Bei der Feuerwehr in Immenstaad geht ein Notruf ein und Claus Mecking rückt mit dem Drehleiter-Fahrzeug aus. Hoch oben, auf einer Antenne, sitzt jammernd das Kätzchen eines kleinen Jungen, für den der Feuerwehrkommandant jetzt zum Helden wird: Die panische Katze bohrt ihre nadelspitzen Krallen erbarmungslos durch die dicken Handschuhe ihres Retters. Doch der lässt sie nicht los.

Anderen zu helfen, das steht für den heute 58-jährigen Claus Mecking ganz oben an. Dafür schenkt er seine wertvolle Zeit anderen Menschen. Nicht nur bei Verkehrsunfällen, umgestürzten Bäumen oder wenn es brennt. Auch für seinen ein Jahr jüngeren Bruder Thomas ist diese Haltung eine Selbstverständlichkeit. Und das seit 40 Jahren. Turnen, Fußball und nebenbei noch Klarinette in der Musikkapelle spielen, das füllte die beiden Mecking-Brüder zu Jugendzeiten nicht aus. "Es gehörte damals einfach dazu, dass man zur Feuerwehr ging", sagt der ältere Bruder. Und nach dem Großvater und Vater folgten sie selbstverständlich der Familientradition. Ein anspruchsvolles Hobby, das sich die beiden neben Beruf und Familie ausgesucht haben. "Ein Fehler ist da verhängnisvoller als ein falscher Ton auf der Klarinette", sagt der jüngere schmunzelnd dazu.

Thomas und Claus Mecking sind bis heute leidenschaftlich bei der Feuerwehr in Immenstaad im Einsatz.
Thomas und Claus Mecking sind bis heute leidenschaftlich bei der Feuerwehr in Immenstaad im Einsatz. | Bild: Anette Bengelsdorf

Aufgaben heute weniger gefährlich

Dass Fehler seltener werden und die Aufgaben heute weniger gefährlich sind als noch Ende der 70er Jahre, ist nicht zuletzt moderner Technik und verbesserter Ausrüstung zu verdanken. Mit einer Mischung aus Belustigung und Horror erinnern sich beide an ihre Uniform. Ausgerüstet mit der eigenen Hose, einer sackoartigen Jacke, Lederstiefeln und Helm, anfangs zu Hause aufbewahrt, fuhren die Männer los ins Ungewisse, wenn der Alarmempfänger zum Einsatz rief. So groß wie ein Kofferradio konnten sie ihn weder in die Tasche stecken, noch verriet er, wie es bei modernen Meldeempfängern Standard ist, auf dem Display den Grund der Alarmierung. Erst der "Jäger 90", eine in den 80er Jahren eingeführte, orangegelbe Jacke, bot so viel Schutz, dass die Männer zum Löschen auch ein Gebäude betreten konnten.

Mut gehöre auch heute noch dazu, finden Claus und Thomas Mecking, dazu komme Selbstvertrauen und viel Übung, damit man Routine hat. Denn spätestens zehn Minuten nach der Meldung eines Wohnungsbrands muss die Feuerwehr vor Ort sein. Danach könne eine Person, die Rauchgas eingeatmet hat, nicht mehr wiederbelebt werden. Es sind solche Fälle, die sich tief ins Gedächtnis der Retter eingegraben haben. Wie der blutüberströmte Kopf eines Unfallopfers, den Claus Mecking während eines Einsatzes lange Zeit hielt. Das Bild sehe er immer wieder vor sich, könne aber gut damit umgehen.

Einsatznachsorge-Team hilft

Anders als früher stehen den Helfern heute nicht nur die Kameraden, sondern auch ein professionelles Einsatznachsorge-Team zur Verfügung. Wichtig auch, dass die Familie Verständnis hat und der Arbeitgeber. Wenn wie vergangenen Sommer ein umgestürzter Baum ein Dach eingeschlagen hat, die Regenmasse die Kläranlage bedroht und die Tochter gleichzeitig Wasser im eigenen Keller meldet, "da überlege ich mir schon, wie ich die Prioritäten setze", schildert Thomas Mecking, der seit 1999 Betreibsleiter im Abwasseramt ist, den Spagat zwischen Beruf, Familie und Feuerwehr.

Claus Mecking dagegen steht als Polizeioberkommissar in Markdorf der Feuerwehr grundsätzlich nur außerhalb seiner Dienstzeit, also in seiner Freizeit, zur Verfügung. "Ich werde nicht jünger und habe auch nicht mehr den gleichen Elan wie früher", gibt er zu und will deshalb das Amt des Kommandanten, das er dann zehn Jahre innehatte, abgeben. Doch der Einsatzabteilung will er, anders als sein Bruder, vorerst nicht den Rücken kehren. Vielleicht geht er es aber hin und wieder ruhiger an. Wie kürzlich: Eine Katze, die vor einem Hund mitten in der Nacht auf einen Baum geflüchtet war, hat er bis zum Morgen dort warten lassen.

Einsätze der Immenstaader Wehr 2017

97 Mal war die Immenstaader Feuerwehr 2017 im Einsatz. 79 Einsätze fielen in die Kategorie technische Hilfeleistungen, 56 davon standen im Zusammenhang mit Unwetter, Hochwasser oder Sturm. Fünfmal rückte die Wehr wegen Kleinbränden aus.

  • Am 8. Juli 2017 gingen schwere Gewitter mit Sturm und Starkregen über Immenstaad nieder. Zahlreiche Bäume waren entwurzelt worden, etliche Keller standen unter Wasser. Zwischen 17 Uhr und 0.30 Uhr waren 25 Feuerwehrleute im Dauereinsatz. Rund 40 Einsätze wurden an diesem Tag gezählt.
  • Am 2. August 2017 brachte extremer Wind, möglicherweise ein Tornado, in einem etwa einen Kilometer breiten Streifen 50 bis 60 Bäume zu Fall. 26 Feuerwehrleute waren im Dauereinsatz.