Frau Weigele, empfinden Sie Ihre Arbeit auf dem Bauernhof als romantisch?
Nein, romantisch ist es eigentlich nicht. Eher abwechslungsreich, interessant und vor allem ist es eine verantwortungsvolle Arbeit. Es ist ein Handwerk.
Was brachte Sie dazu, den Beruf der Landwirtschaftsmeisterin zu erlernen?
Ich habe mich schon seit ich klein war immer am liebsten im Stall herumgetrieben, außerdem meine ganz persönliche Beziehung zu Tieren, denen ich mich einfach verbunden fühle. Daraus wurde dann der Wunsch, mit den eigenen Tieren sein Geld zu verdienen. Auf unserem Hof hatte ich früher einen eigenen kleinen Bereich mit Hasen, Enten und Hühnern. Der war immer sehr beliebt bei den Kindern unserer Feriengäste.
Dann hätten Sie ja auch Zoowärterin werden können?
Exotische Tiere sind schön, aber Kühe verstehe ich.
Welche Rolle spielen die Tiere in Ihrem Leben?
Eine unglaublich große Rolle und das schon von klein auf. Als Kind bin ich mal zusammen mit Hundewelpen im Sandkasten eingeschlafen. Tiere spielen auch in meiner Freizeit die Hauptrolle. Mein Hobby sind eben Tiere. Ich reite und mein Hund Abby ist eigentlich immer mit dabei.
Welche Perspektiven sehen Sie in diesem Beruf?
Es wird schwierig, aber solange man den Sinn der Arbeit im Blick behält, ist es zu bewältigen. Man braucht heute halt mehrere Standbeine, wie etwa unsere Viehzucht, unseren neuen Hofladen und auch die Feriengäste. Man sollte probierfreudig sein, und nicht stur an dem bisherigen unveränderbar festhalten. Und besonders braucht es sehr viel Optimismus und Motivation. Entweder ganz oder gar nicht.
Sehen Sie sich eher als eine Idealistin oder einfach nur dem Familiengeschäft verpflichtet?
Als Landwirtin versuche ich, etwas zu bewegen. Das unbedingte Tierwohl bringt mich dazu, zum Wohle des Tieres zu wirtschaften. Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn man mehr auf das Tierwohl achtet, man auch zukünftig Geld verdienen kann. Es wird ja bereits vieles zum Schutz der Tiere gemacht, es bekommt nur fast keiner mit. Idealistisch? Ich sehe das ganz pragmatisch: Wenn es den Kühen schlecht geht, geben sie auch keine Milch.
Würden Sie sich als mutig bezeichnen?
Kommt darauf an bei was. Als Frau in der Landwirtschaft hat man es manchmal schwerer. Aber ich denke schon, dass ich mutig bin. Einen Hof allein zu führen, traue ich mir zu.
Welche Eigenschaft ist heutzutage wichtiger für eine Landwirtin: ordentlich anpacken zu können oder Innovationsfreude?
Ordentlich anpacken können ist quasi Grundvoraussetzung, aber Innovationsfreude ist heutzutage unglaublich wichtig. In den vergangenen 60 Jahren hat sich die Arbeit technisch sehr stark weiterentwickelt. Bei diesem hohen Maß an Technisierung ist mehr Grips schon sehr gefragt und notwendig.
Was machen Sie, um mal vom Landleben abzuschalten? Müssen Sie das überhaupt?
Das muss ich definitiv, ich gehe dann am liebsten zum Wandern. Es reicht mir aber schon, nur mal ein wenig von daheim wegzukommen.
Was bedeutet Zeit für Sie?
Keine festen Termine zu haben. Wenn ich mir aussuchen kann, was ich wann machen möchte und vor allem Raum, der nicht terminlich durchgeregelt ist. Zeit habe ich schon ausreichend, ich kann durchaus sagen, dass ich Zeit habe und wenn ich sie mal brauche, kann ich sie mir auch nehmen. Ich bin nicht von Abläufen und Terminen getrieben.
Welchen ganz anderen Beruf könnten Sie sich für sich vorstellen?
Oh, das ist schwierig, denn ich habe nur mal Berufe für mich festgelegt, die ich nicht ausüben möchte. Pilotin oder am Fließband in einer Fabrik zu stehen. Mit fünf Jahren habe ich gesagt, dass ich Bäuerin werden möchte, da wettete meine Schwester dagegen. Als ich dann meine landwirtschaftliche Ausbildung abgeschlossen hatte, habe ich meinen ersten eigenen Hund gewonnen. In der Zeit zwischen 14 und 16 Jahren war Landwirtin mal eine Zeit lang nicht unbedingt der erste Gedanke, aber eine Alternative hatte ich für mich auch nicht parat.
Was denken Sie über das Leben in einer Großstadt, etwa Köln, Berlin oder München?
Das ist für mich unvorstellbar, diese Anonymität finde ich furchtbar. Zum Beispiel nicht zu wissen, wer die Nachbarn sind, die ganze Hektik und der Lärm. Also, ich brauche das nicht.
Zur Person
Linda Weigele, Jahrgang 1996, lebt und arbeitet mit ihrer Familie auf dem Weigele-Hof in Markdorf. Sie machte ihr Abitur an einem landwirtschaftlichen Gymnasium. Im Anschluss daran absolvierte sie eine Ausbildung zur Landwirtin in Ostrach und setzte danach noch die Meisterin drauf. Sie ist ledig und in ihrer Freizeit widmet sie sich dem Reiten und ihrem Hund Abby. (jmh)