Elphie ist ein Biest. Einst war das Auto ein Chevrolet Bel Air, Baujahr 1955. Elphie ist nach der giftgrüngesichtigen Hexe Elphaba, Zauberer von Oz, benannt worden, weil die Maschine bei Beschleunigungsrennen namens Drag Racing gerne gezickt hat. "Elphie entwickelt mit einem 7,11-Liter-V 8-Saugmotor rund 950 PS – mit Lachgaszufuhr nochmals bis zu 750 PS mehr. Wenn alles glatt läuft, sind also bis zu 1700 PS machbar", erzählt der Markdorfer Manuel Kreiter. Er muss es wissen. Er ist Fahrer, Schrauber und Eigentümer in Personalunion.

Begeisterung für für stark motorisierte Autos

Manuel Kreiter ist seit seiner Jugend von US-amerikanischen Autos begeistert und lässt sich seit 1999 von Elphie bei Drag-Racing-Wettbewerben auf einer Distanz von etwas mehr als 400 Metern Geradeausstrecke in rund einer Sekunde von Null auf 100 Stundenkilometer katapultieren. "In 4,9 Sekunden hat Elphie schon 268 Stundenkilometer geschafft und 200 Meter zurückgelegt", berichtet Kreiter. Bisherige Bestwerte laut Kreiter: Die gut 400 Meter in 7,78 Sekunden, 286 Stundenkilometer Maximalgeschwindigkeit.

V 8-Motor mit brachialem Sound

Daheim trifft Manuel Kreiter mit seinem Team erste Vorbereitungen für den Saisonstart – Warm-up genannt. Die Renndurchläufe werden am bevorstehenden Wochenende im italienischen Rivanazzano ausgetragen, das ziemlich genau in der Mitte zwischen Mailand und Genua gelegen ist. Kreiter schiebt Elphie vor die Garagenwerkstatt, nimmt mit einem Teamkollegen die Motorhaube ab, um den Motor zu starten, warmlaufen zu lassen und danach die Technik und Elektronik zu überprüfen. Im Leerlauf gibt Elphies V 8 tiefes, sonores Grummeln von sich. Nachdem der Motor Betriebstemperatur erreicht hat, drückt Kreiter aufs Gaspedal. Als 7000 Umdrehungen pro Minute erreicht sind, steigert sich das Grummeln blitzartig zu ohrenbetäubendem Lärm. Für eingefleischte Motorsportler gewaltig-tolle Musik, andere sind froh um Gehörschutz.

Mit technischem Geschick am Tüfteln

Wie während eines Rennwochenendes macht sich Kreiter mit Teamkollege Armin Labor nach dem Warmlaufenlassen an den Motor. Zwei Ventildeckel werden abgeschraubt. Es geht daran, das Spiel der Einlass- und Auslassventile aller acht Zylinder einzustellen. Das beginnt am ersten Zylinder. Hierzu dreht Kreiter mittels verlängertem Ratschenschlüssel die Kurbelwelle im Uhrzeigersinn, bis die Markierung genau auf den oberen Totpunkt. Nun löst Kreiter Muttern und Schrauben, schiebt ein flaches Metallblatt namens Fühlerlehre unter einen Kipphebel und stellt das Ventilspiel so ein, dass die Fühlerlehre gerade noch mit leichtem Schlupf hin- und herbewegt werden kann. Schrauben und Muttern werden wieder angezogen. Diese Prozedur wird mehrfach an allen Zylindern wiederholt, bis alles wie gewünscht eingestellt ist.

DragRacing: Tüfteln am Motor Video: Toni Ganter

Enormer Aufwand für ein paar Sekunden Beschleunigung

Während des Schraubens vor der Garagenwerkstatt taucht die Frage auf, warum sich Manuel Kreiter den Gefahren dieses extremen Motorsports aussetzt. Seine Antwort lautet so verblüffend wie einfach: "Warum will jemand ohne Sauerstoff auf einen Achttausender!? Das kann niemand wirklich erklären. Der Ansporn ist, Saison für Saison an Verbesserungen zu arbeiten, um Elphie noch einen Tick schneller zu machen." Der Aufwand für ein Rennwochenende mit bis zu drei Renndurchläufen ist enorm, wie Kreiter berichtet: "Wenn alles ohne Defekte und ohne Reparaturen glatt geht, fahre ich pro Saison zusammengerechnet maximal drei Minuten. Der Rest ist schrauben und tüfteln."

Rennen nach Lachgasexplosion im Motor gelaufen

Das von Kreiter geliebte Drag Racing ist kostenintensiv: "So ein Wochenende kostet rund 2500 Euro. Dann darf aber nichts kaputt gehen." Kreiter nennt ein paar weitere Kostenbeispiele: Ein Renndurchlauf auf der Quartermile koste rund 150 Euro. Der Spezialsprit koste knapp 12 Euro je Liter. Für einen Satz Hinterreifen müsse er rund 1200 Euro hinblättern. Die halten je nach Pistenbeschaffenheit und Belastung zusammengerechnet bis zu 20 Kilometer, dann seien die Schlappen platt. Vor zwei Jahren habe es eine Lachgasexplosion im Motor gegeben. "Den Ansaugkrümmer hat's zerrissen. Die Motorhaube, die Frontscheibe und der Getriebetunnel – alles zerstört."

Mit neuem Getriebe in die Saison 2018

Für seine bevorstehende Rennsaison habe er in Schweden ein Automat-2-Ganggetriebe bauen lassen. "Eine Sonderanfertigung, die rund 5000 Euro gekostet hat." Das Getriebe sei ein Leichtgewicht und wiege inklusive Getriebeöl lediglich 70 Kilogramm. Es sei aber so gefertigt, dass es 2000 PS und ein Drehmoment von 1800 Newtonmetern aushalte. Zum Vergleich: Laut Rennreglement darf Elphie vor dem Start maximal 1350 Kilogramm wiegen, nach dem Rennen müssen es mindestens 1066 Kilogramm sein.

Ziel: Die Quartermile in 7,5 Sekunden schaffen

Manuel Kreiter ist zum Saisonstart zuversichtlich: "Jetzt ist ein neues leistungsfähiges Getriebe drin. Wir wollen voll angreifen. Dieses Jahr ist die Zielsetzung 7,5 Sekunden." Heute und am morgigen Samstag ist das Qualifying im rund 420 Kilometer entfernten Rivanazzano. Am Sonntag finden die Renndurchläufe statt. Am Montag zurück nach Markdorf. Es gibt ja auch noch ein Berufsleben als Chef eines kleinen Transportunternehmens.

DragRacing: V8-Motor mit brachialem Sound Video: Toni Ganter

Einige Erfolge

Manuel Kreiter fährt mit Elphie – ein Drag Racing Car auf Basis eines Chevrolet Bel Air, Baujahr 1955 – in der höchsten Amateurklasse "CompetitionEleminator" Dragsterrennen auf der Quartermile, das sind etwas mehr als 400 Meter Rennstrecke geradeaus. 2015 sowie 2016 hat Kreiter nach eigenem Bekunden mit seinem Team jeweils den Titel Deutscher Vizemeister geholt. Vergangenes Jahr sei wegen eines Getriebeschadens immerhin noch der dritte Platz der Deutschen Meisterschaft erreicht worden. (gan)