Eva Fast und Joachim Mutschler beweisen Mut: den Mut zu träumen. Auf die Frage, wie sie sich die Zukunft Markdorfs ums Jahr 2035 vorstellen, haben sie sich eine prosperierende Stadt vorgestellt. „Im Jahr 2035 haben sich unsere Gewerbesteuereinnahmen längst wieder stabilisiert“, hofft Fraktionssprecher Mutschler. „Auch ist es uns bis dahin gelungen, die Innenstadt attraktiv und belebt zu erhalten, die Menschen fühlen sich wohl in Markdorf und verweilen auf schönen, schattigen Plätzen.“

Im Jahr 2035 wird hier der derzeit noch im Bau befindliche neue Rathausbrunnen längst schon sprudeln.
Im Jahr 2035 wird hier der derzeit noch im Bau befindliche neue Rathausbrunnen längst schon sprudeln. | Bild: Jörg Büsche

Am Brunnen scheiden sich die Geister

Und an dem plätschernden Brunnen auf der Marktstraße erfreuen sich Bürger wie Touristen, die in wachsender Zahl angelockt werden. Hier denkt Eva Fast anders. Sie mag die Traumbilder ihres Fraktionskollegen nicht gänzlich teilen. Stattdessen erinnert sie an die derzeit schwierige Haushaltslage. „Wir brauchen keinen Brunnen, der so viel kostet“, betont sie. Kleinere, günstigere Wasserspiele – vor allem für Kinder – reichten aus ihrer Sicht aus. „In der Brunnenfrage dürfen wir in der Fraktion ja durchaus unterschiedlicher Meinung sein“, findet sie.

Absolute Einigkeit besteht in puncto mehr Grün in der Stadt. Das fordern beide UWG-Räte. „Bei diesen Temperaturen heute“, so verweist Mutschler auf die Bedingungen, unter denen das Pressegespräch stattfindet, „wird hier im Pfarrgarten am besten deutlich, wie wichtig schattige Plätze in der Innenstadt sind“. Und in Anbetracht der klimabedingt immer heißer werdenden Sommer gewännen Schattenzonen und begrünte Flächen noch weiter an Gewicht.

Schattenplätze, wie diesen bei der Kirche, wird Markdorf in Anbetracht der immer heißer werdenden Sommer noch weitere brauchen.
Schattenplätze, wie diesen bei der Kirche, wird Markdorf in Anbetracht der immer heißer werdenden Sommer noch weitere brauchen. | Bild: Jörg Büsche

„Bei der Umgestaltung des Marktplatzes sollte das unbedingt berücksichtigt werden“, betont Fast. Sie ärgert, wenn die Notwendigkeit der städtebaulichen Hitzeprävention mit dem Argument „Ach, wird doch gar nicht so schlimm werden“, kleingeredet werde. Die Stadträtin möchte auf dem Marktplatz indessen auch die Bedürfnisse seiner Nutzer, etwa von Veranstaltern, berücksichtigt sehen.

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Klimaziele werden wohl verfehlt

Dass Markdorf bis 2035 seine selbstgesteckten Klimaziele erreicht, das glaubt Mutschler nicht. „Die Klimaneutralität in der Gesamtstadt werden wir bis dahin wohl nicht mehr erreichen.“ Da werde man sich neue Ziele stecken müssen. Als eine fatale Fehlentscheidung des Rats betrachtet Mutschler den von der Ratsmehrheit im vergangenen Jahr beschlossenen Ausstieg aus der Zusammenarbeit im European Energy Award (EEA). Dadurch habe die Stadt ein sinnvolles Instrument zum Messen ihrer Fortschritte fürs Erreichen ihrer Klimaziele aus der Hand gegeben, kritisiert er.

