Frau Meindl, wann haben Sie angefangen, sich für die Kunst und das Zeichnen zu interessieren?
Ich habe schon als Kind sehr gerne gezeichnet. In Russland hatten wir in der Schule ausgezeichneten Kunstunterricht. Es gab sehr hochwertiges Material und wir haben in einem Atelier gearbeitet. Das hat mich damals schon begeistert. Also habe ich zuhause weiter gezeichnet. Beim Zeichnen konnte ich auch mal für mich sein. Als ältere Schwester musste ich sonst viel auf meine Geschwister aufpassen. Von meinen Eltern habe ich regelmäßig Kunstbücher bekommen, mit denen ich dann fleißig versucht habe mich zu verbessern, als mir der Kunstunterricht in Deutschland nicht mehr so viel Freude bereitet hat.
Warum hatten Sie am Kunstunterricht nicht mehr so viel Spaß?
Eine Lehrerin hat mir einfach nicht geglaubt, dass ich meine Bilder selbst gezeichnet habe und gab mir schlechte Noten. Später auf der Realschule hatten wir nur ein Jahr Kunst. Auf dem Gymnasium machte mir der Unterricht zwar wieder sehr großen Spaß, aber leider durfte ich mein Abitur nicht in Kunst machen, weil ich davor zu wenig Unterricht in diesem Fach erhalten hatte.
Nach ihrem Abitur haben Sie sich dann ja zunächst für ein BWL-Bank-Studium entschieden. Warum?
Unser Kunstlerner hat uns damals mehrmals nahegelegt, bloß nichts mit Kunst zu machen. Wir sollten etwas auswählen, mit dem man Geld verdienen kann. Da mir das Fach Finanzmanagement immer sehr leichtgefallen ist, entschied ich mich für ein bodenständiges duales Studium bei einer Bank.
Und wie kamen Sie von der Bank zurück zur Kunst?
Ich habe parallel zu meinem Studium eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht. Weil es mir mit dem Studium nicht gut ging, habe ich mir, als ich die Ausbildung abgeschlossen hatte, ein Herz genommen und das Studium abgebrochen. Das hat mich viel Überwindung gekostet. Als ich mit meinem Sohn schwanger war, habe ich meine Leidenschaft zur Kunst wiederentdeckt. Ich habe viele Karten für die wichtigen Schritte in seinem Leben gemalt. Als er ein Jahr alt war, habe ich begonnen mit ihm gemeinsam zu zeichnen. Das hat meine Leidenschaft nochmals befeuert.
Und dann haben Sie sich dazu entschieden die Kunst zum Beruf zu machen?
Nein, ich habe mich erst an einer Fernuni eingeschrieben, um das wirtschaftswissenschaftliche Studium zu beenden. Dann habe ich aber recht schnell zum zweiten Mal gemerkt, dass mich dieses Studium und das Bankwesen nicht erfüllen. Daraufhin habe ich mich intensiv mit den Themen Selbstfindung und Glück auseinandergesetzt. Ich habe mich auf die Suche nach dem gemacht, was ich wirklich machen möchte. Lange war mir gar nicht klar, dass es die Kunst ist. Ich hatte einfach Angst, nicht gut genug zu sein. Doch dann habe ich darüber nachgedacht was im schlimmsten Fall passieren kann und entschieden, dass es das Risiko wert ist und mich selbstständig gemacht.
Also ist es Ihnen schwergefallen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?
Ja, ich hatte ein hohes Sicherheitsbedürfnis und dementsprechend Angst. Aber ich wollte unbedingt einen Job haben, von dem ich keinen Urlaub brauche. Ich habe aber weiterhin einen Nebenjob und mache gerade eine Ausbildung zur Kunsttherapeutin.
Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Arbeit?
Am Meisten inspiriert mich die Natur mit all ihren Farben und Formen. Weitere Ideen entstehen durch Bücher oder das Internet. Manchmal ist es auch nur ein Gedanke oder ein Gefühl, aus dem dann ein Bild entsteht.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Wenn ich nicht im Büro bin und mein Sohn im Kindergarten ist, mache ich gerne die Buchhaltung und das Organisatorische. Richtig kreativ werde ich abends, wenn mein Kleiner im Bett ist. Dann kann ich besonders gut an meiner Kunst arbeiten.
Haben Sie einen Tipp, für alle die mit dem Gedanken spielen sich selbstständig zu machen?
Ja, man sollte mutig sein und auf sein Herz hören. Ich glaube, dass man immer dann Erfolg im Leben hat, wenn man das tut, wofür man brennt. Dieser Tipp gilt natürlich nicht nur für Selbstständige. Jeder sollte den Beruf ausüben, für den er montags gerne aufsteht. Denn jeder Beruf ist wertvoll und nicht alle müssen studieren. Als ich damals mein Studium abgebrochen habe, habe ich mich wie eine Versagerin gefühlt. Dabei war es einfach nicht das Richtige für mich. Man sollte nicht versuchen, die Wünsche der Gesellschaft oder der Eltern zu erfüllen, sondern sich selbst verwirklichen. Dafür ist es nie zu spät.
Fragen: Angelina SortinoZur Person
Xenia Meindl, 29, ist in Russland geboren und mit zehn Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland gezogen. Sie lebt mit ihrem Sohn in Markdorf. Ihre Freizeit verbringt die Künstlerin am liebsten auf der Yogamatte, in der Natur oder mit einem Buch.
Xenia Meindl und ihrer Arbeit:
http://www.xeniasent.de