Noch sind nicht alle Löcher geschlossen. Und auf den Gängen begegnen einem nach wie vor die Handwerker. Doch Rektor Andreas Geiger lächelt zufrieden: „Wir sind fast fertig.“ Mit dem Umbau und der Sanierung der Jakob-Gretser-Grundschule. Die hat nun eine neue Sporthalle. Aus der alten Turnhalle wurde ein riesiger Bewegungsraum. Und im Hauptgebäude sind Klassenzimmer wie die Räume für die Verwaltung und die Flure so umgestaltet, dass in ihnen das neue Konzept des Ganztagsunterrichts umgesetzt werden kann – mit seinen veränderten Lehr-, Lern- und Arbeitsstrukturen fürs Lehrerkollegium und – vor allem – für die Kinder.

Nachfolge scheint gesichert
Fertig ist Andreas Geiger auch mit dem Unterrichten und Organisieren. Am 30. Juli ist sein letzter Arbeitstag. Mit dem letzten Schultag vor den großen Ferien beginnt für den 64-Jährigen – nach 45 Jahren pädagogischer Arbeit, die pädagogische Ausbildung miteinbezogen – die neue Lebensphase als Rentner. „Wer mein Nachfolger wird, das kann ich noch nicht sagen.“ Er wisse nur, dass sich schon jemand beim Gemeinderat vorgestellt hat. Und grundsätzlich gelte ja: Das letzte beziehungsweise endgültige Wort habe die Behörde: das Staatliche Schulamt.
Er, Rektor Geiger, gehe indes fest davon aus, dass seine Stelle nicht unbesetzt bleibe. Nachdem jene Computerpanne erkannt worden sei, in deren Folge in Baden-Württemberg fast 20 Jahr lang 1440 Lehrerstellen unbesetzt geblieben sind. Und die Kultusministerin habe eine schnelle Aufarbeitung in Aussicht gestellt. „Ich hoffe jedenfalls, dass wenn ich am 8. Oktober förmlich verabschiedet werde, bei dem Festakt auch meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger eingesetzt wird“, so Andreas Geiger.

Ganztagsunterricht ist ganz anders
Seit September 2013 leitete er die Jakob-Grundschule. Und schon im Jahr 2014 fanden die ersten Gespräche über den Umbau des Gebäudes statt, das den Anforderungen des gewünschten Ganztagsunterrichtsbetriebs gerecht werden sollte. „Ganztagsunterricht wurde bereits seit 2008 angeboten – damals nur für 35 Kinder.“ Inzwischen lernen 180 Kinder im Ganztagsunterricht. 180 von insgesamt 380 Kindern, die die Jakob-Gretser-Grundschule, die größte Grundschule im Bodenseekreis, besuchen.
„Im Ganztagsunterricht findet eine ganz andere Rhythmisierung statt – der Unterricht wird über mehr Stunden verteilt.“ Das verlange aber auch eine andere Nutzung der Unterrichtsräume. Beziehungsweise Lernzonen, in denen die Schüler eigenständig arbeiten. „Für uns Lehrkräfte bringt dies eine viel größere Flexibilität mit sich“, erklärt Geiger.

Schule dient nicht zur Kinderaufbewahrung
Er betont die besonderen Möglichkeiten, die dieses Angebot mit sich bringt. „Wer denkt, dass der Ganztagsunterricht nur eine Art umfangreicheres Programm zur Kinder-Aufbewahrung ist, der irrt sich gründlich.“ Denn er biete weit mehr Möglichkeiten für die individuelle Förderung einzelner Schüler. Gerade von Schülern, die daheim sonst weniger Unterstützung erfahren. Allerdings sei es wichtig, sich die Eltern mit ins Boot zu holen. Und Andreas Geiger klingt ein bisschen stolz, wenn er schildert, sie Schule, Eltern in puncto Ganztagsunterricht kooperiert haben. Nicht zu vergessen: der Schulträger – die Stadt Markdorf.
Gelernt Prioritäten zu setzen
In 45 Jahren pädagogischer Arbeit sei er manchem neuen erziehungswissenschaftlichem Modell begegnet. „Vera 3“, die Lernstandserhebung oder das Sprachförderkonzept „Sprach-Fit“ zählen zu den jüngsten Vorgaben des Kultusministeriums, die Einfluss auf die Schulpraxis haben. Stets ist die Umsetzung in der Schule mit Herausforderungen verbunden. „In 35 Jahren als Schulleiter habe ich gelernt, Prioritäten zu setzen“, deutet Geiger eine gewisse Gelassenheit an. Eine Gelassenheit, die ihm Raum zur Analyse gibt. „Was wirklich wichtig ist, kommt zuerst dran, danach erst das weniger dringliche.“

Mehr Lehrer braucht das Land
Was ihm weniger gut gefällt am heutigen Grundschulbetrieb: „Es unterrichten immer weniger Männer“, beobachtet Rektor Geiger. „Mit dem Pfarrer sind wir derzeit zu viert – dem stehen 28 Damen gegenüber.“ Ihn jedenfalls würde es sehr freuen, wenn wieder mehr männliche Kollegen den Weg in die Grundschulklassenzimmer fänden. Und was ihm wichtig ist für den Grundschulunterricht, das ist die erzieherische Mitverantwortung der Eltern. „Seit fünf, sechs Jahren weise ich die Väter und Mütter bei der Einschulung darauf hin.“ Frustrationstoleranz und die Fähigkeit, sich in eine Gruppe einzugliedern, das müsse den Kindern vom Elternhaus mitgegeben werden. Ansonsten werde es sehr schwer im Unterricht – für Schüler und Lehrer.

Erstmal Geige lernen
Im Ruhestand möchte Geiger endlich seinem Namen gerecht werden. Der Lead-Trompeter in der Landes-Lehrer-Bigband, der Big Band Langenargen und der Band Patchwork möchte das Geigenspiel erlernen. „Mal schauen, wie weit ich komme – eine E-Violine habe ich mir schon gekauft.“