Kein Wunschtraum, sondern Realität soll ein sozial ausgewogener Wohnungsmarkt künftig sein. „Bezahlbarer Wohnraum muss bei uns selbstverständlicher Teil einer sozialen Stadtentwicklung werden“, fordert Eva Fast. Hier wünscht sie sich, „dass unsere Stadt in der Region als Vorbild wahrgenommen wird“. Statt großer Worte und lauter Ankündigungen bedürfe es der Orientierung an erfolgreichen Modellen, wie sie andernorts praktiziert würden.

An der Gehrenbergstraße soll ein neues Baugebiet entwickelt werden. Ähnliche Pläne liegen im Bereich Klosteröschle bei Bergheim und auf ...
An der Gehrenbergstraße soll ein neues Baugebiet entwickelt werden. Ähnliche Pläne liegen im Bereich Klosteröschle bei Bergheim und auf der Unteren Öhmdwiese im Süden der Stadt vor. | Bild: Jörg Büsche

An die Grenzen des Wachstums gestoßen

Die Frage, ob Markdorf nicht längst schon seine Wachstumsgrenzen überschritten hat, treibt beide um. In den Baugebieten Klosteröschle, Öhmdwiesen und Schussenrieder Hof entstünden insgesamt rund 1100 Wohneinheiten, gibt Mutschler zu bedenken. „Mir fehlt die Phantasie, mir vorzustellen, wie sich das entwickeln soll.“ Zumal laut einer Studie der jährliche Bedarf in Markdorf bei lediglich 40 Wohneinheiten liege.

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Selbst wenn großzügige 50 Wohneinheiten pro Jahr veranschlagt würden, sei das ein Entwicklungszeitraum von 22 Jahren für die 1100 geplanten Wohneinheiten. „Allen ist klar“, so räumt er ein, „wir brauchen dringend Geld für unsere großen Projekte wie die Grundschule Markdorf Süd, wie die Südumfahrung“. Und die notwendigen Mittel dafür sollen nicht zuletzt durch den Verkauf von Grundstücken aufgebracht werden. „Eben das ist unser Dilemma“, so Mutschler, für das es eine realistischere Planung bedürfe. Eine Planung, bei der Wachstumsmöglichkeit, Investitionsbereitschaft und Wohnungsnachfrage in Einklang gebracht werden.

Von der Umweltgruppe lange gefordert: Der dritte Grundschulstandort, an dem die Arbeiten für die Grundschule Markdorf-Süd demnächst ...
Von der Umweltgruppe lange gefordert: Der dritte Grundschulstandort, an dem die Arbeiten für die Grundschule Markdorf-Süd demnächst aufgenommen werden sollen. | Bild: Jörg Büsche

Die Grundschule Leimbach nicht vergessen

Recht viel „richtig Gutes“ sei im Bereich der Markdorfer Klein- und Vorschulkinderversorgung erreicht, findet Eva Fast. Hausaufgaben seien aber noch in den Grundschulen zu erledigen. Sie sei erleichtert, dass die geplante Grundschule Markdorf-Süd gefördert wird. Die Kosten seien immens. „Deshalb sollte auf Einsparmöglichkeiten geachtet werden, aber ohne dass deswegen die Qualität der Lernumgebung leiden muss.“

Schon seit einigen Jahren findet für bestimmte Klassen der Leimbacher Grundschule der Unterricht in Containern statt. ...
Schon seit einigen Jahren findet für bestimmte Klassen der Leimbacher Grundschule der Unterricht in Containern statt. Umweltgruppe-Stadträtin Eva Fast fordert, dass sich das ändern muss. | Bild: Jörg Büsche

Keinesfalls vergessen werden dürfe die Grundschule Leimbach, betont Eva Fast. „Dort werden die Kinder seit mehr als sieben Jahren in Provisorien unterrichtet.“ Auch wenn es keine „Rundum-Ganztagsschule“ werden sollte, brauche die Schule eine Mensa, endlich Fachräume und außerdem eine Gebäudesanierung. Und das sei kein Wunschtraum, sondern dringende Notwendigkeit, lange vor dem Jahr 2035.