Wenn Kathrin Steidle von der Tagestour mit Hans Kammerlander auf den Dreitausender im Tauferer Ahrntal erzählt, strahlt sie über das ganze Gesicht. „Es war ein tolles Erlebnis“, resümiert die 40-Jährige. Diesmal hat ihr Bruder Andreas sie begleitet. Zusammen hatten sie den Südtiroler Bergprofi im vergangenen Jahr live bei einem Vortrag gehört und beschlossen, mit ihm in die Berge zu gehen. Bei der 24-Stunden-Nonstop-Wanderung vor vier Jahren war Kathrin noch solo in der Gruppe dabei gewesen.
Kammerlander hält mit Witzen bei Laune
Wie sie erklärt, bietet Kammerlander jährlich eine Wanderung auf den Moosstock (3059 Meter) bei seinem Heimatort Ahornach. „Das ist nämlich seit 60 Jahren sein Trainingsberg“, weiß Steidle. Als achtjähriger Junge sei Kammerlander das erste Mal statt in die Schule einem Touristenpaar auf den Dreitausender gefolgt, habe der Profi erzählt. Überhaupt habe er die 19-köpfige Tourgruppe mit Witzen und Anekdoten bei Laune gehalten. Beispielsweise habe er gestanden, dass er nicht schwimmen kann.

In seinen jüngeren Jahren sei er mit Freunden nach einer Moosstock-Tour noch am unterhalb gelegenen Bergsee geblieben. Dort sei er von Stein zu Stein gehüpft, abgerutscht und im Wasser gelandet. Alle Freunde hätten gelacht und zugeschaut, wie er nach Luft schnappend, Wasser schluckte. “Als sie bemerkt haben, dass es ernst wird, haben sie alle Kleidungsstücke zusammengebunden und ihn im letzten Moment wieder rausgezogen“, wiederholt Steidle das Geständnis des Bergsteiger-Ausnahmetalents.
Zu viel Klettern: Drei Tourengänger drehen um
„Super sympathisch“ sei der Bergführer und kein bisschen überheblich wegen seiner Erfolge, findet Steidle. „Der Hans läuft sehr langsam, damit alle Zeit haben zu gucken und Landschaftsfotos zu machen“, sagt sie. Weil es auf den letzten 250 Höhenmetern sehr rutschig war, habe der Bergführer eine Seilsicherung aufgebaut. Drei Tourengängern sei die Kletterei zu viel gewesen und sie hätten umgedreht. Steidle und ihr Bruder blieben. Schließlich hatten sie sich mit Trainingstouren, wie auf das Allgäuer Nebelhorn (2224 Meter), fit gemacht. Oben angekommen schneite es. Der zweite Bergführer Hans Mutschlechner habe erklärt, dass es keine gute Idee sei, größere Mengen geschmolzenen Schnees zu trinken. Der könne ähnlich dem destillierten Wasser dem Körper Elektrolyte und Mineralien entziehen.
Zu den Personen

Normalerweise seine Joggingstrecke
Vom Moosstockgipfel aus war nichts von der schönen Landschaft zu sehen. „Allerdings gab es bis dahin jede Menge großartigen Ausblick“, schwärmt Steidle. Was sie und ihren Bruder überrascht hat: Kammerlander hatte im Gegensatz zu ihnen kein bisschen Proviant dabei. Es sei ja keine Expedition, da brauche er nichts zu essen und zu trinken, habe er gemeint. Steidle findet das nachvollziehbar. Denn zum Training jogge Kammerlander normalerweise die Moosstock-Wandertour. Was sie wundert, ist, dass der Extremsportler mehrere Rauchpausen einlegte. Wieder hinunter vom Berg ging es über eine neue Route. Auch hier gab es zunächst eine Sicherung per Seil zum Festhalten. „Anschließend sind wir noch ganz nett eingekehrt.“

36-Stunden-Wanderung auf Wunschliste
Von Mutschlechner, dem Bruder des langjährigen Kammerlander-Bergsteigerpartners Friedl, der bei einer Achttausendertour 1991 tödlich vom Blitz getroffen wurde, bekamen die Steidle-Geschwister noch eine Wanderempfehlung für den nächsten Tag zum Neveser-See im Mühlwalder Tal. Die Tour zu dem Stausee absolvierte das Salemer Geschwisterpaar dann auf eigene Faust. Die Wanderung ganz nah an einem Gletscher sei wunderschön gewesen. Sowohl ihr Bruder als auch sie selbst seien sehr zufrieden mit ihrem Erlebniswochenende im Taufener Ahrntal. Als nächstes Ziel der Steidles steht noch in diesem Sommer das Besteigen des Hochvogels (2592 Meter) in den Allgäuer Alpen an. Eine 5000er-Tour in Georgien steht auf ihrer Wunschliste. Ebenso eine 36-Stunden-Wanderung mit Kammerlander.