Die Ortskernentwicklung in Böhringen beschäftigt den Ort bereits seit Jahren – aber nun rücken das neue Dorfgemeinschaftshaus und der neue Dorfplatz als Herzstück der neuen Ortsmitte immer näher. Mehr als 60 Bürger ließen sich nun bei einer Informationsveranstaltung der Stadt über die weiter entwickelten Pläne informieren. Nachdem im Herbst die Ergebnisse des Planungswettbewerb öffentlich ausgestellt waren und in den vergangenen Monaten in regem Austausch mit den zukünftigen Hauptnutzern die Vorentwurfsplanung erarbeitet wurde, konnten nun alle Böhringer auch Anregungen einbringen.
„Wir freuen uns, dass es in der Ortsmitte voran geht und versprechen uns viel davon, dass sich Böhringen langfristig auch über die Peripherie des Sanierungsgebietes hinaus attraktiv weiterentwickelt“, so Ortsvorsteher Jürgen Keck in seiner Begrüßung.
Gespräche mit Hauseigentümern und potenziellen Nahversorgern
Thomas Nöken, Leiter des Fachbereichs Stadtplanung und Baurecht, erläuterte zunächst den Stand des 4,9 Hektar großen Sanierungsgebiets „Ortsmitte Böhringen“. Dieses umfasst neben dem Zentrum auch Flächen nördlich der Fritz-Kleiner-Straße und rund ums Rathaus. Besonders Hauseigentümer in diesem Gebiet rief er dazu auf, die attraktiven Fördermöglichkeiten für Modernisierungen zu nutzen. Mit rund zehn Eigentümern laufen bereits Gespräche.
Ein zentrales Anliegen für Böhringen mit seinen fast 5000 Einwohnern ist im Zuge der neuen Ortsmitte die Lebensmittel-Nahversorgung. Ursprünglich war dafür das Rathausareal vorgesehen, doch der Ortschaftsrat brachte auch das Gebiet nördlich der Fritz-Kleiner-Straße ins Spiel. „Wir sind intensiv dran“, betonte Nöken. Mit zwei potenziellen Nahversorgern führe man bereits Gespräche, in denen es um konkrete Konzepte gehe. Mehr Details wollte er trotz mehrerer Fragen aus dem Publikum mit Blick auf die Gespräche nicht preisgeben. Man werde zu gegebener Zeit im Ortschaftsrat berichten.
Gewölbekeller erlebbar machen
Schwerpunktthema war das Projekt Dorfgemeinschaftshaus und Dorfplatz, mit dem Böhringen zwischen Fritz- Kleiner-Straße und Singener Straße ein zentrales Domizil mit großem Festsaal für die Bürgerschaft, multifunktionalen Räumen für Vereine und Initiativen sowie Ortsverwaltung und Bibliothek unter einem Dach schaffen will. Damit soll die Ortsmitte funktionell aufgewertet und attraktiver gestaltet werden.
Das denkmalgeschützte Anwesen Fritz-Kleiner-Straße 3 mit Scheune und Wohngebäude wird hierfür saniert, umgenutzt und durch einen Neubau in Holzbauweise erweitert, der sich zum Dorfplatz hin öffnet. Für das neue Dorfgemeinschaftshaus muss das ehemalige Schlachthaus weichen, in dem bislang noch Vereinsinventar gelagert ist. Ein Teil des historischen Gewölbekellers soll erhalten bleiben und möglicherweise durch ein Bodenschaufenster oder eine Klappe erlebbar gemacht werden. Der Abriss ist bereits für Sommer 2026 geplant, um frühzeitig archäologische Untersuchungen unter der Bodenplatte abzuschließen – damit es später nicht zu Bauverzögerungen kommt. Der Zeitplan sieht aktuell vor, dass Dorfgemeinschaftshaus und Dorfplatz bis Ende 2028 fertiggestellt werden.
Was ist schon passiert?
„Wir haben schon etliche Meilensteine erreicht, in manchen Dingen denken wir aber noch in Alternativen“, so Thomas Nöken. Fix sei das mit den Hauptnutzern erarbeitete Raumprogramm, doch für die Weiterentwicklung der Nutzungen und Funktionen bleibe es wichtig, die Bedürfnisse der Menschen vor Ort einfließen zu lassen. Mittlerweile wurde das Projektteam aus Verwaltung und Architekten mit den Fachingenieuren für Statik, Heizung, Sanitär und Lüftung, Elektro, Akustik, Schallschutz, Brandschutz und Küchenplanung komplettiert.
