Herr Riedmann, in seinem Positionspapier vom 25. Juli spricht der Deutsche Städte- und Gemeindebund davon, dass die Kommunen schon seit einiger Zeit im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung unterwegs seien. Hat auch Markdorf schon Anstrengungen in dieser Hinsicht unternommen?

Die Forderungen nach Klimaschutz sind nicht neu und im Bereich der Bauleitplanung und Stadtplanung längst angekommen. So werden Nachverdichtungen in den Ausschüssen und im Gemeinderat immer wieder sehr positiv angenommen, soweit keine baurechtlichen Belange wie nachbarschützende Auswirkungen entgegenstehen. Auch in den Bereichen der Stadtplanung und -erschließung muss schon aufgrund gesetzlicher Vorgaben darauf geachtet werden, dass Ausgleichsflächen hergestellt und unterhalten werden. Des Weiteren versuchen wir, so viele öffentliche Bäume als möglich in neuen Erschließungsgebieten und Straßensanierungen zu pflanzen. Mit der Modernisierung unserer Straßenbeleuchtung war die Stadt Markdorf sehr frühzeitig und erfolgreich unterwegs. Die aktuell erfolgte Auszeichnung im Bereich Energiemanagement legt die Grundlage für weitere ambitioniertere Schritte.

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Welche weiteren Möglichkeiten sehen Sie?

Auch wenn wir in der Bauleitplanung schon einiges tun, ist die Verwaltung der Stadt Markdorf bemüht, weitergehender in den Klimaschutz zu investieren, sei es in der Planung wie auch in der Ausführung. Klimaschutz ist gesamtheitlich zu betrachten. So gehören hierzu auch Belange, an die man nicht vordergründig denkt, wie zum Beispiel die Reduzierung von Lichtverschmutzung, Vernetzung von Grünflächen, Entsiegelung von Flächen, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs. Für den ökologischen Wasserkreislauf fordern wir etwa von den Bauherren im Rahmen der Möglichkeiten eine gereinigte und gedrosselte Versickerung oder sogar, wenn möglich, eine Ableitung in einen Bach, um die Grundwasserstände nicht noch weiter zu reduzieren und unnötig sauberes Wasser in der Kläranlage aufwändig reinigen zu lassen.

Bei der Klimademo der neuen Markdorfer Gruppe „Parents for Future“ vor 14 Tagen haben rund 1300 Menschen für mehr ...
Bei der Klimademo der neuen Markdorfer Gruppe „Parents for Future“ vor 14 Tagen haben rund 1300 Menschen für mehr Klimaschutz demonstriert. Wie reagiert die Stadt? | Bild: Jörg Büsche

Wo bestehen Hemmnisse, zum Beispiel für Entsiegelungen oder Dachbegrünungen?

Genehmigte Versiegelungen wie Flachdächer ohne Begrünung und Parkplätze in asphaltierter Bauweise mit Ableitung des anfallenden Regenwassers in das Mischwassernetz können nicht ohne weiteres zum Rückbau aufgefordert werden. Dies ist nach der derzeitigen Gesetzeslage ein langwieriger Prozess, den wir regelmäßig bei gravierenden Eingriffen oder Änderungen in den bestehenden Baugenehmigungen fordern. Wir haben Bebauungspläne in unserer Stadt, in denen bei Flachdächern Dachbegrünung gefordert wird. Wir sind entgegen früherer Handhabung dazu übergegangen, hier keine Befreiungen mehr zuzulassen.

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Mit welchen Akteuren arbeitet die Verwaltung im Bereich Klimaschutz zusammen?

Grundsätzlich wird unsere Verwaltung von Experten aus dem Landratsamt Bodenseekreis und immer wieder auch übergreifend von den Fachämtern des Regierungspräsidiums Tübingen unterstützt. Groß aufgezogen können hier zum Beispiel der Einsatz für das Hochwassermanagement und die aktuell laufenden Unterstützungen im Bereich des Starkregenmanagements genannt werden. Darüber hinaus arbeiten wir mit der kommunalen Energieagentur des Landes zusammen und empfehlen in der kommenden Sitzung des Gemeinderates mit Unterstützung durch die Energieagentur Bodenseekreis das Zertifizierungsverfahren zum „European Energy Award“ zu durchlaufen.

Im Stadtwald ist der Klimawandel längst schon angekommen. Nach mehreren Hitzesommern sterben immer mehr Bäume ab.
Im Stadtwald ist der Klimawandel längst schon angekommen. Nach mehreren Hitzesommern sterben immer mehr Bäume ab. | Bild: Jörg Büsche

Welche Aufgaben stehen im Bereich Grünflächen, vor allem aber im Stadtforst an?

Die Grünflächen der Stadt sollen nicht nur abgemäht und kurzgehalten werden. Hier wird darauf geachtet, dass möglichst viele magere Wiesen entstehen, die von sich aus mehr blühende Pflanzen aufweisen als so genannte fette Böden mit vornehmlich Gräsern. Die letzten Jahre konnte man auch beobachten, dass die Stadtgärtnerei verstärkt auch einjährige Blumenwiesen anpflanzt, die die nektarliebenden Insekten unterstützen. Im Bereich Forst arbeiten wir bereits seit Jahren nachhaltig. Das heißt, es wird nur so viel Holz geerntet wie nachwächst. Die Gewinnerzielungsabsicht steht und stand dabei nie im Vordergrund. Durch die Trockenheit der letzten Jahre wurde zwar vermehrt Holz eingeschlagen. Dies stellt uns aktuell aber vor große Herausforderungen. Wir versuchen dies in den nächsten Jahren auszugleichen und dabei sämtliche Flächen wieder aufzuforsten. Dabei spielt die Auswahl der Baumsorten bei den Anpflanzungen eine große Rolle. Wir sind uns der Bedeutung des Waldes für den Klimaschutz sehr bewusst und nehmen unsere Verantwortung und Vorbildfunktion wahr. Unser Forstbetrieb ist zertifiziert. Darauf gilt es aufzubauen und die Herkulesaufgabe gemeinsam mit allen Akteuren, wie Forstbetrieb, Gemeinderat und Bevölkerung zu stemmen.

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