Eigentlich hätte er den ursprünglichen Plänen vom Herbst 2018 zufolge bereits im vergangenen Herbst gebaut sein sollen: Der Kreisverkehr am Stadtgraben zwischen Stadthalle und Latscheplatz. Doch dazu kam es nicht. Denn statt der ursprünglichen Lösung für anfangs taxierte 33 000 Euro soll nun eine große Lösung inklusive der Umgestaltung des gesamten Verkehrsraumes im Dreieck Hauptstraße/Stadtgraben/Marktstraße kommen. Dafür sind im Haushalt 2020 der Stadt 190 000 Euro eingestellt. Doch wann soll nun diese Lösung umgesetzt werden? Und was bekommen die Stadt und ihre Bürger für die 190 000 Euro?
Was heißt eigentlich „shared space“?
Beschlossen hat der Technische Ausschuss die große Ausbaulösung im vergangenen November, allerdings noch ohne den farblich markierten Asphalt, der den Bereich zwischen Stadthalle und Hauptstraße zu einer Art verkehrsberuhigten Bereich machen soll. In der bisherigen Disskussion wurde dafür der Begriff „shared space“ geprägt, den es in der Straßenverkehrsordnung so aber nicht gibt. Gemeint ist ein Straßenabschnitt, auf dem alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind, Fahrradfahrer ebenso wie Fußgänger und wie auch die Autofahrer, die den Stadtgraben bislang ja als ihren angestammten Vorfahrtsbereich wahrgenommen hatten.

Kosten wurden stetig nach oben korrigiert
Schon damals im November war der einstige Kostenrahmen weit gesprengt. Denn der Kreisel hatte sich auf 65 000 Euro verteuert und hinzu kamen Beleuchtung und Fußgängerüberwege für weitere 36 000 Euro. Machte also rund 100 000 Euro. Schon damals plädierten FW-Chef Dietmar Bitzenhofer und der CDU-Rat Alfons Viellieber dafür, gleich auch noch die Farbmarkierung für den Asphalt zu beschließen. Das war der Mehrheit des Rates angesichts der ohnehin schon um rund 70 000 Euro gestiegenen Kosten dann aber doch zu viel des Guten.

Grünes Licht beim Haushaltsbeschluss im Januar
Im Zuge der Haushaltsberatungen brachten die Freien Wähler das Thema „shared space“ wieder auf die Agenda. Und nun folgte der Rest des Gemeinderates und gab mit dem Haushaltsbeschluss im Januar die Mittel in Höhe von 190 000 Euro frei. Die beinhalten nun auch die Farbmarkierung, also den „shared space“ als gemeinsamen Verkehrsraum für alle, der den Stadtgraben/Latscheplatz-Bereich bis hinein in die Hauptstraße umfassen soll.

Theoretisch könnte es jetzt losgehen
Soweit die Historie. Dass die Stadt längst nicht schon an die Umsetzung gegangen ist, liege an den mehrfach abgeänderten Beschlüssen, sagt Bauamtsleiter Michael Schlegel. Ohne endgültige Beschlusslage keine Ausschreibung und kein Baubeginn. Inzwischen konnte aber gestartet werden. Zuletzt waren die Fachplaner noch daran, die Ausschreibung vorzubereiten. Die Ausschreibung ist laut Schlegel nun fertig und soll am 1. Juni veröffentlicht werden. Der Ausbau würde dann im Zeitraum zwischen September und November 2020 erfolgen.

Baubeginn im Sommer schon vor Corona mit großen Fragezeichen
In der nächsten öffentlichen Sitzung am Dienstag, 19. Mai, wird sich der Gemeinderat vor dem Hintergrund fehlender Steuereinnahmen über die Umsetzung der aktuell geplanten Investitionen beraten, darunter womöglich auch über den geplanten Kreisverkehrsplatz. Die Verwaltung werde jedoch dafür werben, dieses Projekt im geplanten Zeitraum zu realisieren, betonte Schlegel auf Nachfrage des SÜDKURIER am 30. April.
Welche Farbe soll der Asphalt bekommen?
Auch wenn jetzt endlich gestartet werden könnte, eine Entscheidung hat der Gemeinderat noch zu treffen, sagt Schlegel: Die der Farbgebung des Asphalts. Zwei Varianten seien dafür in der Vorauswahl. Die eine wäre ein so genannter Possehlbelag, wie am Angerplatz in Markdorf-Süd. Das ist eine Harzschicht mit eingestreuten Quarz- oder Gesteinskörnern, die auf dem Asphalt aufgebracht und eingewalzt wird. Die Schicht ist griffig und hat eine deutlich elegantere Optik als der nackte Asphalt.
Andererseits bringt Possehl auch Nachteile mit sich: Erstens schaben die Schaufeln von Winterdienstfahrzeugen die Quarzschicht ab, zweitens würde sich das helle Grau nicht allzusehr vom umgebenden „normalen“ Asphalt abheben. Das heißt, der farblich markierte „shared space“-Verkehrsraum wäre etwa nachts oder in der Dämmerung nicht ausreichend genug als solcher erkennbar.

Farbanstrich oder farbiges Granulat?
Die andere Variante ist schlicht eingefärbter Asphalt, etwa in einem dunklen Rot oder einem rotbraunen Ton. So werden in benachbarten Kommunen bereits jetzt schon gemeinsame Verkehrsflächen markiert. Diese Variante hätte den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu Possehl nicht sonderlich pflegeintensiv und außerdem deutlich besser sichtbar wäre.
Der Gemeinderat ist nun nochmals gefordert
Am Angerplatz, sagt Schlegel, sei der Possehlbelag unproblematisch. Aber der Stadtgraben weise eine deutlich höhere Belastung durch Verkehr auf als der Angerplatz. Dann stelle sich die Frage nach der Effizienz: Müsste der Belag alle paar Monate repariert werden, wäre dies nicht im Sinne der Sache. Das letzte Wort soll dazu aber der Gemeinderat haben, sowohl in der Frage des Belags als auch dessen Farbgebung. „Die Verwaltung wird dazu verschiedene Vorschläge machen“, sagt Schlegel.

Einheitliche Farbe auch für andere Plätze in der Stadt
Dabei will man auch den Blick darauf richten, dass eine solche Farbgestaltung künftig auch noch an anderen Orten in der Innenstadt in Frage käme. Etwa auf dem Rathausvorplatz, wenn das Rathaus saniert ist. „Über kurz oder lang wird das noch öfter in der Stadt aufploppen“, blickt Schlegel in die Zukunft.