf abgesetzt werden. Wenn die Person nicht mehr atme, solle zuerst ein Notruf abgesetzt und dann eine Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) ausgeführt werden. "Wenn man alleine ist, konzentriert man sich am besten ausschließlich auf das Drücken und die Beatmung", sagt Padur.
Angst müsse niemand vor den Anforderungen eines Defibrillators haben, denn die meisten Geräte zeigten nicht nur die einzelnen Arbeitsschritte auf einem Piktogramm an, sondern "sprechen sie einem auch noch vor", sagte Padur. Im ersten Schritt der Defibrillation müsse der Brustbereich frei gemacht, das Gerät aufgemacht und die Elektroden vom Klebestreifen befreit werden. Dann werden sie auf die richtigen Körperstellen – eine oberhalb des rechten Schlüsselbeins, die andere unterhalb der linken Brust – geklebt. "Die Positionen sind auch auf den Elektroden selbst noch einmal groß abgebildet. Das Gerät erkennt dann von allein, ob und wie stark der Herzschlag noch vorhanden ist" und teile dem Helfer die weiteren Schritte mit. Wer sich im Umgang mit Defibrillatoren unsicher fühle, der könne auch Padurs Kollegen beim Absetzen des Notrufs darum bitten, bei der Inbetriebnahme zu unterstützen. "Der Helfer kann das Handy dann einfach auf Lautsprecher stellen und den Anweisungen folgen. Eigentlich kann man nichts falsch machen, denn der Defibrillator wird nur ausgelöst, wenn der Betroffene auch wirklich einen Stromschlag braucht", erklärt der stellvertretende Bereichsleiter. Wenn es doch zum Einsatz des AEG-Geräts komme, dann sei jedoch Vorsicht geboten: "Die Helfer sollten den Betroffenen in diesem kurzen Moment nicht mehr berühren, weil dann Strom durch den Körper fließt. Ansonsten kann eigentlich nicht viel schief gehen", sagt Padur.
Für viele ein weiterer wichtiger Aspekt: Beim Helfen kann laut Padur keiner für einen Fehler belangt werden. Egal ob beim Defibrillieren etwas schieflaufe, bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung eine Rippe breche oder die Kleidung in Mitleidenschaft gezogen werde: "Rechtlich hat das für den Helfer keine Konsequenzen. Nur bei unterlassener Hilfeleistung muss man sich verantworten." (sku/up)