Auch das historische Wohngebäude wurde in Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege bereits entkernt, um die ursprüngliche Bausubstanz freizulegen. Dort gebe es mit Blick auf unterschiedliche Raumhöhen, Denkmalschutz und moderne Arbeitsbedingungen für Verwaltung und Bibliothek noch einige knifflige Fragen zu lösen.
So sehen die Pläne aus
Die bei der Veranstaltung vorgestellten Pläne des Büros Schaudt Architekten sowie der Landschaftsarchitekten Schuler & Winz stießen auf großes Interesse. Die große Vorfreude der Zuhörer auf das zu erwartende Schmuckstück war bei der Präsentation der Pläne deutlich spürbar.
Laut der Planung liegen alle für die Öffentlichkeit vorgesehenen Räumlichkeiten barrierefrei im Erdgeschoss des historische Wohngebäudes. Ortsverwaltung, Bibliothek, der kleine Saal für Trauungen und Ratssitzungen, und die zentrale Toilettenanlage werden sowohl durch die zwischen Alt- und Neubau gelegene transparente Foyer-Erweiterung als auch direkt von der Fritz- Kleiner-Straße aus erschlossen.
Im Obergeschoss des Altbaus sind zwei Geschäftszimmer für Turnverein und Bengelschießer-Zunft vorgesehen. Barrierefreien Zugang zu den oberen Geschossen des Alt- und Neubaus schafft ein Aufzug in der offen gestalteten Tenne. Als Besonderheit mit Pilotcharakter auch für andere Ortsteile kündigte Thomas Nöken die als „Open-Library“ oder Flexi-Bib konzipierte Bibliothek mit öffentlichem Lesebereich an. Sie soll den Besuchern zu bestimmten Zeiten auch ohne Personal Zugang gewähren. Böhringer Grundschulkinder brachten Ideen zur Ausstattung ein – von Chill-Ecken über Basteltische bis hin zu Spielelementen.
Nachhaltige Energiegewinnung
Unter einem großzügigen Vordach, direkt am Mühlbach gelegen, gelangt man über das Foyer in den Neubau mit dem großen Festsaal, der 200 Personen fasst und mit einer festen Bühne ausgestattet ist. Flexible Türen verzahnen Saal und Foyer miteinander und ermöglichen jeweils gegenseitige Raumerweiterungen. Großzügige Verglasungen öffnen den Saal zur Südseite hin – direkt zum neuen Dorfplatz, der künftig Raum zum Feiern bietet. Die Küche liegt zentral zwischen Saal und Foyer, so dass sie auch den Dorfplatz und alle weiteren Räumlichkeiten im Alt- und Neubau bedienen kann.
Im Obergeschoss des Neubaus ist – weithin sichtbar von der Singener Straße aus – unter einem ausladenden Dach der große Probenraum für den Musikverein untergebracht, er wird von Canti Nova mitgenutzt. Das Dach wird mit Photovoltaik-Modulen belegt, die den benötigten Strom für das Gebäude erzeugen. Die Wärmegewinnung für die angedachte Fußbodenheizung könne über eine Luft-Wasser- Wärmepumpe oder alternativ über Erdsonden erfolgen.
Keine Autos mehr auf dem Platz
„So viel Grün und so viele Bäume wie möglich“ lautet angesichts immer heißer werdender Sommer die Devise der Landschaftsarchitekten für den Dorfplatz. Noch offen ist die genaue Platzierung von Narren-, Mai- und Christbaum sowie des Narrenbrunnens. Mehrere Jahre müsse auch noch die Feuerwehrzufahrt gewährleistet seien. Klar sei, die Bestandsbäume am westlichen Rand des Dorfplatzes zu erhalten und auch im Osten könne eine Baumgruppe am Mühlbach entstehen. Konkreter sind schon die Planungsideen, wie der in einem Betonbett liegende Mühlbach aufgeweitet und erlebbar gemacht werden kann. Etwa über kleine Terrassen hinunter bis zum Wasser, die auch als sekundäre Sitzgelegenheiten genutzt werden könnten.
Autos sollen künftig nicht mehr auf dem Platz parken. Stattdessen entstehen 24 Stellplätze nördlich der Fritz-Kleiner-Straße sowie Fahrradstellplätze an den Zugängen zum Platz.