Mit einer aufwändigen Broschüre und einer fünfstündigen Info-Veranstaltung am Freitag im Gwandhaus ist der offizielle Kampf um Stimmen für den Bürgerentscheid zum Projekt Westhafen in Hagnau abgeschlossen. Jetzt entscheiden die Wähler am 24. Oktober an der Wahlurne oder zuvor per Briefwahl, ob das Projekt am Westhafen wie geplant weitergeht oder gestoppt wird.

„Es ist wichtig, dass man sich im Dorf auch nach der Abstimmung noch in die Augen schauen kann, egal wie das Ergebnis aussieht.“
Katharina Riedel, Moderatorin

Hunderte Hagnauer nutzten die Veranstaltung, sich noch einmal genau zu informieren. Dazu hatten die Verwaltung und die Initiative „Hafen mit Herz“ jeweils Stelltafeln mit ihren Argumenten aufgebaut.

Jeweils 15 Minuten Redezeit für beide Seiten

Außerdem gab es drei Termine, zu denen Bürgermeister Volker Frede als Stimme der Verwaltung und des Gemeinderates sowie Herbert Neuland für die Bürgerinitiative jeweils 15 Minuten lang ihre Sicht der Dinge darstellen konnten. Moderatorin Katharina Riedel von Translake ermahnte die Anwesenden, es sei wichtig, dass man sich im Dorf „auch nach der Abstimmung noch in die Augen schauen kann, egal wie das Ergebnis aussieht“.

Heike Winder, Zuhörerin: „Ich finde den Prozess gut, auch die heutige Veranstaltung; aber es ist schade, dass nur wenige ...
Heike Winder, Zuhörerin: „Ich finde den Prozess gut, auch die heutige Veranstaltung; aber es ist schade, dass nur wenige Unentschlossene da sind, um sich zu informieren. Fast alle, die ich sehe, wissen schon, was sie wählen. Ich habe in der Vergangenheit schon viele Planungen zum Hafen erlebt. Das ist jetzt der kleinste Nenner und insgesamt eine gute Lösung.“ | Bild: Uwe Petersen

Doch nicht nur in der Bewertung des Projektes selbst gingen die Meinungen der beiden Seiten auseinander: Frede hält es für dringend nötig, Neuland für „sozioökonomisch nicht vertretbar“. Auch in der rechtlichen Bewertung besteht keine Einigkeit. Bürgermeister und Gemeinderat sind der Meinung, dass mit einem Ja zum Abbruch des Prozesses auch alle Einzelprojekte betroffen wären, da es um eine Gesamtplanung gehe, die nicht trennbar wäre.

Wer Ja will, also die Umsetzung des Gesamtprojekts mit der Sanierung des Hafens, muss „Nein“ ankreuzen: Um das noch einmal ...
Wer Ja will, also die Umsetzung des Gesamtprojekts mit der Sanierung des Hafens, muss „Nein“ ankreuzen: Um das noch einmal zu verdeutlichen, hatte Bürgermeister Volker Frede ein großes NEIN vor sich aufgebaut. | Bild: Uwe Petersen

Frede: Gesamtprojekt dürfte nicht umgesetzt werden

„Das Projekt ist keine willkürliche Zusammenstellung einzelner Elemente, sondern ein Gesamtprojekt, in dem verschiedene Elemente tatsächlich und rechtlich miteinander verknüpft sind“, argumentiert Frede und führt weiter aus: „In rechtlicher Sicht wendet sich die Initiative mit ihrem kassatorischen Begehren gegen den Grundsatzbeschluss des Gemeinderates vom 27. April 2021, in dem das Gesamtprojekt beschlossen wurde. Bei einem erfolgreichen Entscheid ist die Gemeinde verpflichtet, diesen Beschluss nicht umzusetzen.“ Dies gelte für drei Jahre.

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Herbert Neuland ist einer der Initiatoren des Bürgerentscheids. Sein Hauptargument: „Der Hafen ist nur für eine kleine Gruppe der ...
Herbert Neuland ist einer der Initiatoren des Bürgerentscheids. Sein Hauptargument: „Der Hafen ist nur für eine kleine Gruppe der Bevölkerung.“ | Bild: Uwe Petersen

Neuland: „90 Prozent der Kosten des Gesamtprojekts fallen auf den Hafen“

Die Initiative hingegen beruft sich auf einen Brief von Edgar Wunder, dem Landesvorsitzenden des Vereins „Mehr Demokratie“. Dieser vertritt die Meinung, dass auch bei einem Erfolg des Entscheids Einzelmaßnahmen, die nicht direkt mit dem Hafen verbunden sind, ohne Frist eingeleitet werden könnten. Die unterschiedliche Sicht liegt wohl auch in der unterschiedlichen Bewertung: Die Initiative sieht den Hafenausbau als den größten Posten an (“90 Prozent der Kosten des Gesamtprojektes fallen auf den Hafen“).

Reiner Happel, Zuhörer: „Die Veranstaltung ist gut; von beiden Seiten sind die Argumente klar geworden, auch wenn ich vorher schon ...
Reiner Happel, Zuhörer: „Die Veranstaltung ist gut; von beiden Seiten sind die Argumente klar geworden, auch wenn ich vorher schon gut informiert war. Ich bin Mitglied in der WSG Hagnau. Wir sind seit Jahrzehnten schon für den Ausbau und die Erweiterung des Hafens. Im jetzigen Zustand ist der Hafen unsicher für die Boote und die Nutzer und wegen der geringen Tiefe nur beschränkt nutzbar.“ | Bild: Uwe Petersen

Frede argumentiert hingegen mit der Nutzung und den für Hagnau anfallenden Kosten: „Wenn man einen Projektschwerpunkt konstruieren wollte, so wäre es sicherlich der Bereich Park mit Servicegebäude, da dieser die mit Abstand höchste Besucherfrequenz aufweisen wird und dies auch der Bereich mit den größten finanziellen Auswirkungen für die Gemeinde darstellt.“ Denn die Kosten für den Hafen würden ja über die Mieten wieder eingespielt.

Susanne Warnkönig, Zuhörerin: „Ich war schon im Bürgerprozess dabei, an dem ja jeder teilnehmen konnte, und habe mit anderen sogar ...
Susanne Warnkönig, Zuhörerin: „Ich war schon im Bürgerprozess dabei, an dem ja jeder teilnehmen konnte, und habe mit anderen sogar einen Flyer entworfen, in dem wir die Argumente gegenüberstellen und die meiner Meinung nach falschen Behauptungen der Bürgerinitiative richtigstellen. Auch die Antworten der Vertreter der Initiative heute auf Fragen im Gespräch waren nicht aufschlussreich.“ | Bild: Uwe Petersen

Die Anwesenden schienen jedenfalls zum großen Teil schon entschieden. Zwar erhielten beide Redner Applaus von allen Zuhörern, aber dieser galt wohl mehr ihrem Engagement als den jeweiligen Argumenten.